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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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ren des Herrn Thiers und seiner Bluthunde zu finden, muß man in die
Zeiten Sullas und der beiden Triumvirate in Rom zurückgehen/'

"Bei allen ihren blutigen Triumphen über die opfermuthigen Vorkäm¬
pfer einer neuen und besseren Gesellschaft erstickt diese ruchlose Civilisation das
Aechzen ihrer Opfer in einem Schwall von Schmähung, der über die ganze
Welt vom Echo wiederholt wird. Das heiter lächelnde Paris der Arbeiter
und der Commune wird plötzlich durch die Bluthunde der "Ordnung" in ein
Pandämonium verwandelt. Und was beweist diese fürchterliche Veränderung
dem Bourgeois-Verstände aller Länder? Je nun, daß die Commune sich gegen
die Civilisation verschworen hat. Das Volk von Paris stirbt begeistert für
die Commune in Zahlen, wie sie keine Schlacht der Geschichte aufweist. Was
beweist das? Je nun, daß die Commune nicht die wahre Regierung des Vol¬
kes war, sondern die Anmaßung einer Hand voll Verbrecher. Die Frauen
geben freudig ihr Leben hin auf Barrikaden und Hinrichtungsplätzen. Was
beweist dieses? Nun was weiter, als daß der Dämon der Commune sie in
Megären und Hekaten verwandelt hat. Die Mäßigung der Commune wäh¬
rend der beiden Monate, wo sie unbestritten herrschte, kommt nur dem Hel¬
denmuth ihrer Vertheidigung gleich. Was beweist das? Nun, daß die Com¬
mune monatelang sorgfältig unter einer Maske von Mäßigung und Mensch¬
lichkeit den Blutdurst ihrer teuflischen Triebe verbarg, dem sie in der Stunde
ihres Todeskampfes freien Lauf ließ."

"Das Paris der Arbeiter schloß in den heroischen Opferact seiner Selbst¬
verbrennung Gebäude und Denkmäler ein. Während die Beherrscher des
Proletariats dasselbe bei lebendigem Leibe in Stücke zerrissen, durften sie nicht
mehr erwarten, triumphirend in den unversehrten Bau ihrer Wohnungen ein¬
zuziehen. Die Negierung von Versailles schreit.- ."Mordbrennerei!" und
flüstert dieses Stichwort allen ihren Agenten bis in das entlegenste Dörfchen
zu, damit sie auf ihre Feinde als handwerksmäßige Mordbrenner allenthalben
Jagd machen. Die Bourgeoisie der ganzen Welt, welche wohlgefällig auf
das Massengemetzel nach der Schlacht blickt, kriegt Krämpfe über die EntHei¬
ligung von Mörtel und Ziegelsteinen. Wenn Regierungen ihren Flotten von
Staatswegen die Erlaubniß geben, zu "tödten, zu verbrennen und zu zer¬
stören," ist das eine Erlaubniß zur Mordbrennerei? Als die britischen Trup¬
pen das Capital zu Washington und die Sommerresidenz des chinesischen Kai¬
sers muthwillig in Brand steckten, war das Mordbrennerei? Als Thiers
Paris sechs Wochen lang bombardirte unter dem Vorwande, nur solche Häu¬
ser niederbrennen zu wollen, in denen sich Leute befänden, war das Mord¬
brennerei? Im Kriege ist Feuer eine gesetzlich ebenso erlaubte Waffe wie jede
andere. Vom Feinde besetzte Häuser werden mit Bomben beworfen, um sie
in Brand zu stecken. Müssen ihre Vertheidiger sich zurückziehen, so setzen sie


ren des Herrn Thiers und seiner Bluthunde zu finden, muß man in die
Zeiten Sullas und der beiden Triumvirate in Rom zurückgehen/'

„Bei allen ihren blutigen Triumphen über die opfermuthigen Vorkäm¬
pfer einer neuen und besseren Gesellschaft erstickt diese ruchlose Civilisation das
Aechzen ihrer Opfer in einem Schwall von Schmähung, der über die ganze
Welt vom Echo wiederholt wird. Das heiter lächelnde Paris der Arbeiter
und der Commune wird plötzlich durch die Bluthunde der „Ordnung" in ein
Pandämonium verwandelt. Und was beweist diese fürchterliche Veränderung
dem Bourgeois-Verstände aller Länder? Je nun, daß die Commune sich gegen
die Civilisation verschworen hat. Das Volk von Paris stirbt begeistert für
die Commune in Zahlen, wie sie keine Schlacht der Geschichte aufweist. Was
beweist das? Je nun, daß die Commune nicht die wahre Regierung des Vol¬
kes war, sondern die Anmaßung einer Hand voll Verbrecher. Die Frauen
geben freudig ihr Leben hin auf Barrikaden und Hinrichtungsplätzen. Was
beweist dieses? Nun was weiter, als daß der Dämon der Commune sie in
Megären und Hekaten verwandelt hat. Die Mäßigung der Commune wäh¬
rend der beiden Monate, wo sie unbestritten herrschte, kommt nur dem Hel¬
denmuth ihrer Vertheidigung gleich. Was beweist das? Nun, daß die Com¬
mune monatelang sorgfältig unter einer Maske von Mäßigung und Mensch¬
lichkeit den Blutdurst ihrer teuflischen Triebe verbarg, dem sie in der Stunde
ihres Todeskampfes freien Lauf ließ."

