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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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zu Cincinnati; Whig zu Richmond in Virginien; Louisville Journal zu Louis-
ville und Republican zu Se. Louis, würden eine Zierde der Tagespresse in
jedem Lande sein. Unter den werthvollen Wochenblättern verdienen the Home
Journal und Independent zu Neu-Uork; Saturday Evening-Post und Episcopal
Recorder zu Philadelphia; Telegraph zu Germantown und Scientific American
zu Neu-Uork besondere Erwähnung. Wir könnten, wenn die Oekonomie
dieses Blattes erlaubte, diese Liste noch um das Doppelte ausdehnen, doch
wir meinen, daß das Angeführte genügen wird, und können nur wünschen,
daß man in Zukunft im großen deutschen Vaterlande mehr denn bisher sich
mit den Leiden und Freuden, mit den Institutionen und dem Entwicklungs¬
gange des großen, freien, uns stammverwandten Volkes jenseit des Oceans,
wo Millionen unserer Brüder sich angesiedelt haben, die bis zur letzten Faser
ihres Herzens deutsch geblieben sind, beschäftigen möge.

Wir können unsere Arbeit jedoch nicht schließen, ohne einen Blick auf
die große Unterabtheilung der amerikanischen Presse, auf die deutsche Presse
in den Vereinigten Staaten zu werfen, denn eine andere gibt es neben der
in englischer Sprache abgefaßten nicht, Wir haben gesehen, daß schon vor
dem Jahre 1740 zwei deutsche Zeitungen, und- zwar in Pennsylvanien exi-
stirten; noch ehe die Revolution ausbrach, hatte sich die Zahl in der soeben
erwähnten Colonie auf 6 vermehrt, neben 7 Blättern in englischer Sprache:
darunter Miller's German Paper, Sauer's (Sower's) German Paper zu
Germantown, English und German Paper zu Lancaster von Lehn u. Co.,
der Adler zu Reading.

Seit dieser Zeit nun hat die deutsche Presse mit der englisch-amerikani¬
schen relativ gleichen Schritt gehalten und so finden wir denn im Jahre 1805
auf dem Territorium der Vereinigten Staaten nicht weniger als 133 große
deutsche Zeitungen, von denen die älteste das ehrwürdige Alter von 65 Jah¬
ren hatte, heute also 86 Jahre zählt. Dagegen gab es nur eine italienische
Zeitung und vier französische, von denen eine zu Neu-Iork, zwei zu Neu-
Orleans, und eine zu Nauvoo veröffentlicht wurden; letztere war das Organ
der von Frankreich mit dem Demagogen Cabet ausgewanderten "Ikarier",
ein deutliches Zeichen der Beschränkung ihres Leserkreises. Dieses fast gänz¬
liche Fehlen französischer Zeitungen in Nordamerika ist ein anderer schlagender
Beweis für die Behauptung, welche Rudolf Dohm bei der Kritik des sonst vor¬
trefflichen Werkes von Laboulaye über die amerikanische Union macht. Er
sagt ganz richtig, daß Laboulahe's Meinung, die Franzosen seien in den Ver¬
einigten Staaten vor allen anderen Völkern geliebt, auf einem Irrthum be¬
ruhe. Lafayette und andere französische Helden gehören in der Union, wo
die Geschichte mit Riesenschritten geht, bereits dem Zeitalter der Heroen an:
gewiß erinnert man sich ihrer und liebt sie als historische Figuren, aber das


GrmMen U. 1871. 64

zu Cincinnati; Whig zu Richmond in Virginien; Louisville Journal zu Louis-
ville und Republican zu Se. Louis, würden eine Zierde der Tagespresse in
jedem Lande sein. Unter den werthvollen Wochenblättern verdienen the Home
Journal und Independent zu Neu-Uork; Saturday Evening-Post und Episcopal
Recorder zu Philadelphia; Telegraph zu Germantown und Scientific American
zu Neu-Uork besondere Erwähnung. Wir könnten, wenn die Oekonomie
dieses Blattes erlaubte, diese Liste noch um das Doppelte ausdehnen, doch
wir meinen, daß das Angeführte genügen wird, und können nur wünschen,
daß man in Zukunft im großen deutschen Vaterlande mehr denn bisher sich
mit den Leiden und Freuden, mit den Institutionen und dem Entwicklungs¬
gange des großen, freien, uns stammverwandten Volkes jenseit des Oceans,
wo Millionen unserer Brüder sich angesiedelt haben, die bis zur letzten Faser
ihres Herzens deutsch geblieben sind, beschäftigen möge.

Wir können unsere Arbeit jedoch nicht schließen, ohne einen Blick auf
die große Unterabtheilung der amerikanischen Presse, auf die deutsche Presse
in den Vereinigten Staaten zu werfen, denn eine andere gibt es neben der
in englischer Sprache abgefaßten nicht, Wir haben gesehen, daß schon vor
dem Jahre 1740 zwei deutsche Zeitungen, und- zwar in Pennsylvanien exi-
stirten; noch ehe die Revolution ausbrach, hatte sich die Zahl in der soeben
erwähnten Colonie auf 6 vermehrt, neben 7 Blättern in englischer Sprache:
darunter Miller's German Paper, Sauer's (Sower's) German Paper zu
Germantown, English und German Paper zu Lancaster von Lehn u. Co.,
der Adler zu Reading.

Seit dieser Zeit nun hat die deutsche Presse mit der englisch-amerikani¬
schen relativ gleichen Schritt gehalten und so finden wir denn im Jahre 1805
auf dem Territorium der Vereinigten Staaten nicht weniger als 133 große
deutsche Zeitungen, von denen die älteste das ehrwürdige Alter von 65 Jah¬
ren hatte, heute also 86 Jahre zählt. Dagegen gab es nur eine italienische
Zeitung und vier französische, von denen eine zu Neu-Iork, zwei zu Neu-
Orleans, und eine zu Nauvoo veröffentlicht wurden; letztere war das Organ
der von Frankreich mit dem Demagogen Cabet ausgewanderten „Ikarier",
ein deutliches Zeichen der Beschränkung ihres Leserkreises. Dieses fast gänz¬
liche Fehlen französischer Zeitungen in Nordamerika ist ein anderer schlagender
Beweis für die Behauptung, welche Rudolf Dohm bei der Kritik des sonst vor¬
trefflichen Werkes von Laboulaye über die amerikanische Union macht. Er
sagt ganz richtig, daß Laboulahe's Meinung, die Franzosen seien in den Ver¬
einigten Staaten vor allen anderen Völkern geliebt, auf einem Irrthum be¬
ruhe. Lafayette und andere französische Helden gehören in der Union, wo
die Geschichte mit Riesenschritten geht, bereits dem Zeitalter der Heroen an:
gewiß erinnert man sich ihrer und liebt sie als historische Figuren, aber das


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[0513] zu Cincinnati; Whig zu Richmond in Virginien; Louisville Journal zu Louis- ville und Republican zu Se. Louis, würden eine Zierde der Tagespresse in jedem Lande sein. Unter den werthvollen Wochenblättern verdienen the Home Journal und Independent zu Neu-Uork; Saturday Evening-Post und Episcopal Recorder zu Philadelphia; Telegraph zu Germantown und Scientific American zu Neu-Uork besondere Erwähnung. Wir könnten, wenn die Oekonomie dieses Blattes erlaubte, diese Liste noch um das Doppelte ausdehnen, doch wir meinen, daß das Angeführte genügen wird, und können nur wünschen, daß man in Zukunft im großen deutschen Vaterlande mehr denn bisher sich mit den Leiden und Freuden, mit den Institutionen und dem Entwicklungs¬ gange des großen, freien, uns stammverwandten Volkes jenseit des Oceans, wo Millionen unserer Brüder sich angesiedelt haben, die bis zur letzten Faser ihres Herzens deutsch geblieben sind, beschäftigen möge. Wir können unsere Arbeit jedoch nicht schließen, ohne einen Blick auf die große Unterabtheilung der amerikanischen Presse, auf die deutsche Presse in den Vereinigten Staaten zu werfen, denn eine andere gibt es neben der in englischer Sprache abgefaßten nicht, Wir haben gesehen, daß schon vor dem Jahre 1740 zwei deutsche Zeitungen, und- zwar in Pennsylvanien exi- stirten; noch ehe die Revolution ausbrach, hatte sich die Zahl in der soeben erwähnten Colonie auf 6 vermehrt, neben 7 Blättern in englischer Sprache: darunter Miller's German Paper, Sauer's (Sower's) German Paper zu Germantown, English und German Paper zu Lancaster von Lehn u. Co., der Adler zu Reading. Seit dieser Zeit nun hat die deutsche Presse mit der englisch-amerikani¬ schen relativ gleichen Schritt gehalten und so finden wir denn im Jahre 1805 auf dem Territorium der Vereinigten Staaten nicht weniger als 133 große deutsche Zeitungen, von denen die älteste das ehrwürdige Alter von 65 Jah¬ ren hatte, heute also 86 Jahre zählt. Dagegen gab es nur eine italienische Zeitung und vier französische, von denen eine zu Neu-Iork, zwei zu Neu- Orleans, und eine zu Nauvoo veröffentlicht wurden; letztere war das Organ der von Frankreich mit dem Demagogen Cabet ausgewanderten „Ikarier", ein deutliches Zeichen der Beschränkung ihres Leserkreises. Dieses fast gänz¬ liche Fehlen französischer Zeitungen in Nordamerika ist ein anderer schlagender Beweis für die Behauptung, welche Rudolf Dohm bei der Kritik des sonst vor¬ trefflichen Werkes von Laboulaye über die amerikanische Union macht. Er sagt ganz richtig, daß Laboulahe's Meinung, die Franzosen seien in den Ver¬ einigten Staaten vor allen anderen Völkern geliebt, auf einem Irrthum be¬ ruhe. Lafayette und andere französische Helden gehören in der Union, wo die Geschichte mit Riesenschritten geht, bereits dem Zeitalter der Heroen an: gewiß erinnert man sich ihrer und liebt sie als historische Figuren, aber das GrmMen U. 1871. 64

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/513>, abgerufen am 25.07.2024.