Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.haben. Das Gesetzbuch keines Volkes hat so humane und treffliche Be¬ Preußen und Deutschland haben an dieser Politik unverbrüchlich festge¬ haben. Das Gesetzbuch keines Volkes hat so humane und treffliche Be¬ Preußen und Deutschland haben an dieser Politik unverbrüchlich festge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126172"/> <p xml:id="ID_1210" prev="#ID_1209"> haben. Das Gesetzbuch keines Volkes hat so humane und treffliche Be¬<lb/> stimmungen über den Handel der Neutralen und die Blokade, als das preu¬<lb/> ßische Landrecht. Wenn es auch bei dem mangelnden Entgegenkommen der<lb/> anderen Mächte die Kaperei nicht abschaffen konnte, so anticipirte Preußen doch<lb/> schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die übrigen Vorschriften der<lb/> Pariser Erklärung vom 16. April 18S6. So verfügt Theil I. Titel 9. Ab¬<lb/> schnitt 6> des Landrechts, und zwar im §. 213: Dagegen soll den Unterthanen<lb/> freundschaftlicher oder neutraler Mächte ihr auf feindlichen Schiffen gefundenes<lb/> Eigenthum nicht vorenthalten werden (§. 3 der Pariser Declaration). Z. 214.<lb/> Auch das Eigenthum feindlicher Unterthanen, welches sich auf neutralen Schiffen<lb/> findet, ist frei (§, 2. der genannten Declaration). §. 219. Für eingeschlossen<lb/> ist ein Hafen zu achten, wenn derselbe durch eine feindliche Landbatterie oder<lb/> durch Kriegsschiffe, die vor dem Hafen stationirt sind, gesperrt ist (besser als<lb/> §. 4. der genannten Declaration).</p><lb/> <p xml:id="ID_1211" next="#ID_1212"> Preußen und Deutschland haben an dieser Politik unverbrüchlich festge¬<lb/> halten von 1785 bis 1871. Damit ist der Beweis geführt, daß Deutschland<lb/> in der Gegenwart vorzugsweise den Beruf hat, in der Frage der Reform des<lb/> Seekriegsrechts die Initiative zu ergreifen. Anders war es mit Amerika. Als<lb/> nach Ablauf der zehnjährigen Frist der Bertrag von 178S erlosch, und es sich<lb/> von 1796 ab darum handelte, den Vertrag zu erneuern, war Amerika eben<lb/> so lau, wie es 1784 von einem wahren Feuereifer beseelt war. Inzwischen<lb/> hatten sich allerdings die Dinge geändert. Friedrich der Große war todt und<lb/> Preußen zehrte nur noch von dem Glanz seines Namens. Amerika dagegen<lb/> hatte einen großen Aufschwung genommen. Es begann eine Kriegsflotte zu<lb/> gründen; sein Handel blühte, während in Europa Krieg und Revolution<lb/> wütheten; und vor Allem hatte es eine politische Einheit errungen. John<lb/> Adams, der frühere Gesandte im Haag, saß nun als Präsident im „weißen<lb/> Hause" .zu Washington; sein Sohn Quincy Adams war Gesandter in Berlin.<lb/> Der Vater mahnt den Sohn direct und indirect, er möge sich doch mit dem<lb/> Vertrage ja nicht überstürzen, damit eile es gar nicht. Namentlich schreibt er<lb/> am 13. Mai 1799: — „Der Artikel drei und zwanzig unseres alten Vertra¬<lb/> ges muß in dem neuen Vertrage wegfallen, wir dürfen auf die Aus¬<lb/> stellung von Kaperbriefen nicht verzichten. Die Gesetzlichkeit der<lb/> Kaperei wird wohl nicht in Frage gestellt werden; dagegen muß man jede<lb/> Vorsicht gegen den möglicher Weise damit zu treibenden Mißbrauch anwenden.<lb/> Die Politik der Kaperei findet besonders auf die Vereinigten Staaten An¬<lb/> wendung. Unsere Kriegsflotte ist unbedeutend und wird es für die nächste<lb/> Zukunft auch bleiben; dagegen sind wir stark durch die Zahl unserer Seeleute,<lb/> durch Privatwohlstand und durch den ungewöhnlichen Unternehmungsgeist<lb/> unserer Bürger. Darum bilden die Kaper für uns das Hauptmittel, einem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0390]
