Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.corps; er gewann die Zusage seiner neuen Alliirten für seine Zwecke; er legte Zur persönlichen Begegnung mit König Karl VIII. kamen im Herbste Man wird die Frage aufwerfen müssen, weszhalb Karl VIII. jene Ab¬ In den dem Vertragsabschlüsse vorhergehenden diplomatischen Verhand¬ corps; er gewann die Zusage seiner neuen Alliirten für seine Zwecke; er legte Zur persönlichen Begegnung mit König Karl VIII. kamen im Herbste Man wird die Frage aufwerfen müssen, weszhalb Karl VIII. jene Ab¬ In den dem Vertragsabschlüsse vorhergehenden diplomatischen Verhand¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0171" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192472"/> <p xml:id="ID_668" prev="#ID_667"> corps; er gewann die Zusage seiner neuen Alliirten für seine Zwecke; er legte<lb/> durch die Eheverabredungen mit den beiden Dynastien damals den Grundstein<lb/> zu seiner europäischen Bedeutung. Und doch war er vorsichtig und maßvoll,<lb/> nicht zu weit für die bretagnische Frage sich bloßzustellen. Nur gering war<lb/> die militärische Hülse der Spanier: daß gleichzeitig der Entscheidungskrieg in<lb/> Granada gekämpft wurde, entschuldigte seine geringeren Leistungen in Nord¬<lb/> frankreich. Für unsere Betrachtung fällt noch mehr in's Gewicht, daß auch<lb/> während des Krieges er immer die Mittel und Wege fand, bei König Karl<lb/> seine Forderung geltend zu machen, für deren Erfüllung er vom Kriege zu-'<lb/> rücktreten würde. So fügte sich alles nach Ferdinand's Wünschen. Die<lb/> Bretagne mußte dem französischen Könige bleiben; König Heinrich von Eng¬<lb/> land wurde abgefunden, auch der Habsburgische Mar beruhigt — und auf<lb/> Grund der Abtretung von Roussillvn und Cerdana wurde eine nähere Ver¬<lb/> ständigung zwischen Ferdinand und Karl eingeleitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_669"> Zur persönlichen Begegnung mit König Karl VIII. kamen im Herbste<lb/> 1492 Ferdinand und Jsabella an die pyrenäische Grenze, vom Ruhme eines<lb/> herrlichen Sieges umstrahlt, durch das Gefühl großer Leistungen sichtlich er¬<lb/> hoben. Die Arbeit, an der sich mehr als sieben Jahrhunderte abgemüht<lb/> hatten, war endlich von ihnen vollendet: Granada war gefallen und der<lb/> Islam definitiv von der Halbinsel gebannt. Der Glanz der Gottesstreiter,<lb/> der siegreichen Erlöser Spaniens von schwerer Plage, ruhte auf dem katholi¬<lb/> schen Königspaare. Unendlichen Jubel rief die unter ihren Auspicien eben<lb/> damals geschehene Entdeckung eines fernen Welttheils hervor: die Aussicht in<lb/> eine an Ehren und Gewinnen reiche Zukunft war dem strebsamen Spanier<lb/> gerade damals eröffnet. Und nun erlangten diese doppelt erfolgreichen und<lb/> glücklichen Fürsten auch noch ein Drittes: die Pyrenäengränze gegen Frank¬<lb/> reich wurde auf's neue gesichert. Der geographischen Abrundung des Staates<lb/> war man also an zwei Stellen näher gekommen; und in den europäischen<lb/> Angelegenheiten hatte man schon eine Achtung gebietende Haltung sich<lb/> erkämpft.