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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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die andern unter der "Flagge aller Nationen" zu Neujerusalem. Die Heer-
schaar der Heiligen wird von ihrem Seher und Propheten geführt sein, der
den von Joseph Smith im Berge Cumorcch gefundenen Brustharnisch trägt
und das ebenfalls dabei (d. h. bei der vorgeblichen Auffindung des "Boot of
Mormon" in einer Steinkiste) entdeckte Schwert Labans schwingt *). Ungestüm
werden sie gegen die Armee der Ungläubigen anstürmen und sie in der großen
Schlacht darniederwerfen, die in der Schrift mystisch die Schlacht Gogh und
Magogs genannt wird. Der Herr wird seinem Volke dadurch beistehen, daß
er die Gegner mit Feuerregen, Pestilenz und Hungersnoth heimsucht. Sie
werden vollständig ausgerottet werden, und ihre Ländereien, sowie alles, was
sie sonst besitzen, werden den Siegern zufallen, die inzwischen in Jackson
County im Staate Missouri, da wo Joseph Smith im Jahre 1831 den Boden
gesegnet (bei Jndependence) das rechte und letzte Zion erbaut haben. Dieses
Zion, von dem der Prophet Joseph Ueberschwängliches geweissagt, wird fortan
die Hauptstadt des westlichen Festlandes, es wird mit seinem gewaltigen Tem¬
pel und seiner Priesterschaft "wie eine Standarte sein, deren Aufrichtung allen
Spaltungen religiöser wie politischer Art ein schleuniges Ende machen und
Republiken, Königreiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord-
uud Südamerika's zu einem einzigen großen Bunde umgestalten wird."

Und während so das tausendjährige Reich Christi im Westen sich vor¬
bereitet, ist der östliche Continent Zeuge von nicht geringeren Umwälzungen
und Neubildungen. Gleichwie die zehn Stämme Israels, kehren auch die Zer¬
streuter Juda's nach dem gelobten Lande zurück, um dort mit jenen den
Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Dann wird die gesammte alte
Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie erheben, mit
Heeresmacht wider sie heranziehen und die heilige Stadt berennen. Der Herr
aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner Jerusa¬
lems ausgießen, und Christus, den ihre Väter gekreuzigt, wird sich an ihre
Spitze stellen. Von ihm geführt, werden sie in einer gewaltigen Schlacht arn
Oelberge, der unter den Füßen des Messias in zwei Hälften zerreißt, alle
Heiden darniederlegen.

Diesem Triumph der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der Dinge
sowohl in Europa als in Asien. Christus wird König der Kinder Israel,
Jerusalem seine Hauptstadt und der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe
von Paris, London, Petersburg, Rom und Wien (von Berlin scheint der
mormonische Prvphetengeist im Jahre 18öl. aus dem die hier vorzugsweise



"Labans" ist wohl ein Versehen der Mormonen oder ein Druckfehler in unsrer Quelle.
Offenbar muß es "Lomechs" heißen, der in der Genesis als Erfinder des Schwertes ge¬
sellte wird.

die andern unter der „Flagge aller Nationen" zu Neujerusalem. Die Heer-
schaar der Heiligen wird von ihrem Seher und Propheten geführt sein, der
den von Joseph Smith im Berge Cumorcch gefundenen Brustharnisch trägt
und das ebenfalls dabei (d. h. bei der vorgeblichen Auffindung des „Boot of
Mormon" in einer Steinkiste) entdeckte Schwert Labans schwingt *). Ungestüm
werden sie gegen die Armee der Ungläubigen anstürmen und sie in der großen
Schlacht darniederwerfen, die in der Schrift mystisch die Schlacht Gogh und
Magogs genannt wird. Der Herr wird seinem Volke dadurch beistehen, daß
er die Gegner mit Feuerregen, Pestilenz und Hungersnoth heimsucht. Sie
werden vollständig ausgerottet werden, und ihre Ländereien, sowie alles, was
sie sonst besitzen, werden den Siegern zufallen, die inzwischen in Jackson
County im Staate Missouri, da wo Joseph Smith im Jahre 1831 den Boden
gesegnet (bei Jndependence) das rechte und letzte Zion erbaut haben. Dieses
Zion, von dem der Prophet Joseph Ueberschwängliches geweissagt, wird fortan
die Hauptstadt des westlichen Festlandes, es wird mit seinem gewaltigen Tem¬
pel und seiner Priesterschaft „wie eine Standarte sein, deren Aufrichtung allen
Spaltungen religiöser wie politischer Art ein schleuniges Ende machen und
Republiken, Königreiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord-
uud Südamerika's zu einem einzigen großen Bunde umgestalten wird."

Und während so das tausendjährige Reich Christi im Westen sich vor¬
bereitet, ist der östliche Continent Zeuge von nicht geringeren Umwälzungen
und Neubildungen. Gleichwie die zehn Stämme Israels, kehren auch die Zer¬
streuter Juda's nach dem gelobten Lande zurück, um dort mit jenen den
Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Dann wird die gesammte alte
Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie erheben, mit
Heeresmacht wider sie heranziehen und die heilige Stadt berennen. Der Herr
aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner Jerusa¬
lems ausgießen, und Christus, den ihre Väter gekreuzigt, wird sich an ihre
Spitze stellen. Von ihm geführt, werden sie in einer gewaltigen Schlacht arn
Oelberge, der unter den Füßen des Messias in zwei Hälften zerreißt, alle
Heiden darniederlegen.

Diesem Triumph der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der Dinge
sowohl in Europa als in Asien. Christus wird König der Kinder Israel,
Jerusalem seine Hauptstadt und der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe
von Paris, London, Petersburg, Rom und Wien (von Berlin scheint der
mormonische Prvphetengeist im Jahre 18öl. aus dem die hier vorzugsweise



„Labans" ist wohl ein Versehen der Mormonen oder ein Druckfehler in unsrer Quelle.
Offenbar muß es „Lomechs" heißen, der in der Genesis als Erfinder des Schwertes ge¬
sellte wird.
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[0342] die andern unter der „Flagge aller Nationen" zu Neujerusalem. Die Heer- schaar der Heiligen wird von ihrem Seher und Propheten geführt sein, der den von Joseph Smith im Berge Cumorcch gefundenen Brustharnisch trägt und das ebenfalls dabei (d. h. bei der vorgeblichen Auffindung des „Boot of Mormon" in einer Steinkiste) entdeckte Schwert Labans schwingt *). Ungestüm werden sie gegen die Armee der Ungläubigen anstürmen und sie in der großen Schlacht darniederwerfen, die in der Schrift mystisch die Schlacht Gogh und Magogs genannt wird. Der Herr wird seinem Volke dadurch beistehen, daß er die Gegner mit Feuerregen, Pestilenz und Hungersnoth heimsucht. Sie werden vollständig ausgerottet werden, und ihre Ländereien, sowie alles, was sie sonst besitzen, werden den Siegern zufallen, die inzwischen in Jackson County im Staate Missouri, da wo Joseph Smith im Jahre 1831 den Boden gesegnet (bei Jndependence) das rechte und letzte Zion erbaut haben. Dieses Zion, von dem der Prophet Joseph Ueberschwängliches geweissagt, wird fortan die Hauptstadt des westlichen Festlandes, es wird mit seinem gewaltigen Tem¬ pel und seiner Priesterschaft „wie eine Standarte sein, deren Aufrichtung allen Spaltungen religiöser wie politischer Art ein schleuniges Ende machen und Republiken, Königreiche, Provinzen, Völker, Stämme und Sprachen Nord- uud Südamerika's zu einem einzigen großen Bunde umgestalten wird." Und während so das tausendjährige Reich Christi im Westen sich vor¬ bereitet, ist der östliche Continent Zeuge von nicht geringeren Umwälzungen und Neubildungen. Gleichwie die zehn Stämme Israels, kehren auch die Zer¬ streuter Juda's nach dem gelobten Lande zurück, um dort mit jenen den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Dann wird die gesammte alte Welt, soweit sie nicht zu den Gläubigen gehört, sich wider sie erheben, mit Heeresmacht wider sie heranziehen und die heilige Stadt berennen. Der Herr aber wird den Geist der Gnade und des Gebets über die Bewohner Jerusa¬ lems ausgießen, und Christus, den ihre Väter gekreuzigt, wird sich an ihre Spitze stellen. Von ihm geführt, werden sie in einer gewaltigen Schlacht arn Oelberge, der unter den Füßen des Messias in zwei Hälften zerreißt, alle Heiden darniederlegen. Diesem Triumph der Juden folgt ein allgemeiner Umsturz der Dinge sowohl in Europa als in Asien. Christus wird König der Kinder Israel, Jerusalem seine Hauptstadt und der Mittelpunkt der alten Welt. Die Höfe von Paris, London, Petersburg, Rom und Wien (von Berlin scheint der mormonische Prvphetengeist im Jahre 18öl. aus dem die hier vorzugsweise „Labans" ist wohl ein Versehen der Mormonen oder ein Druckfehler in unsrer Quelle. Offenbar muß es „Lomechs" heißen, der in der Genesis als Erfinder des Schwertes ge¬ sellte wird.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/342>, abgerufen am 05.02.2025.