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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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mung, und ist der Durchschnittsgehalt der ordentlichen Lehrer 805 und 837'/-z
Thlr. -- In Dresden dagegen beziehen die Directoren der beiden städtischen
Realschulen außer der Wohnung einen Gehalt von 1200 Thlr., während die
Lehrergehalte im Durchschnitt 714 und 696 Thlr. betragen!

In Preußen sind, sowohl an den königlichen als an den städtischen Anstal¬
ten, für die Lehrerbesoldungen die vom Cultusminister im EinVerständniß mit
dem Finanzminister im Jahre 1863 festgestellten normal-Etats maßgebend.
Diese Etats sind für die Gymnasien und die denselben gleichstehenden höhe¬
ren Schulen aufgestellt worden. Danach bestehen für die Normalbesol¬
dungen der Directoren und der ordentlichen Lehrer nach Verschiedenheit der
Orte, an welchen die Anstalten sich finden, drei Klassen Sie betragen jährlich

^. für die Gymnasialdirectoren:
in der ersten Klasse bis 1800 Thlr.
in der zweiten Klasse bis 1600 Thlr.
in der dritten Klasse bis 1200 resp. 1300 und 1400 Thlr.
L. für die ordentlichen Gymnasiallehrer:
Minimum. Maximum. Durchschnitt,
in der ersten Klasse 600 Thlr. 1300 Thlr. 950 Thlr.
in der zweiten Klasse 350 " 1150 " 850 "
in der dritten Klasse 500 " 1000 " 750 "

Es beträgt somit in Preußen der Durchschnittsgehalt eines Lehrers für
Städte von der Bedeutung der sächsischen Gymnasialstädte 950 resp. 850
Thlr., während noch in dem letzten sächsischen Budget ein solcher von nur
800 Thlr. angenommen ist. Warum stellt sich Sachsen, dessen blühende Fi¬
nanzen ja stets so gerühmt worden sind, in diesem Punkt dem verschrieenen
Militärstaat Preußen, der angeblich für die Pflege der Wissenschaft und
Kunst so gut wie Nichts übrig haben soll, nicht wenigstens gleich oder sucht
ihn gar zu überflügeln? An den Lehrer einer höheren Schule macht das so¬
ciale Leben dieselben Ansprüche wie an jeden andern auf der Universität ge¬
bildeten Beamten. Wie soll er aber diesen Ansprüchen bei seiner für die
gegenwärtigen Preise der Wohnungen und der Lebensbedürfnisse kärglichen
Besoldung genügen? Man sehe nur, wie namentlich in den größern Städten
die Lehrer sich durch Pensionäre, durch übermäßige Privatstunden einen Neben¬
verdienst zu verschaffen suchen, um sich und ihre Familie standesgemäß ernäh¬
ren zu können! Ob dieser außerordentliche Verbrauch an Kräften, diese Stö¬
rung des Familienlebens ihrem eigentlichen Beruf an der Schule heilsam sei,
darnach wird nicht gefragt.

Wie man aus den Zeitungen erfährt, ist der Stand der preußischen Fi¬
nanzen trotz des überstandenen Krieges ein so günstiger, daß sämmtliche Mi¬
nisterien von dem preußischen Landtage eine durchgehende Aufbesserung der


mung, und ist der Durchschnittsgehalt der ordentlichen Lehrer 805 und 837'/-z
Thlr. — In Dresden dagegen beziehen die Directoren der beiden städtischen
Realschulen außer der Wohnung einen Gehalt von 1200 Thlr., während die
Lehrergehalte im Durchschnitt 714 und 696 Thlr. betragen!

In Preußen sind, sowohl an den königlichen als an den städtischen Anstal¬
ten, für die Lehrerbesoldungen die vom Cultusminister im EinVerständniß mit
dem Finanzminister im Jahre 1863 festgestellten normal-Etats maßgebend.
Diese Etats sind für die Gymnasien und die denselben gleichstehenden höhe¬
ren Schulen aufgestellt worden. Danach bestehen für die Normalbesol¬
dungen der Directoren und der ordentlichen Lehrer nach Verschiedenheit der
Orte, an welchen die Anstalten sich finden, drei Klassen Sie betragen jährlich

^. für die Gymnasialdirectoren:
in der ersten Klasse bis 1800 Thlr.
in der zweiten Klasse bis 1600 Thlr.
in der dritten Klasse bis 1200 resp. 1300 und 1400 Thlr.
L. für die ordentlichen Gymnasiallehrer:
Minimum. Maximum. Durchschnitt,
in der ersten Klasse 600 Thlr. 1300 Thlr. 950 Thlr.
in der zweiten Klasse 350 „ 1150 „ 850 „
in der dritten Klasse 500 „ 1000 „ 750 „

Es beträgt somit in Preußen der Durchschnittsgehalt eines Lehrers für
Städte von der Bedeutung der sächsischen Gymnasialstädte 950 resp. 850
Thlr., während noch in dem letzten sächsischen Budget ein solcher von nur
800 Thlr. angenommen ist. Warum stellt sich Sachsen, dessen blühende Fi¬
nanzen ja stets so gerühmt worden sind, in diesem Punkt dem verschrieenen
Militärstaat Preußen, der angeblich für die Pflege der Wissenschaft und
Kunst so gut wie Nichts übrig haben soll, nicht wenigstens gleich oder sucht
ihn gar zu überflügeln? An den Lehrer einer höheren Schule macht das so¬
ciale Leben dieselben Ansprüche wie an jeden andern auf der Universität ge¬
bildeten Beamten. Wie soll er aber diesen Ansprüchen bei seiner für die
gegenwärtigen Preise der Wohnungen und der Lebensbedürfnisse kärglichen
Besoldung genügen? Man sehe nur, wie namentlich in den größern Städten
die Lehrer sich durch Pensionäre, durch übermäßige Privatstunden einen Neben¬
verdienst zu verschaffen suchen, um sich und ihre Familie standesgemäß ernäh¬
ren zu können! Ob dieser außerordentliche Verbrauch an Kräften, diese Stö¬
rung des Familienlebens ihrem eigentlichen Beruf an der Schule heilsam sei,
darnach wird nicht gefragt.

Wie man aus den Zeitungen erfährt, ist der Stand der preußischen Fi¬
nanzen trotz des überstandenen Krieges ein so günstiger, daß sämmtliche Mi¬
nisterien von dem preußischen Landtage eine durchgehende Aufbesserung der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/147>, abgerufen am 05.02.2025.