Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Thalern veranschlagt war und daß nach dem Vortrag des Finanzministers Thalern veranschlagt war und daß nach dem Vortrag des Finanzministers <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192781"/> <p xml:id="ID_1745" prev="#ID_1744" next="#ID_1746"> Thalern veranschlagt war und daß nach dem Vortrag des Finanzministers<lb/> bei der Einbringung des Budgets der schwere Krieg dieses Jahres nur einen<lb/> Ausfall herbeigeführt hat. der noch nicht einmal 200,000 Thlr. beträgt, so<lb/> sollte man billig erwarten, daß eine so wesentliche Steuerquelle nicht leicht<lb/> in Frage gestellt würde. Die Classensteuer ist mit der Grundsteuer, von deren<lb/> Ertrag sie in dem erwähnten Jahre nur um einige 20,000 Thlr. übertroffen<lb/> wurde die ergiebigste aller preußischen Steuern, der directen wie der indirecten,<lb/> eine Steuer, welche ungefähr 8°/<> der gesammten Staatseinnahme einbrachte.<lb/> Die Classensteuer hat außerdem den Vorzug, daß sie die gesammte nicht zur<lb/> Einkommensteuer eingeschätzte Bevölkerung durch eine directe Geldleistung an<lb/> den Staat bindet. Eine oberflächliche Betrachtung mag darüber spotten —<lb/> die directe Besteuerung, wenn sie zweckmäßig eingerichtet ist, wird zu einem<lb/> politischen Erziehungsmittel ersten Ranges. Daß nun dennoch jetzt von den<lb/> 4 Stufen der ersten (untersten) Hauptclasse der elassensteuerpflichtigen Bevöl¬<lb/> kerung die unterste Stufe in Wegfall kommt, kann nur als eine wohlthätige<lb/> Maßregel begrüßt werden. Der Satz dieser Stufe beträgt jährlich 15 Sgr.,<lb/> die in monatlichen Raten von 13 Pfennigen zu entrichten sind. Von der<lb/> Gesammtzahl der classensteuerpflichtigen Bevölkerung, die über 7^ Millionen<lb/> Köpfe zählt, betragen die Steuerzahler dieser untersten Stufe über 5 Millio¬<lb/> nen. Es ist derjenige Theil der Bevölkerung, welcher, überwiegend in Privat¬<lb/> dienstverhältnissen beschäftigt, die Eigenschaft der Selbständigkeit im politischen<lb/> Sinne nicht beansprucht. Der Einnahmeausfall, welchen der Wegfall dieser<lb/> untersten Stufe herbeiführt, ward vom Finanzminister auf 2^2 Millionen<lb/> Thaler geschätzt. Schätzen wir ihn sogar auf 3 Millionen rund, so bringt<lb/> die Classensteuer dem Staat immer noch 10 Millionen Thaler von dem selbst¬<lb/> ständigen Theil der Bevölkerung, dessen Einkommen weniger als 1000 Thlr.<lb/> beträgt. Alles verheißt außerdem der Classensteuer in den beibehaltenen<lb/> Stufen einen steigenden Ertrag. Wir können also durchaus nicht dem Abg.<lb/> Laster beistimmen, wenn er die Classensteuer mit der classisicirten Einkommen¬<lb/> steuer verschmelzen will. Die Einkommensteuer bringt vorläufig nur etwa<lb/> über 5 Millionen Thaler, die Hälfte der um die unterste Stufe verminderten<lb/> Classensteuer. Bei dem Wegfall dieser Stufe betragen die Classensteuerpflich¬<lb/> tigen immer noch über 2 Millionen Köpfe, während die Gesammtzahl der<lb/> zur Einkommensteuer eingeschätzten Personen für das Jahr 1870 noch nicht<lb/> 400,000 betrug. Wir vermögen in der Verschmelzung dieser verschiedenen<lb/> Elemente der steuerpflichtigen Bevölkerung in keiner Weise ein Heil zu er¬<lb/> blicken. Wollte man aber diese Verschmelzung um jeden Preis haben, so<lb/> wäre als einheitlicher Steuermodus derjenige der Classensteuer vorzuziehen.<lb/> Denn die Einschätzung des individuellen Einkommens hat bei den geringeren<lb/> und zahlreichsten Classen des Einkommens die allergrößten Mißstände. Laster</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
Thalern veranschlagt war und daß nach dem Vortrag des Finanzministers
bei der Einbringung des Budgets der schwere Krieg dieses Jahres nur einen
Ausfall herbeigeführt hat. der noch nicht einmal 200,000 Thlr. beträgt, so
sollte man billig erwarten, daß eine so wesentliche Steuerquelle nicht leicht
in Frage gestellt würde. Die Classensteuer ist mit der Grundsteuer, von deren
Ertrag sie in dem erwähnten Jahre nur um einige 20,000 Thlr. übertroffen
wurde die ergiebigste aller preußischen Steuern, der directen wie der indirecten,
eine Steuer, welche ungefähr 8°/<> der gesammten Staatseinnahme einbrachte.
Die Classensteuer hat außerdem den Vorzug, daß sie die gesammte nicht zur
Einkommensteuer eingeschätzte Bevölkerung durch eine directe Geldleistung an
den Staat bindet. Eine oberflächliche Betrachtung mag darüber spotten —
die directe Besteuerung, wenn sie zweckmäßig eingerichtet ist, wird zu einem
politischen Erziehungsmittel ersten Ranges. Daß nun dennoch jetzt von den
4 Stufen der ersten (untersten) Hauptclasse der elassensteuerpflichtigen Bevöl¬
kerung die unterste Stufe in Wegfall kommt, kann nur als eine wohlthätige
Maßregel begrüßt werden. Der Satz dieser Stufe beträgt jährlich 15 Sgr.,
die in monatlichen Raten von 13 Pfennigen zu entrichten sind. Von der
Gesammtzahl der classensteuerpflichtigen Bevölkerung, die über 7^ Millionen
Köpfe zählt, betragen die Steuerzahler dieser untersten Stufe über 5 Millio¬
nen. Es ist derjenige Theil der Bevölkerung, welcher, überwiegend in Privat¬
dienstverhältnissen beschäftigt, die Eigenschaft der Selbständigkeit im politischen
Sinne nicht beansprucht. Der Einnahmeausfall, welchen der Wegfall dieser
untersten Stufe herbeiführt, ward vom Finanzminister auf 2^2 Millionen
Thaler geschätzt. Schätzen wir ihn sogar auf 3 Millionen rund, so bringt
die Classensteuer dem Staat immer noch 10 Millionen Thaler von dem selbst¬
ständigen Theil der Bevölkerung, dessen Einkommen weniger als 1000 Thlr.
beträgt. Alles verheißt außerdem der Classensteuer in den beibehaltenen
Stufen einen steigenden Ertrag. Wir können also durchaus nicht dem Abg.
Laster beistimmen, wenn er die Classensteuer mit der classisicirten Einkommen¬
steuer verschmelzen will. Die Einkommensteuer bringt vorläufig nur etwa
über 5 Millionen Thaler, die Hälfte der um die unterste Stufe verminderten
Classensteuer. Bei dem Wegfall dieser Stufe betragen die Classensteuerpflich¬
tigen immer noch über 2 Millionen Köpfe, während die Gesammtzahl der
zur Einkommensteuer eingeschätzten Personen für das Jahr 1870 noch nicht
400,000 betrug. Wir vermögen in der Verschmelzung dieser verschiedenen
Elemente der steuerpflichtigen Bevölkerung in keiner Weise ein Heil zu er¬
blicken. Wollte man aber diese Verschmelzung um jeden Preis haben, so
wäre als einheitlicher Steuermodus derjenige der Classensteuer vorzuziehen.
Denn die Einschätzung des individuellen Einkommens hat bei den geringeren
und zahlreichsten Classen des Einkommens die allergrößten Mißstände. Laster
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