Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.den die Posten regelmäßig und sicher befördert; doch kam häufig, mehr Ein reges Leben und Treiben entspann sich namentlich in den größeren König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, mit seinem die kleinsten De¬ den die Posten regelmäßig und sicher befördert; doch kam häufig, mehr Ein reges Leben und Treiben entspann sich namentlich in den größeren König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, mit seinem die kleinsten De¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0519" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126795"/> <p xml:id="ID_1552" prev="#ID_1551"> den die Posten regelmäßig und sicher befördert; doch kam häufig, mehr<lb/> als jetzt vor, daß die uralte deutsche Neigung zum Biertrinken die Herren<lb/> Passagiere bewog, mit den Posten an beliebten Schänken und Krüger halten<lb/> zu lassen, in welcher Beziehung z. B. Bernau bei Berlin berühmt war. Das<lb/> „Gezänke auf dem Postwagen, das Schimpfen auf die Postillone und insbe¬<lb/> sondere das gottlose Fluchen in den Passagierstuben" war den Rei¬<lb/> senden, wohl auf Grund betrübender Erfahrungen von ehedem, streng unter¬<lb/> sagt; die Verbote halsen aber wenig. Trotz alledem geht, hervorgerufen durch<lb/> die Erleichterung des Verkehrs, mit dem Aufblühen der Posten ein frischer<lb/> Hauch gewerblicher, commercieller und wirthschaftlicher Entwickelung durch<lb/> Deutschland. 1615 war die erste deutsche Zeitung, „das Frankfurter Journal",<lb/> vom Buchhändler Emmel gestiftet, in Frankfurt a> M. erschienen; die Post<lb/> erwarb sich durch Beförderung der Zeitungen um die Hebung des geistigen<lb/> Verkehrs ein großes Verdienst, und v. Beust sagt mit Recht: „Vor allen<lb/> anderen kommt der Zeitungen Aufnahme von den PostHäu¬<lb/> sern her."</p><lb/> <p xml:id="ID_1553"> Ein reges Leben und Treiben entspann sich namentlich in den größeren<lb/> Orten zur Zeit der Ankunft der Posten an den Postschaltern. Das Institut<lb/> der Briefträger bestand vor 1710 nicht; es mußte deßhalb ein Jeder die im<lb/> Postflur aufsaugenden Verzeichnisse der eingetroffenen Briefschaften einsehen<lb/> und sich letztere selbst abholen. Natürlich fehlte es dabei nicht an tumultuari-<lb/> schen Auftritten, und der Brandenburgische Postfaetor in Leipzig, Abraham<lb/> Jsle, klagt (1687) darüber bitter, daß „hier nach Eröffnung der Po¬<lb/> sten ein solch ungeheuer anlauffen, daß man Thüren und Fenster in<lb/> Acht zu nehmen hat, und es in sonderlich zur Meßzeit unmöglich sei, in sol¬<lb/> chem wüsten Wesen Zeugen anzuhören, Scheine zu geben u. s. w."</p><lb/> <p xml:id="ID_1554" next="#ID_1555"> König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, mit seinem die kleinsten De¬<lb/> tails umfassenden Staatsverwaltungstalente, wandte der Ausbreitung der Po¬<lb/> sten großes Interesse zu. „Sollen die Posten anlegen in Preußen<lb/> vonOrt zuOrt ich will haben ein laute das kultiviret sein soll<lb/> höretPost dazu", war seine Randbemerkung auf die Anträge des General-<lb/> Finanz-Directoriums wegen der Postanlagen in Ostpreußen; ebenso erklärte<lb/> er im Geheimen Staatsrathe „die Posten seien vor den florissanten Zustand<lb/> der Commercien hochnothwendig und gleichsam das Oel vor die ganze<lb/> Staatsmaschine." Selbst Seepostverbindungen, von Stralsund nach Ustadt,<lb/> versuchte er herzustellen. Am 13. Februar 1723 bestimmte er, daß das Ge¬<lb/> neral-Postamt, welches vorher zum Finanz-Departement gehört hatte,<lb/> als eine eigene Behörde constituirt werden solle. Das Local des General-<lb/> Postamts befand sich seit Friedrichs I. Regierung in dem für den Grafen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0519]
den die Posten regelmäßig und sicher befördert; doch kam häufig, mehr
als jetzt vor, daß die uralte deutsche Neigung zum Biertrinken die Herren
Passagiere bewog, mit den Posten an beliebten Schänken und Krüger halten
zu lassen, in welcher Beziehung z. B. Bernau bei Berlin berühmt war. Das
„Gezänke auf dem Postwagen, das Schimpfen auf die Postillone und insbe¬
sondere das gottlose Fluchen in den Passagierstuben" war den Rei¬
senden, wohl auf Grund betrübender Erfahrungen von ehedem, streng unter¬
sagt; die Verbote halsen aber wenig. Trotz alledem geht, hervorgerufen durch
die Erleichterung des Verkehrs, mit dem Aufblühen der Posten ein frischer
Hauch gewerblicher, commercieller und wirthschaftlicher Entwickelung durch
Deutschland. 1615 war die erste deutsche Zeitung, „das Frankfurter Journal",
vom Buchhändler Emmel gestiftet, in Frankfurt a> M. erschienen; die Post
erwarb sich durch Beförderung der Zeitungen um die Hebung des geistigen
Verkehrs ein großes Verdienst, und v. Beust sagt mit Recht: „Vor allen
anderen kommt der Zeitungen Aufnahme von den PostHäu¬
sern her."
Ein reges Leben und Treiben entspann sich namentlich in den größeren
Orten zur Zeit der Ankunft der Posten an den Postschaltern. Das Institut
der Briefträger bestand vor 1710 nicht; es mußte deßhalb ein Jeder die im
Postflur aufsaugenden Verzeichnisse der eingetroffenen Briefschaften einsehen
und sich letztere selbst abholen. Natürlich fehlte es dabei nicht an tumultuari-
schen Auftritten, und der Brandenburgische Postfaetor in Leipzig, Abraham
Jsle, klagt (1687) darüber bitter, daß „hier nach Eröffnung der Po¬
sten ein solch ungeheuer anlauffen, daß man Thüren und Fenster in
Acht zu nehmen hat, und es in sonderlich zur Meßzeit unmöglich sei, in sol¬
chem wüsten Wesen Zeugen anzuhören, Scheine zu geben u. s. w."
König Friedrich Wilhelm I. von Preußen, mit seinem die kleinsten De¬
tails umfassenden Staatsverwaltungstalente, wandte der Ausbreitung der Po¬
sten großes Interesse zu. „Sollen die Posten anlegen in Preußen
vonOrt zuOrt ich will haben ein laute das kultiviret sein soll
höretPost dazu", war seine Randbemerkung auf die Anträge des General-
Finanz-Directoriums wegen der Postanlagen in Ostpreußen; ebenso erklärte
er im Geheimen Staatsrathe „die Posten seien vor den florissanten Zustand
der Commercien hochnothwendig und gleichsam das Oel vor die ganze
Staatsmaschine." Selbst Seepostverbindungen, von Stralsund nach Ustadt,
versuchte er herzustellen. Am 13. Februar 1723 bestimmte er, daß das Ge¬
neral-Postamt, welches vorher zum Finanz-Departement gehört hatte,
als eine eigene Behörde constituirt werden solle. Das Local des General-
Postamts befand sich seit Friedrichs I. Regierung in dem für den Grafen
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