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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Was ist aber überhaupt eine höhere Schule*)? Von der Elemen¬
tarschule, Volks- oder Bürgerschule, unterscheidet sich die höhere Schule
durch einen über das nächste Bedürfniß hinausgehenden Unterricht, von den
Fachschulen durch die Ziele allgemeiner geistiger Bildung, von der Uni¬
versität durch den vorbereitenden Charakter ihres Unterrichts.

Die höheren Schulen haben außer der ihnen mit der allgemeinen
Volksschule gemeinsamen Bestimmung, bei der religiösen, sittlichen und na¬
tionalen Erziehung der Jugend Hülfe zu leisten, den besonderen Zweck, die
Grundlagen der wissenschaftlichen Bildung zu gewähren, welche zur Theil¬
nahme an den höheren Aufgaben des Lebens im Staat, in der Kirche und
in der bürgerlichen Gesellschaft befähigt.

Die höheren Schulen sondern sich nach der historischen Entwickelung
des höheren Schulwesens in Preußen gegenwärtig in zwei Richtungen, eine
gymnasiale und eine reale.



Die Gymnasien sind vorzugsweise und nach ihrer ursprünglichen Be¬
stimmung die eigentlichen Vorbereitungsanstalten für die Universitätsstudien.
Vermöge der universellen Bedeutung ihrer Mittel zu diesem Zweck sind sie
zugleich am meisten geeignet, die Grundlage höherer Geistesbildung überhaupt
zu gewähren.

Die Realschulen haben, im Gegensatz zu den Nützlichkeitsschulen frühe¬
rer Zeit, überwiegend die Bestimmung, die für praktische Berufsarten, sowie
für den Eintritt in höhere technische Fachschulen erforderliche allgemeine
wissenschaftliche Vorbereitung zu geben.

1) Die vollständigen Gymnasien haben 6 aufsteigende Klassen,
Sexta bis Prima, von denen die drei oberen Klassen in eine untere und
obere Klassenstufe getheilt sind.

2) Progymnasien, welche als solche anerkannt und mit Berechti¬
gungen versehen sind, haben die 5 Gymnasialklassen von VI bis II. Det
Lehrplan der Progymnasien richtet sich in allen Beziehungen nach dem der
Gymnasien.

3) Die vollständigen Realschulen, oder Realschulen I.Ordnung,
bestehen wie die Gymnasien aus l> aufsteigenden Klassen. In III dehnt sich
der Cursus, um das Pensum der Klasse mit Gründlichkeit zu absolviren, in



") Vergl. Wiese, Verordnungen nud Gesetze. 1. Abth,, S. 3.

Was ist aber überhaupt eine höhere Schule*)? Von der Elemen¬
tarschule, Volks- oder Bürgerschule, unterscheidet sich die höhere Schule
durch einen über das nächste Bedürfniß hinausgehenden Unterricht, von den
Fachschulen durch die Ziele allgemeiner geistiger Bildung, von der Uni¬
versität durch den vorbereitenden Charakter ihres Unterrichts.

Die höheren Schulen haben außer der ihnen mit der allgemeinen
Volksschule gemeinsamen Bestimmung, bei der religiösen, sittlichen und na¬
tionalen Erziehung der Jugend Hülfe zu leisten, den besonderen Zweck, die
Grundlagen der wissenschaftlichen Bildung zu gewähren, welche zur Theil¬
nahme an den höheren Aufgaben des Lebens im Staat, in der Kirche und
in der bürgerlichen Gesellschaft befähigt.

Die höheren Schulen sondern sich nach der historischen Entwickelung
des höheren Schulwesens in Preußen gegenwärtig in zwei Richtungen, eine
gymnasiale und eine reale.



Die Gymnasien sind vorzugsweise und nach ihrer ursprünglichen Be¬
stimmung die eigentlichen Vorbereitungsanstalten für die Universitätsstudien.
Vermöge der universellen Bedeutung ihrer Mittel zu diesem Zweck sind sie
zugleich am meisten geeignet, die Grundlage höherer Geistesbildung überhaupt
zu gewähren.

Die Realschulen haben, im Gegensatz zu den Nützlichkeitsschulen frühe¬
rer Zeit, überwiegend die Bestimmung, die für praktische Berufsarten, sowie
für den Eintritt in höhere technische Fachschulen erforderliche allgemeine
wissenschaftliche Vorbereitung zu geben.

1) Die vollständigen Gymnasien haben 6 aufsteigende Klassen,
Sexta bis Prima, von denen die drei oberen Klassen in eine untere und
obere Klassenstufe getheilt sind.

2) Progymnasien, welche als solche anerkannt und mit Berechti¬
gungen versehen sind, haben die 5 Gymnasialklassen von VI bis II. Det
Lehrplan der Progymnasien richtet sich in allen Beziehungen nach dem der
Gymnasien.

3) Die vollständigen Realschulen, oder Realschulen I.Ordnung,
bestehen wie die Gymnasien aus l> aufsteigenden Klassen. In III dehnt sich
der Cursus, um das Pensum der Klasse mit Gründlichkeit zu absolviren, in



") Vergl. Wiese, Verordnungen nud Gesetze. 1. Abth,, S. 3.
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[0099] Was ist aber überhaupt eine höhere Schule*)? Von der Elemen¬ tarschule, Volks- oder Bürgerschule, unterscheidet sich die höhere Schule durch einen über das nächste Bedürfniß hinausgehenden Unterricht, von den Fachschulen durch die Ziele allgemeiner geistiger Bildung, von der Uni¬ versität durch den vorbereitenden Charakter ihres Unterrichts. Die höheren Schulen haben außer der ihnen mit der allgemeinen Volksschule gemeinsamen Bestimmung, bei der religiösen, sittlichen und na¬ tionalen Erziehung der Jugend Hülfe zu leisten, den besonderen Zweck, die Grundlagen der wissenschaftlichen Bildung zu gewähren, welche zur Theil¬ nahme an den höheren Aufgaben des Lebens im Staat, in der Kirche und in der bürgerlichen Gesellschaft befähigt. Die höheren Schulen sondern sich nach der historischen Entwickelung des höheren Schulwesens in Preußen gegenwärtig in zwei Richtungen, eine gymnasiale und eine reale. Die Gymnasien sind vorzugsweise und nach ihrer ursprünglichen Be¬ stimmung die eigentlichen Vorbereitungsanstalten für die Universitätsstudien. Vermöge der universellen Bedeutung ihrer Mittel zu diesem Zweck sind sie zugleich am meisten geeignet, die Grundlage höherer Geistesbildung überhaupt zu gewähren. Die Realschulen haben, im Gegensatz zu den Nützlichkeitsschulen frühe¬ rer Zeit, überwiegend die Bestimmung, die für praktische Berufsarten, sowie für den Eintritt in höhere technische Fachschulen erforderliche allgemeine wissenschaftliche Vorbereitung zu geben. 1) Die vollständigen Gymnasien haben 6 aufsteigende Klassen, Sexta bis Prima, von denen die drei oberen Klassen in eine untere und obere Klassenstufe getheilt sind. 2) Progymnasien, welche als solche anerkannt und mit Berechti¬ gungen versehen sind, haben die 5 Gymnasialklassen von VI bis II. Det Lehrplan der Progymnasien richtet sich in allen Beziehungen nach dem der Gymnasien. 3) Die vollständigen Realschulen, oder Realschulen I.Ordnung, bestehen wie die Gymnasien aus l> aufsteigenden Klassen. In III dehnt sich der Cursus, um das Pensum der Klasse mit Gründlichkeit zu absolviren, in ") Vergl. Wiese, Verordnungen nud Gesetze. 1. Abth,, S. 3.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/99>, abgerufen am 05.02.2025.