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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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Beamtengehalte postuliren werden. Der Reichskanzler soll eine Aufbesserung
um 40 Procent für aNein zureichend halten"). Sehr erfreulich wäre, auch
bei uns zu Lande von ähnlichen Absichten zu hören, zumal da ja nach einer
neulichen (offenbar officiösen) Mittheilung die Vorberathung für das nächste
Budget schon jetzt ergebe, "daß die Intelligenz, die Thätigkeit und der Er¬
werbsfleiß des lebenskräftigen sächsischen "Volks" auch die schwere Kriegs¬
zeit finanziell trefflich zu verwerthen gewußt habe, und daß hierdurch der
ausgezeichnete Stand der sächsischen Finanzen aufs Neue documentirt werde."
Unseres Wissens hat bereits im vorigen Jahre das sächsische Justizministerium
und in diesem Jahre das Rcichspostamt seinen Beamten jene nothwendige
Ausgleichung zukommen lassen. Möchte doch endlich auch das Cultusmini¬
sterium diesem Beispiele folgen! Und zwar sollte das Cultusministerium, wie
dies in Preußen mit allem Nachdruck und mit gutem Erfolg geschieht, den
aufzustellenden Normaletat nicht nur bei den seiner eigenen Verwaltung un¬
terstehenden Anstalten einführen, sondern ebenso gut verlangen, daß derselbe
auch an den städtischen Gymnasial- und Realschulen zur vollständigen Gel¬
tung gelange. Denn hier ist, wie das preußische Cultusministerium ausge¬
sprochen hat, der Grundsatz zu verfolgen, daß die Städte, welche eigene höhere
Lehranstalten unterhalten und für dieselben die staatliche Anerkennung und
den Genuß aller mit dem Besuch derselben verknüpften Vortheile erlangt ha¬
ben, hinsichtlich der Lehrergehalte mindestens denjenigen Ansprüchen genügen,
welche der Staat für feine eigenen Anstalten gelten läßt. Hätte unser Cul¬
tusministerium nach dieser Richtung seine Aufgabe erkannt, so könnte nicht
vorkommen, daß man erst Ende 1870 in Dresden einen gewaltigen Fort¬
schritt zu machen geglaubt hat, wenn man für die Lehrer der Kreuzschule
einen Durchschnittsgehalt von 810Thlr. (übrigens eine seltsame runde Zahl!)
festgesetzt hat, und daß man selbst in Leipzig erst zu einem solchen von 900
Thlr. gelangt ist. In preußischen Städten von dieser Größe setzt der Nor¬
maletat einen Durchschnittsgehalt von 0 50 Thaler fest, und für die Haupt¬
stadt Berlin, sowie die Landesschule Pforta ist sogar ausdrücklich noch ein
höherer Betrag angenommen. Zum weiteren Vergleich mögen noch einige
selbstsprechende Zahlen dienen. Der Director des städtischen Gymnasiums
zum grauen Kloster in Berlin bezieht 2900 Thlr. Gehalt, der des königl.
Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums 2780 Thlr. -- Der Rector der Dresdener
Kreuzschule 1700 Thlr. und Amtswohnung. Der Rector der preußischen
Landesschule Pforta hat 2334 Thlr. Gehalt, der nächste Lehrer 1760 Thlr.
-- Die Nectoren der sächsischen Landesschulen zu Meißen und zu Grimma
1700 Thlr., die nächsten Lehrer 1200 resp. 1100 Thlr. und freie Wohnung.



') In Baden erhöht man die Gehalte wenigstens um 25 Procent.