</p><lb/> <p xml:id="ID_670"> Man wird die Frage aufwerfen müssen, weszhalb Karl VIII. jene Ab¬<lb/> tretung bewilligt habe. Und die Antwort kann keine andere sein, als daß er<lb/> für seine großen Absichten in Italien damit Spaniens Neutralität zu kaufen<lb/> gedachte. Karl glaubte durch den Vertrag von Barcellona für die nächste<lb/> Zeit Ferdinand gebunden zu haben: das war sein Motiv bei dem Abschlüsse<lb/> — eine Illusion seiner unbedachten und waghalsigen Phantasie! —</p><lb/> <p xml:id="ID_671" next="#ID_672"> In den dem Vertragsabschlüsse vorhergehenden diplomatischen Verhand¬<lb/> lungen hatte Karl seine Absicht durchblicken lassen, von den europäischen<lb/> Allianzen Ferdinand in Zukunft fern zu halten: er hatte die Verheirathung<lb/> ^on Ferdinand's Kindern an seinen Consens knüpfen wollen, vornehmlich in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0171]
corps; er gewann die Zusage seiner neuen Alliirten für seine Zwecke; er legte
durch die Eheverabredungen mit den beiden Dynastien damals den Grundstein
zu seiner europäischen Bedeutung. Und doch war er vorsichtig und maßvoll,
nicht zu weit für die bretagnische Frage sich bloßzustellen. Nur gering war
die militärische Hülse der Spanier: daß gleichzeitig der Entscheidungskrieg in
Granada gekämpft wurde, entschuldigte seine geringeren Leistungen in Nord¬
frankreich. Für unsere Betrachtung fällt noch mehr in's Gewicht, daß auch
während des Krieges er immer die Mittel und Wege fand, bei König Karl
seine Forderung geltend zu machen, für deren Erfüllung er vom Kriege zu-'
rücktreten würde. So fügte sich alles nach Ferdinand's Wünschen. Die
Bretagne mußte dem französischen Könige bleiben; König Heinrich von Eng¬
land wurde abgefunden, auch der Habsburgische Mar beruhigt — und auf
Grund der Abtretung von Roussillvn und Cerdana wurde eine nähere Ver¬
ständigung zwischen Ferdinand und Karl eingeleitet.
Zur persönlichen Begegnung mit König Karl VIII. kamen im Herbste
1492 Ferdinand und Jsabella an die pyrenäische Grenze, vom Ruhme eines
herrlichen Sieges umstrahlt, durch das Gefühl großer Leistungen sichtlich er¬
hoben. Die Arbeit, an der sich mehr als sieben Jahrhunderte abgemüht
hatten, war endlich von ihnen vollendet: Granada war gefallen und der
Islam definitiv von der Halbinsel gebannt. Der Glanz der Gottesstreiter,
der siegreichen Erlöser Spaniens von schwerer Plage, ruhte auf dem katholi¬
schen Königspaare. Unendlichen Jubel rief die unter ihren Auspicien eben
damals geschehene Entdeckung eines fernen Welttheils hervor: die Aussicht in
eine an Ehren und Gewinnen reiche Zukunft war dem strebsamen Spanier
gerade damals eröffnet. Und nun erlangten diese doppelt erfolgreichen und
glücklichen Fürsten auch noch ein Drittes: die Pyrenäengränze gegen Frank¬
reich wurde auf's neue gesichert. Der geographischen Abrundung des Staates
war man also an zwei Stellen näher gekommen; und in den europäischen
Angelegenheiten hatte man schon eine Achtung gebietende Haltung sich
erkämpft.
Man wird die Frage aufwerfen müssen, weszhalb Karl VIII. jene Ab¬
tretung bewilligt habe. Und die Antwort kann keine andere sein, als daß er
für seine großen Absichten in Italien damit Spaniens Neutralität zu kaufen
gedachte. Karl glaubte durch den Vertrag von Barcellona für die nächste
Zeit Ferdinand gebunden zu haben: das war sein Motiv bei dem Abschlüsse
— eine Illusion seiner unbedachten und waghalsigen Phantasie! —
In den dem Vertragsabschlüsse vorhergehenden diplomatischen Verhand¬
lungen hatte Karl seine Absicht durchblicken lassen, von den europäischen
Allianzen Ferdinand in Zukunft fern zu halten: er hatte die Verheirathung
^on Ferdinand's Kindern an seinen Consens knüpfen wollen, vornehmlich in
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |