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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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eieren zusammengesetzte Grenzbestimmungs-Commission, welche in den Jahren
1829 bis 1831 in dieser Angelegenheit arbeitete und eine Karte in Bezug auf
dieselbe entwarf.) Diese Districte sind: Kraina mit Einschluß von Kliutsch,
Tscherna Reka mit Einbegriff von Gurgussowatz, Baltia und sortit, Alexinatz
mit Nadjan und Paratschin, Kruschewatz oder Aladje Hissar, ein Theil von
Stari Wia mit Einschluß des Theils, der unter dem Namen Brwenik bekannt
ist, und das aus (denKreisen von) Jadar und Radjewina bestehende
Land an der Drina."

Die Serben sagen, dadurch ist die Drina, soweit sie an jenen Kreisen
vorbeiströmt, unsere Grenze gegen Bosnien hin. Türkischer Seits könnte man
erwidern, daß der Hattischerif das nicht ausdrücklich enthält und namentlich
Kleinzwornik nicht nennt. Darauf aber würde man wieder entgegnen
können, daß derselbe sich auf die Karten der Grenzregulirungs-Commission
bezieht, und daß diese die böhmische Enclave gegenüber von Zwornik nicht
kennen, das betreffende Stück Land vielmehr zu Serbien rechnen.

Dazu kommt Folgendes. 1862, am 8. September, wurde zu Konstanti¬
nopel ein Protokoll unterzeichnet, welches das Verhältniß Serbiens zur Pforte
neu regelte, und in welchem die letztere, nachdem sie von den fünf Festungen
Schabatz, Semendria, Fels Islam, Sokol und Uschitza, die sie in Serbien außer
der Citadelle von Belgrad besaß, die beiden letzteren zu schleifen versprochen,
sich im achten Artikel "verpflichtete, sofort mit der serbischen Regierung Ma߬
regeln zu ergreifen, daß alle muselmännischen Bewohner, welche um diese fünf
Plätze angesessen sind, ihr Eigenthum verkaufen und sich sobald als mög¬
lich vom serbischen Boden zurückziehen können."

Die Serben sagen hier wieder, dadurch hat sich die Pforte verpflichtet,
alle Muslime, alle Nationaltürken, soweit sie nicht zu den Garnisonen der
Festungen zählen, welche die Türkei in Serbien vertragsmäßig besetzt hält,
zur Auswanderung aus Serbien zu veranlassen und erforderlichen Falls zu
nöthigen. Sie hat dieses Versprechen in Betreff der in und bei Belgrad und
den genannten fünf andern Plätzen früher wohnhaft gewesenen Türken erfüllt.
Sie muß es auch in Betreff Kleinzworniks und Sachars halten. Die Türken
können dagegen einwenden, daß diese Otte in dem Protokoll vom 8. Septbr.
1862 nicht erwähnt sind. Die Serben aber dürfen gegen diesen Einwand wieder
geltend machen, ^daß die Regierung des Fürsten Michael 1862 das Verlangen
an den Sultan richtete, wie Sokol und Uschitza so auch Maki Zwornik und
Sandar zu räumen, und daß auf diese Forderung 1866, wo die Serben sie
wiederholten, von Seiten des Großveziers die Räumung unter der Bedingung
versprochen wurde, daß Serbien dort keine Festungswerke errichte.

Freilich ist diese Zusage nur mündlich erfolgt, und es stünde um diesen


eieren zusammengesetzte Grenzbestimmungs-Commission, welche in den Jahren
1829 bis 1831 in dieser Angelegenheit arbeitete und eine Karte in Bezug auf
dieselbe entwarf.) Diese Districte sind: Kraina mit Einschluß von Kliutsch,
Tscherna Reka mit Einbegriff von Gurgussowatz, Baltia und sortit, Alexinatz
mit Nadjan und Paratschin, Kruschewatz oder Aladje Hissar, ein Theil von
Stari Wia mit Einschluß des Theils, der unter dem Namen Brwenik bekannt
ist, und das aus (denKreisen von) Jadar und Radjewina bestehende
Land an der Drina."

Die Serben sagen, dadurch ist die Drina, soweit sie an jenen Kreisen
vorbeiströmt, unsere Grenze gegen Bosnien hin. Türkischer Seits könnte man
erwidern, daß der Hattischerif das nicht ausdrücklich enthält und namentlich
Kleinzwornik nicht nennt. Darauf aber würde man wieder entgegnen
können, daß derselbe sich auf die Karten der Grenzregulirungs-Commission
bezieht, und daß diese die böhmische Enclave gegenüber von Zwornik nicht
kennen, das betreffende Stück Land vielmehr zu Serbien rechnen.

Dazu kommt Folgendes. 1862, am 8. September, wurde zu Konstanti¬
nopel ein Protokoll unterzeichnet, welches das Verhältniß Serbiens zur Pforte
neu regelte, und in welchem die letztere, nachdem sie von den fünf Festungen
Schabatz, Semendria, Fels Islam, Sokol und Uschitza, die sie in Serbien außer
der Citadelle von Belgrad besaß, die beiden letzteren zu schleifen versprochen,
sich im achten Artikel „verpflichtete, sofort mit der serbischen Regierung Ma߬
regeln zu ergreifen, daß alle muselmännischen Bewohner, welche um diese fünf
Plätze angesessen sind, ihr Eigenthum verkaufen und sich sobald als mög¬
lich vom serbischen Boden zurückziehen können."

