Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.ben. Hierdurch wird vor allem erreicht, daß vor dem sämmtlichen Ge- Ein preußischer Professor. ben. Hierdurch wird vor allem erreicht, daß vor dem sämmtlichen Ge- Ein preußischer Professor. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0056" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192356"/> <p xml:id="ID_194" prev="#ID_193"> ben. Hierdurch wird vor allem erreicht, daß vor dem sämmtlichen Ge-<lb/> lehrtenpublicum Deutschlands feder Theil die moralische Verantwortlichkeit<lb/> für seine Thaten auf sich zu nehmen gezwungen ist. Jede Famltät und<lb/> jeder Minister und jeder Rathgeber, dessen Wort den Minister leitet, alle Be¬<lb/> theiligten werden behutsamer sein, wenn sie wissen, die ganze wissenschaftliche<lb/> Welt wird über ihre Thaten zu Gericht sitzen, Der gefährlichste Feind un¬<lb/> serer Universitäten, der Personalismus, pflegt das Licht öffentlicher Kritik zu<lb/> scheuen. Lassen wir in unser akademisches Leben dies Licht voll hineinströmen,<lb/> und wir haben ihn gebannt, oder doch in die engsten Schranken zurückgewie¬<lb/> sen! Und wie in unserem Staatsleben nicht sowohl formelle Schranken und<lb/> Gesetze über juristische Verantwortlichkeit die Garantie einer guten Verwal¬<lb/> tung bilden, sondern vielmehr die öffentliche Meinung, die parlamentarische<lb/> Kritik, so auch hoffen wir von der stetig geübten Controle der wissenschaft¬<lb/> lichen, ja der gebildeten Kreise überhaupt, einen wohlthätigen und wirksamen<lb/> Einfluß auf die Zukunft unserer Hochschulen. Möchte man etwaige büreau¬<lb/> kratische Bedenken an entscheidender Stelle schnell und kräftig überwinden<lb/> und sofort mit diesen Mittheilungen den Anfang machen. Das sind die bei¬<lb/> den Reformwünsche, die wir heute hier aussprechen wollten, — die rationel¬<lb/> lere Vertheilung der Wissenszweige unter die Facultäten, die öffentliche Con¬<lb/> trole über die akademischen Ernennungen. Was zunächst in diesem Augen¬<lb/> blicke Straßburg angeht, so liegt es auf der Hand, daß hier Facultäten gar<lb/> nicht zu fragen sind, — hier kann also nur von Ernennungen die Rede sein.<lb/> Wir sind von den besten Absichten des Neichskanzleramtes und des intendir-<lb/> ten Curatoriums vollständig überzeugt. Hoffen wir, daß nachdrücklicher und<lb/> durchschlagender Erfolg diese ersten Ernennungen kröne. Für die Hauptfächer<lb/> erste Größen, Namen erprobter Tüchtigkeit und anerkannten Ranges, und<lb/> wo es nicht möglich ist, diese zur Uebersiedelung nach Straßburg zu bewegen,<lb/> wenigstens solche akademischen Lehrer, bei denen Grund zur Vermuthung ge¬<lb/> geben ist, daß sie dereinst erste Größen ihres Faches werden könnten! Die<lb/> Zeitungen berichteten kürzlich, viele Bewerbungen seien schon erfolgt von<lb/> namhaften Gelehrten. Wir wissen nicht ob dem so ist. Das aber glauben<lb/> wir erwarten zu dürfen, daß der westliche Vorposten unserer deutschen Wis¬<lb/> senschaft nur den allertüchtigsten Streitern anvertraut werden soll! —</p><lb/> <note type="byline"> Ein preußischer Professor.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
ben. Hierdurch wird vor allem erreicht, daß vor dem sämmtlichen Ge-
lehrtenpublicum Deutschlands feder Theil die moralische Verantwortlichkeit
für seine Thaten auf sich zu nehmen gezwungen ist. Jede Famltät und
jeder Minister und jeder Rathgeber, dessen Wort den Minister leitet, alle Be¬
theiligten werden behutsamer sein, wenn sie wissen, die ganze wissenschaftliche
Welt wird über ihre Thaten zu Gericht sitzen, Der gefährlichste Feind un¬
serer Universitäten, der Personalismus, pflegt das Licht öffentlicher Kritik zu
scheuen. Lassen wir in unser akademisches Leben dies Licht voll hineinströmen,
und wir haben ihn gebannt, oder doch in die engsten Schranken zurückgewie¬
sen! Und wie in unserem Staatsleben nicht sowohl formelle Schranken und
Gesetze über juristische Verantwortlichkeit die Garantie einer guten Verwal¬
tung bilden, sondern vielmehr die öffentliche Meinung, die parlamentarische
Kritik, so auch hoffen wir von der stetig geübten Controle der wissenschaft¬
lichen, ja der gebildeten Kreise überhaupt, einen wohlthätigen und wirksamen
Einfluß auf die Zukunft unserer Hochschulen. Möchte man etwaige büreau¬
kratische Bedenken an entscheidender Stelle schnell und kräftig überwinden
und sofort mit diesen Mittheilungen den Anfang machen. Das sind die bei¬
den Reformwünsche, die wir heute hier aussprechen wollten, — die rationel¬
lere Vertheilung der Wissenszweige unter die Facultäten, die öffentliche Con¬
trole über die akademischen Ernennungen. Was zunächst in diesem Augen¬
blicke Straßburg angeht, so liegt es auf der Hand, daß hier Facultäten gar
nicht zu fragen sind, — hier kann also nur von Ernennungen die Rede sein.
Wir sind von den besten Absichten des Neichskanzleramtes und des intendir-
ten Curatoriums vollständig überzeugt. Hoffen wir, daß nachdrücklicher und
durchschlagender Erfolg diese ersten Ernennungen kröne. Für die Hauptfächer
erste Größen, Namen erprobter Tüchtigkeit und anerkannten Ranges, und
wo es nicht möglich ist, diese zur Uebersiedelung nach Straßburg zu bewegen,
wenigstens solche akademischen Lehrer, bei denen Grund zur Vermuthung ge¬
geben ist, daß sie dereinst erste Größen ihres Faches werden könnten! Die
Zeitungen berichteten kürzlich, viele Bewerbungen seien schon erfolgt von
namhaften Gelehrten. Wir wissen nicht ob dem so ist. Das aber glauben
wir erwarten zu dürfen, daß der westliche Vorposten unserer deutschen Wis¬
senschaft nur den allertüchtigsten Streitern anvertraut werden soll! —
Ein preußischer Professor.
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