„Das Paris der Arbeiter schloß in den heroischen Opferact seiner Selbst¬
verbrennung Gebäude und Denkmäler ein. Während die Beherrscher des
Proletariats dasselbe bei lebendigem Leibe in Stücke zerrissen, durften sie nicht
mehr erwarten, triumphirend in den unversehrten Bau ihrer Wohnungen ein¬
zuziehen. Die Negierung von Versailles schreit.- .„Mordbrennerei!" und
flüstert dieses Stichwort allen ihren Agenten bis in das entlegenste Dörfchen
zu, damit sie auf ihre Feinde als handwerksmäßige Mordbrenner allenthalben
Jagd machen. Die Bourgeoisie der ganzen Welt, welche wohlgefällig auf
das Massengemetzel nach der Schlacht blickt, kriegt Krämpfe über die EntHei¬
ligung von Mörtel und Ziegelsteinen. Wenn Regierungen ihren Flotten von
Staatswegen die Erlaubniß geben, zu „tödten, zu verbrennen und zu zer¬
stören," ist das eine Erlaubniß zur Mordbrennerei? Als die britischen Trup¬
pen das Capital zu Washington und die Sommerresidenz des chinesischen Kai¬
sers muthwillig in Brand steckten, war das Mordbrennerei? Als Thiers
Paris sechs Wochen lang bombardirte unter dem Vorwande, nur solche Häu¬
ser niederbrennen zu wollen, in denen sich Leute befänden, war das Mord¬
brennerei? Im Kriege ist Feuer eine gesetzlich ebenso erlaubte Waffe wie jede
andere. Vom Feinde besetzte Häuser werden mit Bomben beworfen, um sie
in Brand zu stecken. Müssen ihre Vertheidiger sich zurückziehen, so setzen sie


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[0144] ren des Herrn Thiers und seiner Bluthunde zu finden, muß man in die Zeiten Sullas und der beiden Triumvirate in Rom zurückgehen/' „Bei allen ihren blutigen Triumphen über die opfermuthigen Vorkäm¬ pfer einer neuen und besseren Gesellschaft erstickt diese ruchlose Civilisation das Aechzen ihrer Opfer in einem Schwall von Schmähung, der über die ganze Welt vom Echo wiederholt wird. Das heiter lächelnde Paris der Arbeiter und der Commune wird plötzlich durch die Bluthunde der „Ordnung" in ein Pandämonium verwandelt. Und was beweist diese fürchterliche Veränderung dem Bourgeois-Verstände aller Länder? Je nun, daß die Commune sich gegen die Civilisation verschworen hat. Das Volk von Paris stirbt begeistert für die Commune in Zahlen, wie sie keine Schlacht der Geschichte aufweist. Was beweist das? Je nun, daß die Commune nicht die wahre Regierung des Vol¬ kes war, sondern die Anmaßung einer Hand voll Verbrecher. Die Frauen geben freudig ihr Leben hin auf Barrikaden und Hinrichtungsplätzen. Was beweist dieses? Nun was weiter, als daß der Dämon der Commune sie in Megären und Hekaten verwandelt hat. Die Mäßigung der Commune wäh¬ rend der beiden Monate, wo sie unbestritten herrschte, kommt nur dem Hel¬ denmuth ihrer Vertheidigung gleich. Was beweist das? Nun, daß die Com¬ mune monatelang sorgfältig unter einer Maske von Mäßigung und Mensch¬ lichkeit den Blutdurst ihrer teuflischen Triebe verbarg, dem sie in der Stunde ihres Todeskampfes freien Lauf ließ." „Das Paris der Arbeiter schloß in den heroischen Opferact seiner Selbst¬ verbrennung Gebäude und Denkmäler ein. Während die Beherrscher des Proletariats dasselbe bei lebendigem Leibe in Stücke zerrissen, durften sie nicht mehr erwarten, triumphirend in den unversehrten Bau ihrer Wohnungen ein¬ zuziehen. Die Negierung von Versailles schreit.- .„Mordbrennerei!" und flüstert dieses Stichwort allen ihren Agenten bis in das entlegenste Dörfchen zu, damit sie auf ihre Feinde als handwerksmäßige Mordbrenner allenthalben Jagd machen. Die Bourgeoisie der ganzen Welt, welche wohlgefällig auf das Massengemetzel nach der Schlacht blickt, kriegt Krämpfe über die EntHei¬ ligung von Mörtel und Ziegelsteinen. Wenn Regierungen ihren Flotten von Staatswegen die Erlaubniß geben, zu „tödten, zu verbrennen und zu zer¬ stören," ist das eine Erlaubniß zur Mordbrennerei? Als die britischen Trup¬ pen das Capital zu Washington und die Sommerresidenz des chinesischen Kai¬ sers muthwillig in Brand steckten, war das Mordbrennerei? Als Thiers Paris sechs Wochen lang bombardirte unter dem Vorwande, nur solche Häu¬ ser niederbrennen zu wollen, in denen sich Leute befänden, war das Mord¬ brennerei? Im Kriege ist Feuer eine gesetzlich ebenso erlaubte Waffe wie jede andere. Vom Feinde besetzte Häuser werden mit Bomben beworfen, um sie in Brand zu stecken. Müssen ihre Vertheidiger sich zurückziehen, so setzen sie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/144>, abgerufen am 24.07.2024.