Die Serben sagen hier wieder, dadurch hat sich die Pforte verpflichtet,
alle Muslime, alle Nationaltürken, soweit sie nicht zu den Garnisonen der
Festungen zählen, welche die Türkei in Serbien vertragsmäßig besetzt hält,
zur Auswanderung aus Serbien zu veranlassen und erforderlichen Falls zu
nöthigen. Sie hat dieses Versprechen in Betreff der in und bei Belgrad und
den genannten fünf andern Plätzen früher wohnhaft gewesenen Türken erfüllt.
Sie muß es auch in Betreff Kleinzworniks und Sachars halten. Die Türken
können dagegen einwenden, daß diese Otte in dem Protokoll vom 8. Septbr.
1862 nicht erwähnt sind. Die Serben aber dürfen gegen diesen Einwand wieder
geltend machen, ^daß die Regierung des Fürsten Michael 1862 das Verlangen
an den Sultan richtete, wie Sokol und Uschitza so auch Maki Zwornik und
Sandar zu räumen, und daß auf diese Forderung 1866, wo die Serben sie
wiederholten, von Seiten des Großveziers die Räumung unter der Bedingung
versprochen wurde, daß Serbien dort keine Festungswerke errichte.

Freilich ist diese Zusage nur mündlich erfolgt, und es stünde um diesen


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[0282] eieren zusammengesetzte Grenzbestimmungs-Commission, welche in den Jahren 1829 bis 1831 in dieser Angelegenheit arbeitete und eine Karte in Bezug auf dieselbe entwarf.) Diese Districte sind: Kraina mit Einschluß von Kliutsch, Tscherna Reka mit Einbegriff von Gurgussowatz, Baltia und sortit, Alexinatz mit Nadjan und Paratschin, Kruschewatz oder Aladje Hissar, ein Theil von Stari Wia mit Einschluß des Theils, der unter dem Namen Brwenik bekannt ist, und das aus (denKreisen von) Jadar und Radjewina bestehende Land an der Drina." Die Serben sagen, dadurch ist die Drina, soweit sie an jenen Kreisen vorbeiströmt, unsere Grenze gegen Bosnien hin. Türkischer Seits könnte man erwidern, daß der Hattischerif das nicht ausdrücklich enthält und namentlich Kleinzwornik nicht nennt. Darauf aber würde man wieder entgegnen können, daß derselbe sich auf die Karten der Grenzregulirungs-Commission bezieht, und daß diese die böhmische Enclave gegenüber von Zwornik nicht kennen, das betreffende Stück Land vielmehr zu Serbien rechnen. Dazu kommt Folgendes. 1862, am 8. September, wurde zu Konstanti¬ nopel ein Protokoll unterzeichnet, welches das Verhältniß Serbiens zur Pforte neu regelte, und in welchem die letztere, nachdem sie von den fünf Festungen Schabatz, Semendria, Fels Islam, Sokol und Uschitza, die sie in Serbien außer der Citadelle von Belgrad besaß, die beiden letzteren zu schleifen versprochen, sich im achten Artikel „verpflichtete, sofort mit der serbischen Regierung Ma߬ regeln zu ergreifen, daß alle muselmännischen Bewohner, welche um diese fünf Plätze angesessen sind, ihr Eigenthum verkaufen und sich sobald als mög¬ lich vom serbischen Boden zurückziehen können." Die Serben sagen hier wieder, dadurch hat sich die Pforte verpflichtet, alle Muslime, alle Nationaltürken, soweit sie nicht zu den Garnisonen der Festungen zählen, welche die Türkei in Serbien vertragsmäßig besetzt hält, zur Auswanderung aus Serbien zu veranlassen und erforderlichen Falls zu nöthigen. Sie hat dieses Versprechen in Betreff der in und bei Belgrad und den genannten fünf andern Plätzen früher wohnhaft gewesenen Türken erfüllt. Sie muß es auch in Betreff Kleinzworniks und Sachars halten. Die Türken können dagegen einwenden, daß diese Otte in dem Protokoll vom 8. Septbr. 1862 nicht erwähnt sind. Die Serben aber dürfen gegen diesen Einwand wieder geltend machen, ^daß die Regierung des Fürsten Michael 1862 das Verlangen an den Sultan richtete, wie Sokol und Uschitza so auch Maki Zwornik und Sandar zu räumen, und daß auf diese Forderung 1866, wo die Serben sie wiederholten, von Seiten des Großveziers die Räumung unter der Bedingung versprochen wurde, daß Serbien dort keine Festungswerke errichte. Freilich ist diese Zusage nur mündlich erfolgt, und es stünde um diesen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/282>, abgerufen am 22.07.2024.