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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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reite in Paris betroffen, hatte dieselbe im Jahre 1869 auch in Frankreich er¬
hebliche Fortschritte gemacht, und ihre Führer waren zu der Ueberzeugung ge¬
langt, daß der Bund in einigen Jahren stark genug sein würde, um ohne
anderen Beistand alles niederzuwerfen, was sich seinem Triumphe entgegen¬
stellte. Diese Vorstellungen kehrten während des letzten Jahres der Herrschaft
des Kaiserthums unter allen Gestalten in den Vorträgen der Redner und in
den Schriften der Publicisten des Bundes wieder. "Die Internationale", so
ließ sich ein Redner aus dem Congreß von Basel vernehmen, "ist ein Staat
in den Staaten und muß einer sein. Lassen wir diese nur in ihrer Weise
gehen, bis unser Staat der stärkste geworden ist. Dann werden wir auf den
Trümmern von jenen den unsern errichten, ganz vorbereitet, ganz fertig, wie
er in jeder Section vorhanden ist. Hebe dich weg von hier, damit ich mich
hinsetze, wird es dann heißen."

Und die Nummer der "Internationale" vom 2. Mai 1869 äußerte: "Die
Revolution will vorbereitet sein. Nun aber, wenn diese Vorbereitung, welche
in der Ausarbeitung eines gemeinsamen Programmes der socialen Neuge¬
staltung und in der Gruppirung des Proletariats aller Länder besteht, vollen¬
det ist, wird es keines Aufstandes bedürfen, um die Revolution sich vollziehen
zu lassen. Sie wird ganz leicht vor sich gehen durch das einmüthige Zusam¬
menwirken aller Proletarier, das heißt von neun Zehnteln der Bevölkerung.
Und wenn dann ein paar hochfahrende Geldbarone und ihre Trabanten aus
der Bürgerclasse sich der socialen Umbildung widersetzen wollten, so würde
das Proletariat das Gebell dieser Möpse leicht in seiner gewaltigen Um¬
schlingung) in seiner unermeßlichen Umarmung ersticken."

Bisweilen freilich sagte man sich auch, daß die Dinge doch vielleicht nicht
so bequem gehen würden, wie man sich schmeichelte, und daß die alte Gesell¬
schaft möglicherweise den schlechten Geschmack haben dürfte, sich nicht gutwillig
verschlingen zu lassen. Aber Furcht hatte man vor solchem Widerstande nicht,
und man rieth den Bourgeois mitleidig, ihn lieber nicht zu versuchen. Ein
Beispiel davon haben wir in der "Internationale" vor uns, wo die "Bürgerin"
Virginie Barbet Folgendes erklärt: "Was den Bürgerkrieg betrifft, so wollen
wir ihn weder, noch fordern wir dazu heraus. Wir zögern indeß auch nicht,
mit unserer gewohnten Offenherzigkeit zu erklären, daß wir zu seiner Vermei¬
dung uns nicht mehr auf jene feigen Nachgiebigkeiten einlassen wollen, welche
die Verhältnisse nur verwirren, statt sie zu klären. Wenn es uns beschieden
ist, die Schrecken des Bürgerkrieges zu sehen, so werden es nicht die arbeiten¬
den Classen sein, die ihn gewollt haben, sondern die besitzenden Classen.
Mögen diese letzteren sich auf die erste Aufforderung derer ergeben, welche sie
so ungebührlich ausgebeutet haben, mögen sie sich als vernünftige Leute be¬
reit finden lassen, ihnen zurückzuerstatten, was sie mit Recht verlangen, dann


reite in Paris betroffen, hatte dieselbe im Jahre 1869 auch in Frankreich er¬
hebliche Fortschritte gemacht, und ihre Führer waren zu der Ueberzeugung ge¬
langt, daß der Bund in einigen Jahren stark genug sein würde, um ohne
anderen Beistand alles niederzuwerfen, was sich seinem Triumphe entgegen¬
stellte. Diese Vorstellungen kehrten während des letzten Jahres der Herrschaft
des Kaiserthums unter allen Gestalten in den Vorträgen der Redner und in
den Schriften der Publicisten des Bundes wieder. „Die Internationale", so
ließ sich ein Redner aus dem Congreß von Basel vernehmen, „ist ein Staat
in den Staaten und muß einer sein. Lassen wir diese nur in ihrer Weise
gehen, bis unser Staat der stärkste geworden ist. Dann werden wir auf den
Trümmern von jenen den unsern errichten, ganz vorbereitet, ganz fertig, wie
er in jeder Section vorhanden ist. Hebe dich weg von hier, damit ich mich
hinsetze, wird es dann heißen."

Und die Nummer der „Internationale" vom 2. Mai 1869 äußerte: „Die
Revolution will vorbereitet sein. Nun aber, wenn diese Vorbereitung, welche
in der Ausarbeitung eines gemeinsamen Programmes der socialen Neuge¬
staltung und in der Gruppirung des Proletariats aller Länder besteht, vollen¬
det ist, wird es keines Aufstandes bedürfen, um die Revolution sich vollziehen
zu lassen. Sie wird ganz leicht vor sich gehen durch das einmüthige Zusam¬
menwirken aller Proletarier, das heißt von neun Zehnteln der Bevölkerung.
Und wenn dann ein paar hochfahrende Geldbarone und ihre Trabanten aus
der Bürgerclasse sich der socialen Umbildung widersetzen wollten, so würde
das Proletariat das Gebell dieser Möpse leicht in seiner gewaltigen Um¬
schlingung) in seiner unermeßlichen Umarmung ersticken."

Bisweilen freilich sagte man sich auch, daß die Dinge doch vielleicht nicht
so bequem gehen würden, wie man sich schmeichelte, und daß die alte Gesell¬
schaft möglicherweise den schlechten Geschmack haben dürfte, sich nicht gutwillig
verschlingen zu lassen. Aber Furcht hatte man vor solchem Widerstande nicht,
und man rieth den Bourgeois mitleidig, ihn lieber nicht zu versuchen. Ein
Beispiel davon haben wir in der „Internationale" vor uns, wo die „Bürgerin"
Virginie Barbet Folgendes erklärt: „Was den Bürgerkrieg betrifft, so wollen
wir ihn weder, noch fordern wir dazu heraus. Wir zögern indeß auch nicht,
mit unserer gewohnten Offenherzigkeit zu erklären, daß wir zu seiner Vermei¬
dung uns nicht mehr auf jene feigen Nachgiebigkeiten einlassen wollen, welche
die Verhältnisse nur verwirren, statt sie zu klären. Wenn es uns beschieden
ist, die Schrecken des Bürgerkrieges zu sehen, so werden es nicht die arbeiten¬
den Classen sein, die ihn gewollt haben, sondern die besitzenden Classen.
Mögen diese letzteren sich auf die erste Aufforderung derer ergeben, welche sie
so ungebührlich ausgebeutet haben, mögen sie sich als vernünftige Leute be¬
reit finden lassen, ihnen zurückzuerstatten, was sie mit Recht verlangen, dann


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/184>, abgerufen am 22.07.2024.