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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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lie befreundeten Eingeborenen und den versprengten Soldaten seines Bruders
unterstützt, eine Räuberfehde zu Land und zu Wasser, die täglich an Umfang
zunahm. Cäsar sandte endlich den unfähigen Legaten Carrinas gegen ihn,
der gar nichts ausrichtete und sogar eine Stadt nach der andern im romanisirten
Bätislande verlor. Auf diesen folgte der gelehrte Asinius Pollio. Aber auch
ihm mangelte es an den nöthigen Truppen und Sextus hatte bereits das
wichtige Neukarthago erobert, als die Nachricht von Cäsars Tod eintraf.
Interessant ist in Bezug hierauf ein Brief Cicero's an Atticus vom 13. Juli
44. Während er in frühern Briefen mit steigendem Interesse den Unterneh¬
mungen des Pompejus gefolgt ist, erzählt er in diesem, daß er in der Nähe
von Puteoli den Brutus besucht habe und daß Scribonius Lido ihnen die
Nachricht gebracht, Philo, ein Freigelassener des Pompejus, und Hilarus, der
seinige, wären mit einem Schreiben des Pompejus an die Consuln eingetrof¬
fen. "Sie erzählten," heißt es weiter, "Sextus habe nur mit einer Legion
in Karthago gestanden. Und gerade als er die Stadt Barea (j, Vera) ge¬
nommen gehabt hätte, wäre die Depesche über Cäsar eingegangen. Dahätte
sich eine außerordentliche Freude und Veränderung der Stimmung Aller be¬
mächtigt und von allen Seiten wären die Leute zusammengeströmt; jener aber
sei zu den sechs Legionen, die er im westlichen Spanien zurückgelassen hätte,
zurückgekehrt. An Lido selbst hat er geschrieben, was hälfe es ihm, wenn er
nicht nach Hause dürfte! Seine Hauptforderung geht darauf hinaus, daß alle
Heere entlassen werden, wo sie sich nur befinden mögen." Jener Lido war
sein Schwiegervater. Da derselbe als eifriger Pompejaner wahrscheinlich mit
bei der spanischen Jnsurrection betheiligt gewesen war, so ist die Vermählung
mit Scribonia (die Appian irrthümlich Julia nennt) von Sextus wohl 46
oder 43 geschlossen worden. Daß sich dieselbe 44 noch bei ihm befand, läßt
sich daraus vermuthen, daß Pompejus einen Freigelassenen aus dem Hause
seines Schwiegervaters damals noch bei sich hatte. Aus dem Briefe Cicero's
geht außerdem hervor, daß Pompejus dem Asinius Pollio, der bald darauf
nach eigenem Geständniß nur drei Legionen besaß, weit überlegen war. Nach
einem geringen Vortheil, den dieser im Felde errang, brachte ihm Sextus eine
größere Niederlage bei, wobei Asinius auf der Flucht seinen Feldherrnmantel
einbüßte. Und doch sagt Vellejus von Asinius Pollio, er habe einen "glän¬
zenden Krieg gegen Pompejus geführt!" Dieser nahm nach dem Siege den
Jmperatortitel an und beherrschte den größten Theil der Halbinsel. Der
westnumidische Fürst Arabio, der während seiner Vertreibung durch den Cä-
sarianer Sittius bei Pompejus Zuflucht gesunden hatte, sandte ihm jetzt junge
Leute zu, die sich im römischen Kriegswesen Kenntnisse und Erfahrungen sam¬
meln sollten. Bald darauf brachte der neue Statthalter von Südgallien und
Westspanien, Lepidus, den von Pompejus gewünschten Ausgleich mit der


lie befreundeten Eingeborenen und den versprengten Soldaten seines Bruders
unterstützt, eine Räuberfehde zu Land und zu Wasser, die täglich an Umfang
zunahm. Cäsar sandte endlich den unfähigen Legaten Carrinas gegen ihn,
der gar nichts ausrichtete und sogar eine Stadt nach der andern im romanisirten
Bätislande verlor. Auf diesen folgte der gelehrte Asinius Pollio. Aber auch
ihm mangelte es an den nöthigen Truppen und Sextus hatte bereits das
wichtige Neukarthago erobert, als die Nachricht von Cäsars Tod eintraf.
Interessant ist in Bezug hierauf ein Brief Cicero's an Atticus vom 13. Juli
44. Während er in frühern Briefen mit steigendem Interesse den Unterneh¬
mungen des Pompejus gefolgt ist, erzählt er in diesem, daß er in der Nähe
von Puteoli den Brutus besucht habe und daß Scribonius Lido ihnen die
Nachricht gebracht, Philo, ein Freigelassener des Pompejus, und Hilarus, der
seinige, wären mit einem Schreiben des Pompejus an die Consuln eingetrof¬
fen. „Sie erzählten," heißt es weiter, „Sextus habe nur mit einer Legion
in Karthago gestanden. Und gerade als er die Stadt Barea (j, Vera) ge¬
nommen gehabt hätte, wäre die Depesche über Cäsar eingegangen. Dahätte
sich eine außerordentliche Freude und Veränderung der Stimmung Aller be¬
mächtigt und von allen Seiten wären die Leute zusammengeströmt; jener aber
sei zu den sechs Legionen, die er im westlichen Spanien zurückgelassen hätte,
zurückgekehrt. An Lido selbst hat er geschrieben, was hälfe es ihm, wenn er
nicht nach Hause dürfte! Seine Hauptforderung geht darauf hinaus, daß alle
Heere entlassen werden, wo sie sich nur befinden mögen." Jener Lido war
sein Schwiegervater. Da derselbe als eifriger Pompejaner wahrscheinlich mit
bei der spanischen Jnsurrection betheiligt gewesen war, so ist die Vermählung
mit Scribonia (die Appian irrthümlich Julia nennt) von Sextus wohl 46
oder 43 geschlossen worden. Daß sich dieselbe 44 noch bei ihm befand, läßt
sich daraus vermuthen, daß Pompejus einen Freigelassenen aus dem Hause
seines Schwiegervaters damals noch bei sich hatte. Aus dem Briefe Cicero's
geht außerdem hervor, daß Pompejus dem Asinius Pollio, der bald darauf
nach eigenem Geständniß nur drei Legionen besaß, weit überlegen war. Nach
einem geringen Vortheil, den dieser im Felde errang, brachte ihm Sextus eine
größere Niederlage bei, wobei Asinius auf der Flucht seinen Feldherrnmantel
einbüßte. Und doch sagt Vellejus von Asinius Pollio, er habe einen „glän¬
zenden Krieg gegen Pompejus geführt!" Dieser nahm nach dem Siege den
Jmperatortitel an und beherrschte den größten Theil der Halbinsel. Der
westnumidische Fürst Arabio, der während seiner Vertreibung durch den Cä-
sarianer Sittius bei Pompejus Zuflucht gesunden hatte, sandte ihm jetzt junge
Leute zu, die sich im römischen Kriegswesen Kenntnisse und Erfahrungen sam¬
meln sollten. Bald darauf brachte der neue Statthalter von Südgallien und
Westspanien, Lepidus, den von Pompejus gewünschten Ausgleich mit der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/14>, abgerufen am 24.07.2024.