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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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zu beobachtenden Vorschriften, namentlich für den Prisenverkauf fest. Im
Unterabschnitt vier genehmigen die Vereinigten Staaten die von Preußen ge¬
stellte Bedingung, daß die Gerichte des Platzes, in welchen die Prise gebracht
wurde, über deren Legalität vor ihrem Verkaufe entschieden haben müßten.
Artikel zweiundzwanzig bestimmt, daß wenn die contrahirenden Mächte einen
gemeinschaftlichen Feind haben, oder beide neutral sind, die Kriegsschiffe der
einen die denselben Curs fahrenden Kauffahrer der andern ebenso begleiten
und beschützen sollen, als ob sie ihre eignen wären. Der dreiundzwanzigste
Artikel giebt theilweise wörtlich den Vorschlag der oben angeführten Denk¬
schrift Franklin's wieder. -- Nach Artikel sechsundzwanzig sollen alle Be¬
günstigungen, welche von einer der contrahirenden Mächte einem dritten
Volke eingeräumt werden, selbstredend auch auf die andere übergehen, während
der Siebenundzwanzigste und letzte Artikel die Dauer des Vertrages auf zehn
Jahre vom Tage der Ratification an festsetzt, letztere Frist aber ein Jahr
vom Tage der Unterschrift laufen läßt. Franklin, Adams und Jefferson
schickten das Vertrags-Document in einem gemeinschaftlichen Schreiben aus
London vom 2. und Paris vom 11. Oetober 1783 datirt, dem Congreß zur
Ratification ein. "Wir sehen," sagen sie, "mit innigem Vergnügen diese
Verbindung unseres Landes mit einem Fürsten, dessen Charakter jeder Ver¬
handlung, an der er Theil nimmt, einen besondern Glanz verleiht. Da
der nunmehr abgeschlossene Vertrag für die Vereinigten Staaten von großer
Bedeutung werden kann, und sicher ihr Ansehen und ihren Ruf erhöhen wird,
so ist es sehr wünschenswerth, daß seine Genehmigung und Veröffentlichung
so bald als möglich erfolge. Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß dieser
Vertrag unsere Kaper in die preußischen Häfen in einem Augenblick zuläßt,
wo über ein Bündniß verhandelt wird (deutscher Fürstenbund), bei welchem
Brandenburg und Hannover (englisch) betheiligt sind. Er verdient jedenfalls
die Beachtung des Congresses und^ der Staaten." John Jay, der damalige
Minister des Auswärtigen, unterbreitete ihn am 9. März 1786 dem Congreß
zur Ratification, welche dieser denn auch beschloß.

Washington schreibt über diesen Vertrag an Lafayette: -- "Er ist der
freisinnigste Vertrag, der je von unabhängigen Mächten abgeschlossen wurde,
durchaus originell in verschiedenen seiner Artikel, und wenn seine Principien
später als die Grundlage des Völkerverkehrs gelten sollten, so wird er mehr
als irgend eine bisher versuchte Maßregel dazu beitragen, eine allgemeine
Pacification herbeizuführen." (Washington's 'WritivAs, IX 182 und 194.)

Preußen hat überall, in der Theorie sowohl wie in der Praxis, energisch
den Feldzug des "vernünftigen Rechts" gegen das positive Seerecht geführt.
Jener von Friedrich dem Großen mit den Vereinigten Staaten abgeschlossene
Vertrag war seitdem für seine Nachfolger eine Promesse, die sie ehrlich bezahlt


zu beobachtenden Vorschriften, namentlich für den Prisenverkauf fest. Im
Unterabschnitt vier genehmigen die Vereinigten Staaten die von Preußen ge¬
stellte Bedingung, daß die Gerichte des Platzes, in welchen die Prise gebracht
wurde, über deren Legalität vor ihrem Verkaufe entschieden haben müßten.
Artikel zweiundzwanzig bestimmt, daß wenn die contrahirenden Mächte einen
gemeinschaftlichen Feind haben, oder beide neutral sind, die Kriegsschiffe der
einen die denselben Curs fahrenden Kauffahrer der andern ebenso begleiten
und beschützen sollen, als ob sie ihre eignen wären. Der dreiundzwanzigste
Artikel giebt theilweise wörtlich den Vorschlag der oben angeführten Denk¬
schrift Franklin's wieder. — Nach Artikel sechsundzwanzig sollen alle Be¬
günstigungen, welche von einer der contrahirenden Mächte einem dritten
Volke eingeräumt werden, selbstredend auch auf die andere übergehen, während
der Siebenundzwanzigste und letzte Artikel die Dauer des Vertrages auf zehn
Jahre vom Tage der Ratification an festsetzt, letztere Frist aber ein Jahr
vom Tage der Unterschrift laufen läßt. Franklin, Adams und Jefferson
schickten das Vertrags-Document in einem gemeinschaftlichen Schreiben aus
London vom 2. und Paris vom 11. Oetober 1783 datirt, dem Congreß zur
Ratification ein. „Wir sehen," sagen sie, „mit innigem Vergnügen diese
Verbindung unseres Landes mit einem Fürsten, dessen Charakter jeder Ver¬
handlung, an der er Theil nimmt, einen besondern Glanz verleiht. Da
der nunmehr abgeschlossene Vertrag für die Vereinigten Staaten von großer
Bedeutung werden kann, und sicher ihr Ansehen und ihren Ruf erhöhen wird,
so ist es sehr wünschenswerth, daß seine Genehmigung und Veröffentlichung
so bald als möglich erfolge. Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß dieser
Vertrag unsere Kaper in die preußischen Häfen in einem Augenblick zuläßt,
wo über ein Bündniß verhandelt wird (deutscher Fürstenbund), bei welchem
Brandenburg und Hannover (englisch) betheiligt sind. Er verdient jedenfalls
die Beachtung des Congresses und^ der Staaten." John Jay, der damalige
Minister des Auswärtigen, unterbreitete ihn am 9. März 1786 dem Congreß
zur Ratification, welche dieser denn auch beschloß.

Washington schreibt über diesen Vertrag an Lafayette: — „Er ist der
freisinnigste Vertrag, der je von unabhängigen Mächten abgeschlossen wurde,
durchaus originell in verschiedenen seiner Artikel, und wenn seine Principien
später als die Grundlage des Völkerverkehrs gelten sollten, so wird er mehr
als irgend eine bisher versuchte Maßregel dazu beitragen, eine allgemeine
Pacification herbeizuführen." (Washington's 'WritivAs, IX 182 und 194.)

Preußen hat überall, in der Theorie sowohl wie in der Praxis, energisch
den Feldzug des „vernünftigen Rechts" gegen das positive Seerecht geführt.
Jener von Friedrich dem Großen mit den Vereinigten Staaten abgeschlossene
Vertrag war seitdem für seine Nachfolger eine Promesse, die sie ehrlich bezahlt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/389>, abgerufen am 29.09.2024.