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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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stellen an den höheren Schulen des Landes mit Volksschullehrern zu be¬
setzen ?

Wir wollen hoffen, daß der neue Unterrichtsminister die Gefahr erkennt
und ihr zu steuern sucht, zunächst durch Berufung eines mit dem höheren
Schulwesen vertrauten Fachmanns in das Ministerium.

V. Aufwand für die höheren Schulen und Lehrerbesoldun¬
gen. Wenn man sich ein deutliches Bild von dem Stande des höheren
Schulwesens in Sachsen machen will, so ist die Frage nach dem Aufwand
für die höheren Schulen und nach der Besoldung der Lehrer nicht zu um¬
gehen. Auch ist hierbei eine Vergleichung mit den Verhältnissen in "unserem
Nachbarstaate" besonders lehrreich.

Der Gesammtaufwand für die höheren (königlichen und städtischen) Schu¬
len beträgt:

in Sachsen 316,000 Thlr., in Preußen 3,000,000 Thlr.

Davon kommen auf die Lehrerbesoldungen

in Sachsen 232.000 Thlr., in Preußen 3.500,000 Thlr.

Stände Sachsen in Bezug auf den Aufwand für seine höheren Schulen
und auf die Besoldung der Lehrer an denselben, Preußen im Verhältniß der
Einwohnerzahl (2,423,401 E. und 24,043,296 E.) gleich, so müßten für Sach¬
sen die Zahlen 504.000 Thlr. und 353,000 Thlr. lauten, d. h. Sachsen
müßte für seine höheren Schulen im Ganzen 188,000 Thlr.. davon für Leh¬
rerbesoldungen allein 121,000 Thlr. mehr aufwenden!

Nicht weniger überraschende Thatsachen kommen zum Vorschein, wenn
man Dresden und Berlin in Parallele stellt. Wir gehen auf das Jahr 1869
zurück und nehmen die Einwohnerzahl von Dresden nur zu 150,000, die von
Berlin zu 702.450 an:

Der Aufwand für die höheren Schulen betrug:

in Dresden 75,000 Thlr., in Berlin 479,300 Thlr.;

davon fallen auf die Besoldung der Lehrer

in Dresden 47,000 Thlr., in Berlin 382,000 Thlr.
Wollte Dresden mit Berlin sich auf gleiche Stufe stellen, so müßte der Auf¬
wand für seine höheren Schulen 102,000 Thlr. betragen und müßten davon
81,000 auf Besoldungen kommen. Dresden müßte also an die Besoldung
seiner Lehrer 34,000 Thlr. mehr wenden, als jetzt dafür aufgebracht wird.
Ueber die letztere Zahl braucht man sich nicht zu wundern, wenn man die
Besoldungsverhältnisse in Dresden mit denen in Berlin vergleicht. An sechs
Berliner Realschulen erhalten die Directoren 2200 Thlr. Gehalt incl. Woh¬
nung a 300 Thlr.; der Durchschnittsgehalt der ordentlichen Lehrer ist 920
bis 925, an der einen Schule sogar 975 Thlr. An den zwei höheren Bür¬
gerschulen in Berlin erhalten die Directoren 1900 Thlr. Gehalt incl. Woh-


stellen an den höheren Schulen des Landes mit Volksschullehrern zu be¬
setzen ?

Wir wollen hoffen, daß der neue Unterrichtsminister die Gefahr erkennt
und ihr zu steuern sucht, zunächst durch Berufung eines mit dem höheren
Schulwesen vertrauten Fachmanns in das Ministerium.

V. Aufwand für die höheren Schulen und Lehrerbesoldun¬
gen. Wenn man sich ein deutliches Bild von dem Stande des höheren
Schulwesens in Sachsen machen will, so ist die Frage nach dem Aufwand
für die höheren Schulen und nach der Besoldung der Lehrer nicht zu um¬
gehen. Auch ist hierbei eine Vergleichung mit den Verhältnissen in „unserem
Nachbarstaate" besonders lehrreich.

Der Gesammtaufwand für die höheren (königlichen und städtischen) Schu¬
len beträgt:

in Sachsen 316,000 Thlr., in Preußen 3,000,000 Thlr.

Davon kommen auf die Lehrerbesoldungen

in Sachsen 232.000 Thlr., in Preußen 3.500,000 Thlr.

Stände Sachsen in Bezug auf den Aufwand für seine höheren Schulen
und auf die Besoldung der Lehrer an denselben, Preußen im Verhältniß der
Einwohnerzahl (2,423,401 E. und 24,043,296 E.) gleich, so müßten für Sach¬
sen die Zahlen 504.000 Thlr. und 353,000 Thlr. lauten, d. h. Sachsen
müßte für seine höheren Schulen im Ganzen 188,000 Thlr.. davon für Leh¬
rerbesoldungen allein 121,000 Thlr. mehr aufwenden!

Nicht weniger überraschende Thatsachen kommen zum Vorschein, wenn
man Dresden und Berlin in Parallele stellt. Wir gehen auf das Jahr 1869
zurück und nehmen die Einwohnerzahl von Dresden nur zu 150,000, die von
Berlin zu 702.450 an:

Der Aufwand für die höheren Schulen betrug:

in Dresden 75,000 Thlr., in Berlin 479,300 Thlr.;

davon fallen auf die Besoldung der Lehrer

in Dresden 47,000 Thlr., in Berlin 382,000 Thlr.
Wollte Dresden mit Berlin sich auf gleiche Stufe stellen, so müßte der Auf¬
wand für seine höheren Schulen 102,000 Thlr. betragen und müßten davon
81,000 auf Besoldungen kommen. Dresden müßte also an die Besoldung
seiner Lehrer 34,000 Thlr. mehr wenden, als jetzt dafür aufgebracht wird.
Ueber die letztere Zahl braucht man sich nicht zu wundern, wenn man die
Besoldungsverhältnisse in Dresden mit denen in Berlin vergleicht. An sechs
Berliner Realschulen erhalten die Directoren 2200 Thlr. Gehalt incl. Woh¬
nung a 300 Thlr.; der Durchschnittsgehalt der ordentlichen Lehrer ist 920
bis 925, an der einen Schule sogar 975 Thlr. An den zwei höheren Bür¬
gerschulen in Berlin erhalten die Directoren 1900 Thlr. Gehalt incl. Woh-


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[0146] stellen an den höheren Schulen des Landes mit Volksschullehrern zu be¬ setzen ? Wir wollen hoffen, daß der neue Unterrichtsminister die Gefahr erkennt und ihr zu steuern sucht, zunächst durch Berufung eines mit dem höheren Schulwesen vertrauten Fachmanns in das Ministerium. V. Aufwand für die höheren Schulen und Lehrerbesoldun¬ gen. Wenn man sich ein deutliches Bild von dem Stande des höheren Schulwesens in Sachsen machen will, so ist die Frage nach dem Aufwand für die höheren Schulen und nach der Besoldung der Lehrer nicht zu um¬ gehen. Auch ist hierbei eine Vergleichung mit den Verhältnissen in „unserem Nachbarstaate" besonders lehrreich. Der Gesammtaufwand für die höheren (königlichen und städtischen) Schu¬ len beträgt: in Sachsen 316,000 Thlr., in Preußen 3,000,000 Thlr. Davon kommen auf die Lehrerbesoldungen in Sachsen 232.000 Thlr., in Preußen 3.500,000 Thlr. Stände Sachsen in Bezug auf den Aufwand für seine höheren Schulen und auf die Besoldung der Lehrer an denselben, Preußen im Verhältniß der Einwohnerzahl (2,423,401 E. und 24,043,296 E.) gleich, so müßten für Sach¬ sen die Zahlen 504.000 Thlr. und 353,000 Thlr. lauten, d. h. Sachsen müßte für seine höheren Schulen im Ganzen 188,000 Thlr.. davon für Leh¬ rerbesoldungen allein 121,000 Thlr. mehr aufwenden! Nicht weniger überraschende Thatsachen kommen zum Vorschein, wenn man Dresden und Berlin in Parallele stellt. Wir gehen auf das Jahr 1869 zurück und nehmen die Einwohnerzahl von Dresden nur zu 150,000, die von Berlin zu 702.450 an: Der Aufwand für die höheren Schulen betrug: in Dresden 75,000 Thlr., in Berlin 479,300 Thlr.; davon fallen auf die Besoldung der Lehrer in Dresden 47,000 Thlr., in Berlin 382,000 Thlr. Wollte Dresden mit Berlin sich auf gleiche Stufe stellen, so müßte der Auf¬ wand für seine höheren Schulen 102,000 Thlr. betragen und müßten davon 81,000 auf Besoldungen kommen. Dresden müßte also an die Besoldung seiner Lehrer 34,000 Thlr. mehr wenden, als jetzt dafür aufgebracht wird. Ueber die letztere Zahl braucht man sich nicht zu wundern, wenn man die Besoldungsverhältnisse in Dresden mit denen in Berlin vergleicht. An sechs Berliner Realschulen erhalten die Directoren 2200 Thlr. Gehalt incl. Woh¬ nung a 300 Thlr.; der Durchschnittsgehalt der ordentlichen Lehrer ist 920 bis 925, an der einen Schule sogar 975 Thlr. An den zwei höheren Bür¬ gerschulen in Berlin erhalten die Directoren 1900 Thlr. Gehalt incl. Woh-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/146>, abgerufen am 11.02.2025.