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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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Münze, Perrachon und Murat. Die Sache wurde am K. und 20. März
verhandelt, und Staatsanwalt sowohl wie Richter gingen dabei mit einer
Milde zu Werke, welche man unter dem Kaiserthum Schriftstellern, die dem¬
selben eine gemäßigte Republik oder eine constitutionelle Monarchie vorgezogen
hatten, niemals zu erweisen Pflegte. Tolain vertheidigte sich und die Andern.
Das Ende war, daß "der in Paris unter dem Namen des Bureaus von
Paris errichtete internationale Arbeiterbund" für aufgelöst erklärt und jeder der
Angeschuldigten mit einer Geldbuße von 100 Francs belegt wurde. Dieselben
appellirten, aber die höhere Instanz bestätigte das Urtheil. Der Bund hatte
dieses Urtheil erwartet und im Voraus als nichtig behandelt. Am 8. März
wurde eine zweite Commission ernannt, in welche, wie Fribourg sagt, man
"genöthigt war, eine ziemlich starke Anzahl liberaler Communisten eintreten zu
lassen", und welche "die politische Tendenz der Pariser Arbeiter betonen zu
müssen glaubte."

Wer Fribourg's "liberale Communisten" waren, wissen wir nicht, gewiß
ist nur, daß auch sie bald Gegenstand gerichtlicher Verfolgung wurden, indem
die zweite Commission schon am 22. Mai veranlaßt wurde, dem Richter, der
die erste verurtheilt hatte, Rede zu stehen. Diesmal übernahm Varlin die
Vertheidigung der Angeschuldigten vor dem Zuchtpolizeigericht, und wenn To¬
lain mit Ruhe und Mäßigung gesprochen, so trat jener mit großer Heftigkeit
auf und bekannte sich offen als Republikaner und Communist. Man unter¬
lag eben einfach dem verhängnißvollen Gesetze, welches unwiderstehlich die De¬
magogie fortreißt: Der Einfluß war den Gemäßigten entschlüpft und auf die
Thörichtsten und Gewaltthätigsten übergegangen. Demgemäß siel auch das
Urtheil strenger aus, indem jeder der neun Angeklagten zu drei Monaten
Gefängniß verurtheilt wurde.

Der Generalrats wünschte sich in dem Bericht, den er einige Monate
später dem Brüsseler Congreß abstattete, Glück zu der Wirkung dieser beiden
Prozesse. "Die Hudeleien seitens der Regierung", sagt er, "weit entfernt, die
Internationale zu tödten, haben ihr vielmehr einen neuen Schwung gegeben,
indem sie den ungesunden Coquetterien des Kaiserthums mit der arbeitenden
Classe ein Ende machten." Indeß ist erlaubt, zu zweifeln, ob diese Befrie¬
digung eine aufrichtige war, da feststeht, daß schon die erste Verurteilung eine
erhebliche Anzahl von Arbeitern abgeschreckt hatte, die Versammlungen der
Pariser Section serner zu besuchen.

Die Führer thaten auch nach der zweiten Verurtheilung, als ob dieselbe
nicht ergangen wäre, oder beachteten sie doch nur insofern, als sie sich be¬
mühten, ihrem Verein ein anderes Mäntelchen umzuhängen. Es gab damals
in Paris eine große Anzahl von Arbeitergesellschasten, welche erlaubt oder
doch geduldet waren. Man beschloß, dieselben vermittelst einer "Föderal-


Münze, Perrachon und Murat. Die Sache wurde am K. und 20. März
verhandelt, und Staatsanwalt sowohl wie Richter gingen dabei mit einer
Milde zu Werke, welche man unter dem Kaiserthum Schriftstellern, die dem¬
selben eine gemäßigte Republik oder eine constitutionelle Monarchie vorgezogen
hatten, niemals zu erweisen Pflegte. Tolain vertheidigte sich und die Andern.
Das Ende war, daß „der in Paris unter dem Namen des Bureaus von
Paris errichtete internationale Arbeiterbund" für aufgelöst erklärt und jeder der
Angeschuldigten mit einer Geldbuße von 100 Francs belegt wurde. Dieselben
appellirten, aber die höhere Instanz bestätigte das Urtheil. Der Bund hatte
dieses Urtheil erwartet und im Voraus als nichtig behandelt. Am 8. März
wurde eine zweite Commission ernannt, in welche, wie Fribourg sagt, man
„genöthigt war, eine ziemlich starke Anzahl liberaler Communisten eintreten zu
lassen", und welche „die politische Tendenz der Pariser Arbeiter betonen zu
müssen glaubte."

Wer Fribourg's „liberale Communisten" waren, wissen wir nicht, gewiß
ist nur, daß auch sie bald Gegenstand gerichtlicher Verfolgung wurden, indem
die zweite Commission schon am 22. Mai veranlaßt wurde, dem Richter, der
die erste verurtheilt hatte, Rede zu stehen. Diesmal übernahm Varlin die
Vertheidigung der Angeschuldigten vor dem Zuchtpolizeigericht, und wenn To¬
lain mit Ruhe und Mäßigung gesprochen, so trat jener mit großer Heftigkeit
auf und bekannte sich offen als Republikaner und Communist. Man unter¬
lag eben einfach dem verhängnißvollen Gesetze, welches unwiderstehlich die De¬
magogie fortreißt: Der Einfluß war den Gemäßigten entschlüpft und auf die
Thörichtsten und Gewaltthätigsten übergegangen. Demgemäß siel auch das
Urtheil strenger aus, indem jeder der neun Angeklagten zu drei Monaten
Gefängniß verurtheilt wurde.

Der Generalrats wünschte sich in dem Bericht, den er einige Monate
später dem Brüsseler Congreß abstattete, Glück zu der Wirkung dieser beiden
Prozesse. „Die Hudeleien seitens der Regierung", sagt er, „weit entfernt, die
Internationale zu tödten, haben ihr vielmehr einen neuen Schwung gegeben,
indem sie den ungesunden Coquetterien des Kaiserthums mit der arbeitenden
Classe ein Ende machten." Indeß ist erlaubt, zu zweifeln, ob diese Befrie¬
digung eine aufrichtige war, da feststeht, daß schon die erste Verurteilung eine
erhebliche Anzahl von Arbeitern abgeschreckt hatte, die Versammlungen der
Pariser Section serner zu besuchen.

Die Führer thaten auch nach der zweiten Verurtheilung, als ob dieselbe
nicht ergangen wäre, oder beachteten sie doch nur insofern, als sie sich be¬
mühten, ihrem Verein ein anderes Mäntelchen umzuhängen. Es gab damals
in Paris eine große Anzahl von Arbeitergesellschasten, welche erlaubt oder
doch geduldet waren. Man beschloß, dieselben vermittelst einer „Föderal-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/182>, abgerufen am 22.12.2024.