Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.Sorge und Anstrengung ein heiteres Leben führt, wo es keine Steuern und "Aber dieß war noch nicht Alles. Neben der eigentlichen Arbeiterbevöl¬ "Wie die provisorische Regierung es angefangen hat, den auch von ihr Das ist größtenteils sehr richtig; aber wenn die.Weserzeitung dann Sorge und Anstrengung ein heiteres Leben führt, wo es keine Steuern und „Aber dieß war noch nicht Alles. Neben der eigentlichen Arbeiterbevöl¬ „Wie die provisorische Regierung es angefangen hat, den auch von ihr Das ist größtenteils sehr richtig; aber wenn die.Weserzeitung dann <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0130" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126406"/> <p xml:id="ID_358" prev="#ID_357"> Sorge und Anstrengung ein heiteres Leben führt, wo es keine Steuern und<lb/> Miethen gibt, wo jeder nach seinen Bedürfnissen empfängt, auch wenn er<lb/> selbst nichts schafft, mit einem Worte, wo alle Menschen glücklich sind."</p><lb/> <p xml:id="ID_359"> „Aber dieß war noch nicht Alles. Neben der eigentlichen Arbeiterbevöl¬<lb/> kerung gibt es in Paris, in dem großen Centrum eines mächtigen Staates,<lb/> Tausende und aber Tausende von catilinarischen Existenzen, deren Lebensluft<lb/> die Anarchie ist, entlassene Verbrecher, ruinirte Malcontente, zurückgesetzte Be¬<lb/> amte, Stellenjäger, Demagogen vom Handwerk, und endlich, am mindesten<lb/> zahlreich vielleicht, aber nicht am mindesten gefährlich, ehrliche Fanatiker,<lb/> Menschen von einer gewissen formalen Bildung, die dem Volke imponirt, und<lb/> von festem Glauben an das gute Recht der Kommunisten, welcher der rohen<lb/> Selbstsucht der Massen den Schimmer eines idealen Strebens verleiht. Auf<lb/> solche Weise vereinigte sich Alles, um eine ungeheure Explosion herbeizuführen.<lb/> Die letztere hatte so wenig etwas Wunderbares an sich, daß sie von aller<lb/> Welt erwartet wurde, und daß ihr Ausbleiben während der Belagerung ganz<lb/> entschieden gegen die Berechnungen des deutschen Hauptquartiers verstieß."</p><lb/> <p xml:id="ID_360"> „Wie die provisorische Regierung es angefangen hat, den auch von ihr<lb/> als wahrscheinlich betrachteten Ausbruch bis zum März abzuwenden, hat Ge¬<lb/> nerat Trochu in der Versailler Versammlung verrathen. Man ließ im Innern<lb/> von Paris der Menge möglichst ihren Willen, um sie bei guter Laune zu<lb/> erhalten. Die Zügellosigkeit eines von der Polizei nicht genirten Lebens, die<lb/> Suspendirung der Arbeit und aller Schuldklagen, die Besoldung des Müßig¬<lb/> ganges und die Ernährung auf Staatskosten gefielen dem Volke und machten<lb/> es den Verlockungen der rothen Demagogie für den Augenblick unzugänglich (?).<lb/> Die Versuche der Rothen gegen die provisorische Regierung scheiterten am<lb/> 31. October noch vollständig; die Massen waren damals noch nicht auf dem<lb/> erforderlichen Gährungspunkte angelangt. Erst als mit dem Abschlüsse des<lb/> Präliminarfriedens die alte Ordnung der Dinge, das Civilrecht, die Selbst¬<lb/> ernährung und die Miethezahlungen zurückzukehren Miene machten und das<lb/> Proletariat aufgefordert wurde, die Flinte mit dem Handwerksgeräth zu ver¬<lb/> tauschen, drückten die Arbeiter die Waffe fester in die Faust und warfen sich<lb/> den Verschwörern in die Arme, welche ihnen die Fortdauer des sorgenlosen<lb/> Lebens versprachen. Ohne Zweifel hatten diese Verschwörer den Moment,<lb/> der ihnen die Gewalt in die Hände spielen werde, vorausgesehen und sich<lb/> darauf sorgfältig vorbereitet."</p><lb/> <p xml:id="ID_361" next="#ID_362"> Das ist größtenteils sehr richtig; aber wenn die.Weserzeitung dann<lb/> sagt, dieß setze „nicht im Mindesten eine Mitwirkung des internationalen<lb/> Arbeiterbundes voraus, und man bedürfe im Hinblick hierauf wahrlich keiner<lb/> Internationalen und keiner Jakobinerclubs, um sich zu erklären, was nun<lb/> folgte," so geht sie offenbar zu weit. Die geheimen Gesellschaften haben den</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0130]
Sorge und Anstrengung ein heiteres Leben führt, wo es keine Steuern und
Miethen gibt, wo jeder nach seinen Bedürfnissen empfängt, auch wenn er
selbst nichts schafft, mit einem Worte, wo alle Menschen glücklich sind."
„Aber dieß war noch nicht Alles. Neben der eigentlichen Arbeiterbevöl¬
kerung gibt es in Paris, in dem großen Centrum eines mächtigen Staates,
Tausende und aber Tausende von catilinarischen Existenzen, deren Lebensluft
die Anarchie ist, entlassene Verbrecher, ruinirte Malcontente, zurückgesetzte Be¬
amte, Stellenjäger, Demagogen vom Handwerk, und endlich, am mindesten
zahlreich vielleicht, aber nicht am mindesten gefährlich, ehrliche Fanatiker,
Menschen von einer gewissen formalen Bildung, die dem Volke imponirt, und
von festem Glauben an das gute Recht der Kommunisten, welcher der rohen
Selbstsucht der Massen den Schimmer eines idealen Strebens verleiht. Auf
solche Weise vereinigte sich Alles, um eine ungeheure Explosion herbeizuführen.
Die letztere hatte so wenig etwas Wunderbares an sich, daß sie von aller
Welt erwartet wurde, und daß ihr Ausbleiben während der Belagerung ganz
entschieden gegen die Berechnungen des deutschen Hauptquartiers verstieß."
„Wie die provisorische Regierung es angefangen hat, den auch von ihr
als wahrscheinlich betrachteten Ausbruch bis zum März abzuwenden, hat Ge¬
nerat Trochu in der Versailler Versammlung verrathen. Man ließ im Innern
von Paris der Menge möglichst ihren Willen, um sie bei guter Laune zu
erhalten. Die Zügellosigkeit eines von der Polizei nicht genirten Lebens, die
Suspendirung der Arbeit und aller Schuldklagen, die Besoldung des Müßig¬
ganges und die Ernährung auf Staatskosten gefielen dem Volke und machten
es den Verlockungen der rothen Demagogie für den Augenblick unzugänglich (?).
Die Versuche der Rothen gegen die provisorische Regierung scheiterten am
31. October noch vollständig; die Massen waren damals noch nicht auf dem
erforderlichen Gährungspunkte angelangt. Erst als mit dem Abschlüsse des
Präliminarfriedens die alte Ordnung der Dinge, das Civilrecht, die Selbst¬
ernährung und die Miethezahlungen zurückzukehren Miene machten und das
Proletariat aufgefordert wurde, die Flinte mit dem Handwerksgeräth zu ver¬
tauschen, drückten die Arbeiter die Waffe fester in die Faust und warfen sich
den Verschwörern in die Arme, welche ihnen die Fortdauer des sorgenlosen
Lebens versprachen. Ohne Zweifel hatten diese Verschwörer den Moment,
der ihnen die Gewalt in die Hände spielen werde, vorausgesehen und sich
darauf sorgfältig vorbereitet."
Das ist größtenteils sehr richtig; aber wenn die.Weserzeitung dann
sagt, dieß setze „nicht im Mindesten eine Mitwirkung des internationalen
Arbeiterbundes voraus, und man bedürfe im Hinblick hierauf wahrlich keiner
Internationalen und keiner Jakobinerclubs, um sich zu erklären, was nun
folgte," so geht sie offenbar zu weit. Die geheimen Gesellschaften haben den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |