Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.ren, daß wir ohne Gefahr die fremdartige Masse in uns aufnehmen können. ^. II--t2. Berliner Ariefe. Die östreichischen und besonders die Wiener ren, daß wir ohne Gefahr die fremdartige Masse in uns aufnehmen können. ^. II—t2. Berliner Ariefe. Die östreichischen und besonders die Wiener <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0287" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126563"/> <p xml:id="ID_899" prev="#ID_898"> ren, daß wir ohne Gefahr die fremdartige Masse in uns aufnehmen können.<lb/> „Fremdartig" sagte Görres und mit Recht! Denn dreierlei Elemente be¬<lb/> kämpften sich damals im geistigen Leben des Elsasses: das provincielle, das<lb/> deutsche und das sich nur in Hemmungen erweisende, nur im Costüm der<lb/> Bildung sich zeigende französische. Ausführlich wird dies, sowie die konse¬<lb/> quente Zurücksetzung der Elsässer durch jede französische Regierung nachgewie¬<lb/> sen, vornehmlich in konfessionellen und Schülfragen. Treffend wird dann auch<lb/> der Nachweis geliefert, welchen Niedergang die französische Wirthschaft im<lb/> geistigen Leben hervorgebracht und welches Loos der altberühmten Straßbur-<lb/> ger Universität zu Theil ward. Wie eine Befreiung aus unwürdigen, schä¬<lb/> digenden Verhältnissen muß dem denkenden Elsässer die Wiedervereinigung mit<lb/> dem mittlerweile so groß und mächtig gewordenen deutschen Volks- und<lb/> Staatskörper sein. Und so ist uns denn auch nicht bange um die endliche<lb/> völlige Vereinigung der verlorenen und wiedergewonnenen Stämme mit dem<lb/> Muttervolke. Es ist uns auch darum nicht bange, daß der elsässische trieb¬<lb/> kräftige Geist es aufs Neue wieder zu geistigen Blüthen ersten Ranges bringen<lb/> wird. Daß der „verlorene Sohn" sich aber im Vaterhause heimisch suhlen<lb/> werde, dafür bürgen, irre ich mich nicht -— jetzt schon Anzeichen genug.</p><lb/> <note type="byline"> ^. II—t2.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Berliner Ariefe.</head><lb/> <p xml:id="ID_900" next="#ID_901"> Die östreichischen und besonders die Wiener<lb/> Blätter beschäftigen sich viel mit der Zusammenkunft der Kaiser von Deutsch¬<lb/> land und Oestreich, die in diesen Tagen in Gastein oder in irgend einem an¬<lb/> dern Orte, den Kaiser Wilhelm aus seiner Reise nach dem heilkräftigen Wild¬<lb/> bad berührt, stattfinden soll. Hier erregt die Zusammenkunft wenig Interesse.<lb/> Der Grund dieser verschiedenen Auffassung liegt in der Gleichgültigkeit, mit<lb/> welcher man hier, so unmittelbar nach dem gewaltigsten Kriege, selbst die<lb/> Diplomatie betrachtet und noch mehr eine Zusammenkunft, von welcher allem<lb/> Anschein nach die Diplomaten und die Diplomatie ausgeschlossen sein werden,<lb/> während in Oestreich die brennende Nationalitätensrage gerade bei diesem An¬<lb/> lasse wieder mächtig angefacht wird. Die Deutschen in Oestreich sehen in der<lb/> Annäherung der beiden Monarchen ein Pfand dafür, daß ihre Rechte etwas<lb/> mehr als bisher werden geachtet werden und die Slawen geben sich die Miene,<lb/> als glaubten sie an eine furchtbare Verschwörung, welche aus dieser Zusam¬<lb/> menkunft hervorgehen könne, um den Deutschen in Oestreich wieder zur Herr¬<lb/> schaft zu verhelfen. Jene Hoffnungen, wie diese Befürchtungen sind gleich<lb/> grundlos. Die Zusammenkunft kann für die europäische Politik eine Bedeu¬<lb/> tung haben, auf die innere Politik Oestreichs wird sie sicherlich keinen Ein¬<lb/> fluß üben. Die Deutschen in Oestreich sind zahlreich' genug, um selbst<lb/> ihre Rechte zu schützen, wenn sie es nur an Energie und Einigkeit nicht<lb/> fehlen lassen und für die östreichische Regierung liegen so gewichtige Gründe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0287]
ren, daß wir ohne Gefahr die fremdartige Masse in uns aufnehmen können.