Beamtengehalte postuliren werden. Der Reichskanzler soll eine Aufbesserung
um 40 Procent für aNein zureichend halten"). Sehr erfreulich wäre, auch
bei uns zu Lande von ähnlichen Absichten zu hören, zumal da ja nach einer
neulichen (offenbar officiösen) Mittheilung die Vorberathung für das nächste
Budget schon jetzt ergebe, „daß die Intelligenz, die Thätigkeit und der Er¬
werbsfleiß des lebenskräftigen sächsischen „Volks" auch die schwere Kriegs¬
zeit finanziell trefflich zu verwerthen gewußt habe, und daß hierdurch der
ausgezeichnete Stand der sächsischen Finanzen aufs Neue documentirt werde."
Unseres Wissens hat bereits im vorigen Jahre das sächsische Justizministerium
und in diesem Jahre das Rcichspostamt seinen Beamten jene nothwendige
Ausgleichung zukommen lassen. Möchte doch endlich auch das Cultusmini¬
sterium diesem Beispiele folgen! Und zwar sollte das Cultusministerium, wie
dies in Preußen mit allem Nachdruck und mit gutem Erfolg geschieht, den
aufzustellenden Normaletat nicht nur bei den seiner eigenen Verwaltung un¬
terstehenden Anstalten einführen, sondern ebenso gut verlangen, daß derselbe
auch an den städtischen Gymnasial- und Realschulen zur vollständigen Gel¬
tung gelange. Denn hier ist, wie das preußische Cultusministerium ausge¬
sprochen hat, der Grundsatz zu verfolgen, daß die Städte, welche eigene höhere
Lehranstalten unterhalten und für dieselben die staatliche Anerkennung und
den Genuß aller mit dem Besuch derselben verknüpften Vortheile erlangt ha¬
ben, hinsichtlich der Lehrergehalte mindestens denjenigen Ansprüchen genügen,
welche der Staat für feine eigenen Anstalten gelten läßt. Hätte unser Cul¬
tusministerium nach dieser Richtung seine Aufgabe erkannt, so könnte nicht
vorkommen, daß man erst Ende 1870 in Dresden einen gewaltigen Fort¬
schritt zu machen geglaubt hat, wenn man für die Lehrer der Kreuzschule
einen Durchschnittsgehalt von 810Thlr. (übrigens eine seltsame runde Zahl!)
festgesetzt hat, und daß man selbst in Leipzig erst zu einem solchen von 900
Thlr. gelangt ist. In preußischen Städten von dieser Größe setzt der Nor¬
maletat einen Durchschnittsgehalt von 0 50 Thaler fest, und für die Haupt¬
stadt Berlin, sowie die Landesschule Pforta ist sogar ausdrücklich noch ein
höherer Betrag angenommen. Zum weiteren Vergleich mögen noch einige
selbstsprechende Zahlen dienen. Der Director des städtischen Gymnasiums
zum grauen Kloster in Berlin bezieht 2900 Thlr. Gehalt, der des königl.
Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums 2780 Thlr. — Der Rector der Dresdener
Kreuzschule 1700 Thlr. und Amtswohnung. Der Rector der preußischen
Landesschule Pforta hat 2334 Thlr. Gehalt, der nächste Lehrer 1760 Thlr.
— Die Nectoren der sächsischen Landesschulen zu Meißen und zu Grimma
1700 Thlr., die nächsten Lehrer 1200 resp. 1100 Thlr. und freie Wohnung.



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[0148] Beamtengehalte postuliren werden. Der Reichskanzler soll eine Aufbesserung um 40 Procent für aNein zureichend halten"). Sehr erfreulich wäre, auch bei uns zu Lande von ähnlichen Absichten zu hören, zumal da ja nach einer neulichen (offenbar officiösen) Mittheilung die Vorberathung für das nächste Budget schon jetzt ergebe, „daß die Intelligenz, die Thätigkeit und der Er¬ werbsfleiß des lebenskräftigen sächsischen „Volks" auch die schwere Kriegs¬ zeit finanziell trefflich zu verwerthen gewußt habe, und daß hierdurch der ausgezeichnete Stand der sächsischen Finanzen aufs Neue documentirt werde." Unseres Wissens hat bereits im vorigen Jahre das sächsische Justizministerium und in diesem Jahre das Rcichspostamt seinen Beamten jene nothwendige Ausgleichung zukommen lassen. Möchte doch endlich auch das Cultusmini¬ sterium diesem Beispiele folgen! Und zwar sollte das Cultusministerium, wie dies in Preußen mit allem Nachdruck und mit gutem Erfolg geschieht, den aufzustellenden Normaletat nicht nur bei den seiner eigenen Verwaltung un¬ terstehenden Anstalten einführen, sondern ebenso gut verlangen, daß derselbe auch an den städtischen Gymnasial- und Realschulen zur vollständigen Gel¬ tung gelange. Denn hier ist, wie das preußische Cultusministerium ausge¬ sprochen hat, der Grundsatz zu verfolgen, daß die Städte, welche eigene höhere Lehranstalten unterhalten und für dieselben die staatliche Anerkennung und den Genuß aller mit dem Besuch derselben verknüpften Vortheile erlangt ha¬ ben, hinsichtlich der Lehrergehalte mindestens denjenigen Ansprüchen genügen, welche der Staat für feine eigenen Anstalten gelten läßt. Hätte unser Cul¬ tusministerium nach dieser Richtung seine Aufgabe erkannt, so könnte nicht vorkommen, daß man erst Ende 1870 in Dresden einen gewaltigen Fort¬ schritt zu machen geglaubt hat, wenn man für die Lehrer der Kreuzschule einen Durchschnittsgehalt von 810Thlr. (übrigens eine seltsame runde Zahl!) festgesetzt hat, und daß man selbst in Leipzig erst zu einem solchen von 900 Thlr. gelangt ist. In preußischen Städten von dieser Größe setzt der Nor¬ maletat einen Durchschnittsgehalt von 0 50 Thaler fest, und für die Haupt¬ stadt Berlin, sowie die Landesschule Pforta ist sogar ausdrücklich noch ein höherer Betrag angenommen. Zum weiteren Vergleich mögen noch einige selbstsprechende Zahlen dienen. Der Director des städtischen Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin bezieht 2900 Thlr. Gehalt, der des königl. Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums 2780 Thlr. — Der Rector der Dresdener Kreuzschule 1700 Thlr. und Amtswohnung. Der Rector der preußischen Landesschule Pforta hat 2334 Thlr. Gehalt, der nächste Lehrer 1760 Thlr. — Die Nectoren der sächsischen Landesschulen zu Meißen und zu Grimma 1700 Thlr., die nächsten Lehrer 1200 resp. 1100 Thlr. und freie Wohnung. ') In Baden erhöht man die Gehalte wenigstens um 25 Procent.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/148>, abgerufen am 05.02.2025.