Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ist auch alles. Die Sympathien Frankreichs während des Bürgerkrieges für
die Secessionisten, sowie die Expedition nach Mexiko, haben den Rest von
Zuneigung verwischt, der noch für die Franzosen in den Vereinigten Staaten
herrschte; will man sich davon überzeugen, dann lese man nur die öffentlichen
Erlasse der Generale, die an der mexikanischen Grenze standen, lese die Aus¬
drücke, die damals wie heute aus Kosten der großen Nation in Zeitungen,
wie an officiellen Orten ausgesprochen werden. Männer wie Stender, Pre¬
diger Weiß zu Boston, Bohlen und Schurz, haben dem deutschen Elemente
und der deutschen Nation in der Union einen Einfluß und eine Achtung ver¬
schafft, gegen welche kein anderes Volk sich messen kann.

Wie hoch sich jetzt die Zahl der deutschen Blätter beläuft, vermögen wir
nicht mit Sicherheit anzugeben, da bis zum Augenblick, wo wir dies schreiben,
uns noch keine Details über den Census zugegangen sind, der im vorigen
Jahre, dem Gebrauche gemäß, hätte vorgenommen werden müssen; es geschieht
dies nämlich alle 10 Jahre, weshalb die letzten statistischen Angaben von
1860 sind. Doch so viel wissen wir, daß vier große deutsche Tagesblätter
zu Cincinnati, drei je zu Neu-Uork, Philadelphia, Milwaukie, Se. Louis, zwei
je zu Pittsburg, Baltimore und Neu-Orleans, und eines je zu Louisville,,
Belleville, und Newark erscheinen. Der "Adler", die älteste deutsche Zeitung
in den Vereinigten Staaten wird zu Reading in Pennsylvanien herausgegeben
und ward vor 86 Jahren gegründet. Das nächste im Alter ist das Lan-
caster Whig-Paper zu Lancaster in Pennsylyanien, es zählt 46 Jahre, und
ohngefähr 30 Zeitungen sind in den Jahren von 1830--60 gegründet wor¬
den. Der Neu-Aorker Democrat, gegründet von Bamburner, die Neu-Aorker
Staatszeitung, gegründet von Hunter, der Cincinnati Republiean, der Whig
zu Se. Louis, Anzeiger des Westens zu Benton, der Pioneer, ein radicales
Blatt zu Louisville und der Cincinnati Wahrheitsfreund, ein katholisches Or¬
gan, mögen als die leitenden Blätter angesehen werden. Die frühzeitige
Gründung einer deutschen Presse jenseit des Oceans, ihre schnelle Entwick¬
lung und bedeutsames Anwachsen zeigt welchen Einfluß, sie ausübt, und
welch größerett sie noch ausüben kann, und zwar auch in unserem speciellen
Interesse, wenn ihr vom großen Mutterlande die nöthige Aufmerksamkeit
und moralische Unterstützung zugewandt wird. Man sollte dies jetzt, wo wir
uns zu einem, der amerikanischen Union ähnlichen einheitlichen Staat empor¬
geschwungen, nicht außer acht lassen, man sollte den Brüdern drüben über
dem Meer in ihrem Thun und Treiben eine größere Aufmerksamkeit als
bisher schenken, um so mehr, da diese an unseren Geschicken eine so große
Theilnahme schon seit Jahren gezeigt haben und nicht etwa erst seit dem letz¬
ten Kriege. Man nehme nur die von der PostVerwaltung veröffentlichten
statistischen Tabellen in die Hand und lese die Zahlen der von Deutschland


ist auch alles. Die Sympathien Frankreichs während des Bürgerkrieges für
die Secessionisten, sowie die Expedition nach Mexiko, haben den Rest von
Zuneigung verwischt, der noch für die Franzosen in den Vereinigten Staaten
herrschte; will man sich davon überzeugen, dann lese man nur die öffentlichen
Erlasse der Generale, die an der mexikanischen Grenze standen, lese die Aus¬
drücke, die damals wie heute aus Kosten der großen Nation in Zeitungen,
wie an officiellen Orten ausgesprochen werden. Männer wie Stender, Pre¬
diger Weiß zu Boston, Bohlen und Schurz, haben dem deutschen Elemente
und der deutschen Nation in der Union einen Einfluß und eine Achtung ver¬
schafft, gegen welche kein anderes Volk sich messen kann.