„Fremdartig" sagte Görres und mit Recht! Denn dreierlei Elemente be¬
kämpften sich damals im geistigen Leben des Elsasses: das provincielle, das
deutsche und das sich nur in Hemmungen erweisende, nur im Costüm der
Bildung sich zeigende französische. Ausführlich wird dies, sowie die konse¬
quente Zurücksetzung der Elsässer durch jede französische Regierung nachgewie¬
sen, vornehmlich in konfessionellen und Schülfragen. Treffend wird dann auch
der Nachweis geliefert, welchen Niedergang die französische Wirthschaft im
geistigen Leben hervorgebracht und welches Loos der altberühmten Straßbur-
ger Universität zu Theil ward. Wie eine Befreiung aus unwürdigen, schä¬
digenden Verhältnissen muß dem denkenden Elsässer die Wiedervereinigung mit
dem mittlerweile so groß und mächtig gewordenen deutschen Volks- und
Staatskörper sein. Und so ist uns denn auch nicht bange um die endliche
völlige Vereinigung der verlorenen und wiedergewonnenen Stämme mit dem
Muttervolke. Es ist uns auch darum nicht bange, daß der elsässische trieb¬
kräftige Geist es aufs Neue wieder zu geistigen Blüthen ersten Ranges bringen
wird. Daß der „verlorene Sohn" sich aber im Vaterhause heimisch suhlen
werde, dafür bürgen, irre ich mich nicht -— jetzt schon Anzeichen genug.
^. II—t2.
Berliner Ariefe.
Die östreichischen und besonders die Wiener
Blätter beschäftigen sich viel mit der Zusammenkunft der Kaiser von Deutsch¬
land und Oestreich, die in diesen Tagen in Gastein oder in irgend einem an¬
dern Orte, den Kaiser Wilhelm aus seiner Reise nach dem heilkräftigen Wild¬
bad berührt, stattfinden soll. Hier erregt die Zusammenkunft wenig Interesse.
Der Grund dieser verschiedenen Auffassung liegt in der Gleichgültigkeit, mit
welcher man hier, so unmittelbar nach dem gewaltigsten Kriege, selbst die
Diplomatie betrachtet und noch mehr eine Zusammenkunft, von welcher allem
Anschein nach die Diplomaten und die Diplomatie ausgeschlossen sein werden,
während in Oestreich die brennende Nationalitätensrage gerade bei diesem An¬
lasse wieder mächtig angefacht wird. Die Deutschen in Oestreich sehen in der
Annäherung der beiden Monarchen ein Pfand dafür, daß ihre Rechte etwas
mehr als bisher werden geachtet werden und die Slawen geben sich die Miene,
als glaubten sie an eine furchtbare Verschwörung, welche aus dieser Zusam¬
menkunft hervorgehen könne, um den Deutschen in Oestreich wieder zur Herr¬
schaft zu verhelfen. Jene Hoffnungen, wie diese Befürchtungen sind gleich
grundlos. Die Zusammenkunft kann für die europäische Politik eine Bedeu¬
tung haben, auf die innere Politik Oestreichs wird sie sicherlich keinen Ein¬
fluß üben. Die Deutschen in Oestreich sind zahlreich' genug, um selbst
ihre Rechte zu schützen, wenn sie es nur an Energie und Einigkeit nicht
fehlen lassen und für die östreichische Regierung liegen so gewichtige Gründe
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |