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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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sind im Verlauf der Zeit fast vollständig in die Verwaltung des Staates
übergegangen und können gegenwärtig als Staatsanstalten angesehen
werden, da die Beiträge der betreffenden Städte von dem Zuschüsse des Staa¬
tes bedeutend überwogen werden. Es leistet nämlich für das Gymnasium zu

der Staatdie Stadtkasse, Stiftungen ze.
6432 ThlrBautzen2063 Thlr
6636 "Freiberg981 "
5844 "Zwickau1406 "
10,480 "Planen984 "
9971 "Zittau2013 ..

Aus der so eben gegebenen Zusammenstellung scheinen wie von selbst
solgende Grundsätze hervorzugehen:

1) Die Errichtung und Erhaltung der Volksschulen ist
reine CommunaIsaehe;

2) Die Errichtung und Erhaltung der höheren Lehranstal¬
ten ist reine Staatssache.

Nur die größten Städte des Landes sind bisher im Stande gewesen,
höhere Schulen zu erhalten. Allein Dresden reicht mit seinem einen
Gymnasium nicht aus, ebenso wenig Leipzig mit seiner einen Realschule.
Ob beide Städte den Staatszuschuß werden entbehren können, dürfte zwei¬
felhaft sein. Schon die ungenügenden Lehrergehalte an den städtischen Real¬
schulen in Dresden und Leipzig legen die Vermuthung nahe, daß diesen
Städten schwer fällt, ihre höheren Schulen zu erhalten. Selbst die städtische
Realschule in Chemnitz ist von Seiten des Staates auf eine Aversionalsumme
von jährlich 3000 Thlr. angewiesen und wenn wir nicht irren, findet etwas
Aehnliches bei der städtischen Realschule in Zwickau statt.

VIII. Schluß. Als Endergebniß der kurzen Darstellung des höheren
Schulwesens in Sachsen und der Nergleichung desselben mit dem höheren
Schulwesen in den übrigen deutschen Staaten dürfte sich wohl ergeben, daß
dasselbe durchaus nicht auf einer beneidenswerthen Höhe steht, wie man ge¬
meinhin annimmt, sondern daß es vielmehr der ganz besonderen Fürsorge
des Cultusministeriums bedarf, wenn Gymnasien und Realschulen bei uns
auf den Standpunkt gelangen sollen, welchen dieselben in den übrigen deut¬
schen Staaten, vor allen in Preußen, schon einnehmen. Das höhere Schul¬
wesen in Sachsen bedarf vor Allem einer durchgreifenden, gesetzlichen Rege¬
lung. Insbesondere ist dringend zu fordern:

1) Die Berufung eines Fachmannes in das Ministerium für das Gymna¬
sial- und Realschulwesen;

2) Die vollständige Gymnasial- und Universitätsbildung für die Ober-


sind im Verlauf der Zeit fast vollständig in die Verwaltung des Staates
übergegangen und können gegenwärtig als Staatsanstalten angesehen
werden, da die Beiträge der betreffenden Städte von dem Zuschüsse des Staa¬
tes bedeutend überwogen werden. Es leistet nämlich für das Gymnasium zu

der Staatdie Stadtkasse, Stiftungen ze.
6432 ThlrBautzen2063 Thlr
6636 „Freiberg981 „
5844 „Zwickau1406 „
10,480 „Planen984 „
9971 „Zittau2013 ..

Aus der so eben gegebenen Zusammenstellung scheinen wie von selbst
solgende Grundsätze hervorzugehen:

1) Die Errichtung und Erhaltung der Volksschulen ist
reine CommunaIsaehe;

2) Die Errichtung und Erhaltung der höheren Lehranstal¬
ten ist reine Staatssache.

Nur die größten Städte des Landes sind bisher im Stande gewesen,
höhere Schulen zu erhalten. Allein Dresden reicht mit seinem einen
Gymnasium nicht aus, ebenso wenig Leipzig mit seiner einen Realschule.
Ob beide Städte den Staatszuschuß werden entbehren können, dürfte zwei¬
felhaft sein. Schon die ungenügenden Lehrergehalte an den städtischen Real¬
schulen in Dresden und Leipzig legen die Vermuthung nahe, daß diesen
Städten schwer fällt, ihre höheren Schulen zu erhalten. Selbst die städtische
Realschule in Chemnitz ist von Seiten des Staates auf eine Aversionalsumme
von jährlich 3000 Thlr. angewiesen und wenn wir nicht irren, findet etwas
Aehnliches bei der städtischen Realschule in Zwickau statt.

VIII. Schluß. Als Endergebniß der kurzen Darstellung des höheren
Schulwesens in Sachsen und der Nergleichung desselben mit dem höheren
Schulwesen in den übrigen deutschen Staaten dürfte sich wohl ergeben, daß
dasselbe durchaus nicht auf einer beneidenswerthen Höhe steht, wie man ge¬
meinhin annimmt, sondern daß es vielmehr der ganz besonderen Fürsorge
des Cultusministeriums bedarf, wenn Gymnasien und Realschulen bei uns
auf den Standpunkt gelangen sollen, welchen dieselben in den übrigen deut¬
schen Staaten, vor allen in Preußen, schon einnehmen. Das höhere Schul¬
wesen in Sachsen bedarf vor Allem einer durchgreifenden, gesetzlichen Rege¬
lung. Insbesondere ist dringend zu fordern:

1) Die Berufung eines Fachmannes in das Ministerium für das Gymna¬
sial- und Realschulwesen;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/152>, abgerufen am 05.02.2025.