Wie hoch sich jetzt die Zahl der deutschen Blätter beläuft, vermögen wir
nicht mit Sicherheit anzugeben, da bis zum Augenblick, wo wir dies schreiben,
uns noch keine Details über den Census zugegangen sind, der im vorigen
Jahre, dem Gebrauche gemäß, hätte vorgenommen werden müssen; es geschieht
dies nämlich alle 10 Jahre, weshalb die letzten statistischen Angaben von
1860 sind. Doch so viel wissen wir, daß vier große deutsche Tagesblätter
zu Cincinnati, drei je zu Neu-Uork, Philadelphia, Milwaukie, Se. Louis, zwei
je zu Pittsburg, Baltimore und Neu-Orleans, und eines je zu Louisville,,
Belleville, und Newark erscheinen. Der „Adler", die älteste deutsche Zeitung
in den Vereinigten Staaten wird zu Reading in Pennsylvanien herausgegeben
und ward vor 86 Jahren gegründet. Das nächste im Alter ist das Lan-
caster Whig-Paper zu Lancaster in Pennsylyanien, es zählt 46 Jahre, und
ohngefähr 30 Zeitungen sind in den Jahren von 1830—60 gegründet wor¬
den. Der Neu-Aorker Democrat, gegründet von Bamburner, die Neu-Aorker
Staatszeitung, gegründet von Hunter, der Cincinnati Republiean, der Whig
zu Se. Louis, Anzeiger des Westens zu Benton, der Pioneer, ein radicales
Blatt zu Louisville und der Cincinnati Wahrheitsfreund, ein katholisches Or¬
gan, mögen als die leitenden Blätter angesehen werden. Die frühzeitige
Gründung einer deutschen Presse jenseit des Oceans, ihre schnelle Entwick¬
lung und bedeutsames Anwachsen zeigt welchen Einfluß, sie ausübt, und
welch größerett sie noch ausüben kann, und zwar auch in unserem speciellen
Interesse, wenn ihr vom großen Mutterlande die nöthige Aufmerksamkeit
und moralische Unterstützung zugewandt wird. Man sollte dies jetzt, wo wir
uns zu einem, der amerikanischen Union ähnlichen einheitlichen Staat empor¬
geschwungen, nicht außer acht lassen, man sollte den Brüdern drüben über
dem Meer in ihrem Thun und Treiben eine größere Aufmerksamkeit als
bisher schenken, um so mehr, da diese an unseren Geschicken eine so große
Theilnahme schon seit Jahren gezeigt haben und nicht etwa erst seit dem letz¬
ten Kriege. Man nehme nur die von der PostVerwaltung veröffentlichten
statistischen Tabellen in die Hand und lese die Zahlen der von Deutschland


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126790"/>
          <p xml:id="ID_1544" prev="#ID_1543"> ist auch alles. Die Sympathien Frankreichs während des Bürgerkrieges für<lb/>
die Secessionisten, sowie die Expedition nach Mexiko, haben den Rest von<lb/>
Zuneigung verwischt, der noch für die Franzosen in den Vereinigten Staaten<lb/>
herrschte; will man sich davon überzeugen, dann lese man nur die öffentlichen<lb/>
Erlasse der Generale, die an der mexikanischen Grenze standen, lese die Aus¬<lb/>
drücke, die damals wie heute aus Kosten der großen Nation in Zeitungen,<lb/>
wie an officiellen Orten ausgesprochen werden. Männer wie Stender, Pre¬<lb/>
diger Weiß zu Boston, Bohlen und Schurz, haben dem deutschen Elemente<lb/>
und der deutschen Nation in der Union einen Einfluß und eine Achtung ver¬<lb/>
schafft, gegen welche kein anderes Volk sich messen kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1545" next="#ID_1546"> Wie hoch sich jetzt die Zahl der deutschen Blätter beläuft, vermögen wir<lb/>
nicht mit Sicherheit anzugeben, da bis zum Augenblick, wo wir dies schreiben,<lb/>
uns noch keine Details über den Census zugegangen sind, der im vorigen<lb/>
Jahre, dem Gebrauche gemäß, hätte vorgenommen werden müssen; es geschieht<lb/>
dies nämlich alle 10 Jahre, weshalb die letzten statistischen Angaben von<lb/>
1860 sind. Doch so viel wissen wir, daß vier große deutsche Tagesblätter<lb/>
zu Cincinnati, drei je zu Neu-Uork, Philadelphia, Milwaukie, Se. Louis, zwei<lb/>
je zu Pittsburg, Baltimore und Neu-Orleans, und eines je zu Louisville,,<lb/>
Belleville, und Newark erscheinen. Der &#x201E;Adler", die älteste deutsche Zeitung<lb/>
in den Vereinigten Staaten wird zu Reading in Pennsylvanien herausgegeben<lb/>
und ward vor 86 Jahren gegründet. Das nächste im Alter ist das Lan-<lb/>
caster Whig-Paper zu Lancaster in Pennsylyanien, es zählt 46 Jahre, und<lb/>
ohngefähr 30 Zeitungen sind in den Jahren von 1830&#x2014;60 gegründet wor¬<lb/>
den. Der Neu-Aorker Democrat, gegründet von Bamburner, die Neu-Aorker<lb/>
Staatszeitung, gegründet von Hunter, der Cincinnati Republiean, der Whig<lb/>
zu Se. Louis, Anzeiger des Westens zu Benton, der Pioneer, ein radicales<lb/>
Blatt zu Louisville und der Cincinnati Wahrheitsfreund, ein katholisches Or¬<lb/>
gan, mögen als die leitenden Blätter angesehen werden. Die frühzeitige<lb/>
Gründung einer deutschen Presse jenseit des Oceans, ihre schnelle Entwick¬<lb/>
lung und bedeutsames Anwachsen zeigt welchen Einfluß, sie ausübt, und<lb/>
welch größerett sie noch ausüben kann, und zwar auch in unserem speciellen<lb/>
Interesse, wenn ihr vom großen Mutterlande die nöthige Aufmerksamkeit<lb/>
und moralische Unterstützung zugewandt wird. Man sollte dies jetzt, wo wir<lb/>
uns zu einem, der amerikanischen Union ähnlichen einheitlichen Staat empor¬<lb/>
geschwungen, nicht außer acht lassen, man sollte den Brüdern drüben über<lb/>
dem Meer in ihrem Thun und Treiben eine größere Aufmerksamkeit als<lb/>
bisher schenken, um so mehr, da diese an unseren Geschicken eine so große<lb/>
Theilnahme schon seit Jahren gezeigt haben und nicht etwa erst seit dem letz¬<lb/>
ten Kriege. Man nehme nur die von der PostVerwaltung veröffentlichten<lb/>
statistischen Tabellen in die Hand und lese die Zahlen der von Deutschland</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0514] ist auch alles. Die Sympathien Frankreichs während des Bürgerkrieges für die Secessionisten, sowie die Expedition nach Mexiko, haben den Rest von Zuneigung verwischt, der noch für die Franzosen in den Vereinigten Staaten herrschte; will man sich davon überzeugen, dann lese man nur die öffentlichen Erlasse der Generale, die an der mexikanischen Grenze standen, lese die Aus¬ drücke, die damals wie heute aus Kosten der großen Nation in Zeitungen, wie an officiellen Orten ausgesprochen werden. Männer wie Stender, Pre¬ diger Weiß zu Boston, Bohlen und Schurz, haben dem deutschen Elemente und der deutschen Nation in der Union einen Einfluß und eine Achtung ver¬ schafft, gegen welche kein anderes Volk sich messen kann. Wie hoch sich jetzt die Zahl der deutschen Blätter beläuft, vermögen wir nicht mit Sicherheit anzugeben, da bis zum Augenblick, wo wir dies schreiben, uns noch keine Details über den Census zugegangen sind, der im vorigen Jahre, dem Gebrauche gemäß, hätte vorgenommen werden müssen; es geschieht dies nämlich alle 10 Jahre, weshalb die letzten statistischen Angaben von 1860 sind. Doch so viel wissen wir, daß vier große deutsche Tagesblätter zu Cincinnati, drei je zu Neu-Uork, Philadelphia, Milwaukie, Se. Louis, zwei je zu Pittsburg, Baltimore und Neu-Orleans, und eines je zu Louisville,, Belleville, und Newark erscheinen. Der „Adler", die älteste deutsche Zeitung in den Vereinigten Staaten wird zu Reading in Pennsylvanien herausgegeben und ward vor 86 Jahren gegründet. Das nächste im Alter ist das Lan- caster Whig-Paper zu Lancaster in Pennsylyanien, es zählt 46 Jahre, und ohngefähr 30 Zeitungen sind in den Jahren von 1830—60 gegründet wor¬ den. Der Neu-Aorker Democrat, gegründet von Bamburner, die Neu-Aorker Staatszeitung, gegründet von Hunter, der Cincinnati Republiean, der Whig zu Se. Louis, Anzeiger des Westens zu Benton, der Pioneer, ein radicales Blatt zu Louisville und der Cincinnati Wahrheitsfreund, ein katholisches Or¬ gan, mögen als die leitenden Blätter angesehen werden. Die frühzeitige Gründung einer deutschen Presse jenseit des Oceans, ihre schnelle Entwick¬ lung und bedeutsames Anwachsen zeigt welchen Einfluß, sie ausübt, und welch größerett sie noch ausüben kann, und zwar auch in unserem speciellen Interesse, wenn ihr vom großen Mutterlande die nöthige Aufmerksamkeit und moralische Unterstützung zugewandt wird. Man sollte dies jetzt, wo wir uns zu einem, der amerikanischen Union ähnlichen einheitlichen Staat empor¬ geschwungen, nicht außer acht lassen, man sollte den Brüdern drüben über dem Meer in ihrem Thun und Treiben eine größere Aufmerksamkeit als bisher schenken, um so mehr, da diese an unseren Geschicken eine so große Theilnahme schon seit Jahren gezeigt haben und nicht etwa erst seit dem letz¬ ten Kriege. Man nehme nur die von der PostVerwaltung veröffentlichten statistischen Tabellen in die Hand und lese die Zahlen der von Deutschland

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/514
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/514>, abgerufen am 24.07.2024.