haben. Das Gesetzbuch keines Volkes hat so humane und treffliche Be¬
stimmungen über den Handel der Neutralen und die Blokade, als das preu¬
ßische Landrecht. Wenn es auch bei dem mangelnden Entgegenkommen der
anderen Mächte die Kaperei nicht abschaffen konnte, so anticipirte Preußen doch
schon gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die übrigen Vorschriften der
Pariser Erklärung vom 16. April 18S6. So verfügt Theil I. Titel 9. Ab¬
schnitt 6> des Landrechts, und zwar im §. 213: Dagegen soll den Unterthanen
freundschaftlicher oder neutraler Mächte ihr auf feindlichen Schiffen gefundenes
Eigenthum nicht vorenthalten werden (§. 3 der Pariser Declaration). Z. 214.
Auch das Eigenthum feindlicher Unterthanen, welches sich auf neutralen Schiffen
findet, ist frei (§, 2. der genannten Declaration). §. 219. Für eingeschlossen
ist ein Hafen zu achten, wenn derselbe durch eine feindliche Landbatterie oder
durch Kriegsschiffe, die vor dem Hafen stationirt sind, gesperrt ist (besser als
§. 4. der genannten Declaration).
Preußen und Deutschland haben an dieser Politik unverbrüchlich festge¬
halten von 1785 bis 1871. Damit ist der Beweis geführt, daß Deutschland
in der Gegenwart vorzugsweise den Beruf hat, in der Frage der Reform des
Seekriegsrechts die Initiative zu ergreifen. Anders war es mit Amerika. Als
nach Ablauf der zehnjährigen Frist der Bertrag von 178S erlosch, und es sich
von 1796 ab darum handelte, den Vertrag zu erneuern, war Amerika eben
so lau, wie es 1784 von einem wahren Feuereifer beseelt war. Inzwischen
hatten sich allerdings die Dinge geändert. Friedrich der Große war todt und
Preußen zehrte nur noch von dem Glanz seines Namens. Amerika dagegen
hatte einen großen Aufschwung genommen. Es begann eine Kriegsflotte zu
gründen; sein Handel blühte, während in Europa Krieg und Revolution
wütheten; und vor Allem hatte es eine politische Einheit errungen. John
Adams, der frühere Gesandte im Haag, saß nun als Präsident im „weißen
Hause" .zu Washington; sein Sohn Quincy Adams war Gesandter in Berlin.
Der Vater mahnt den Sohn direct und indirect, er möge sich doch mit dem
Vertrage ja nicht überstürzen, damit eile es gar nicht. Namentlich schreibt er
am 13. Mai 1799: — „Der Artikel drei und zwanzig unseres alten Vertra¬
ges muß in dem neuen Vertrage wegfallen, wir dürfen auf die Aus¬
stellung von Kaperbriefen nicht verzichten. Die Gesetzlichkeit der
Kaperei wird wohl nicht in Frage gestellt werden; dagegen muß man jede
Vorsicht gegen den möglicher Weise damit zu treibenden Mißbrauch anwenden.
Die Politik der Kaperei findet besonders auf die Vereinigten Staaten An¬
wendung. Unsere Kriegsflotte ist unbedeutend und wird es für die nächste
Zukunft auch bleiben; dagegen sind wir stark durch die Zahl unserer Seeleute,
durch Privatwohlstand und durch den ungewöhnlichen Unternehmungsgeist
unserer Bürger. Darum bilden die Kaper für uns das Hauptmittel, einem
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