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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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fein fallen läßt, keineswegs aber, um sich jetzt vor der früher ausgesprochenen
Ueberzeugung zu beugen, daß das metrische Münzsystem das rationellste sei! Er
bekämpft dasselbe vielmehr fortwährend auf Leben und Tod, nimmt dabei
einen Anlauf, um mich, als seinen Vertheidiger, in ganz unchristlicher Weise
zu zerzausen, als sei ich mit meiner erstrebten Goldkrone ein wahrer Menschen-
verderber, welcher darauf ausgehe, Alles zu ruiniren und Recht und Gesetz
mit Füßen zu treten, und bedroht endlich ganz Deutschland, es werde in eine
"Bahn des Unheils" einlenken, wenn es nur einen Schritt thue, um sich dem
metrischen Münzsysteme zu nähern. In diesem gegenwärtigen Stadium schei¬
nen mir die Ansichten des Herrn Dr. Weibezahn einen vorzugsweise negati¬
ven Charakter zu tragen, indem sie lediglich darauf hinauslaufen, daß zwar
das metrische Münzsystem das rationellste sei, daß aber trotzdem mit seiner
Einwilligung Deutschland sich dasselbe nie und nimmermehr aneignen dürfe.
Anscheinend bloß zu diesem negativen Zwecke, oder vielleicht weil er ein¬
mal die Idee lieb gewonnen hat, daß wir und unsre Nachkommen künftig
nicht mehr nach Thalern, sondern unter irgend einer Form nach Gulden rech¬
nen sollen, stellt er jetzt als Desideratum für das Heil Deutschlands einen
von ihm neu erdachten Goldgulden von 0,72 Gramm oder ^/zz eines
Gramms fein als Rechnungseinheit auf. Worin die damit verknüpften
praktischen Vortheile bestehen würden, welche den von ihm anerkannten theore¬
tischen Vortheil des metrischen Münzsystems, als des unbedingt rationellsten,
in entscheidender Weise überwiegen würden, ist mir nicht klar geworden;
denn wie bereits erwähnt, verwirft Herr Dr. Weibezahn jetzt den Anschluß
an den lateinischen Münzbund, er will keinen Anschluß an eins der bestehen¬
den Münzsysteme, sondern strebt danach, ein deutsches System herzustellen,
welches weder metrisch, noch französisch, noch englisch, noch amerikanisch,
welches ihnen allen aber mehr oder weniger analog oder ähnlich sei!
Sein Gedankengang scheint also auch hier negativer Art zu sein: "Die
übrigen Völker haben sich bis jetzt über kein internationales Münzsystem
geeinigt. -- wir wollen auch keinen Schritt zu einer solchen Einigung thun!
sie haben sammt und sonders kein rationelles Münzsystem, -- wir wollen
auch keins haben! Das metrische System mit dem Goldthaler von 1 Gramm
fein als Rechnungseinheit wird uns von den Nordamerikanern als Mittel
zur Münzeinigung vorgeschlagen; es wäre auch wirklich ein vollkommen ratio¬
nelles System, aber -- anÄtliemg. sit!"

Daß er aber auch jetzt wieder dem Erfolge dieser seiner negativenMn-
schauung eine große Wichtigkeit beilege, folgt aus den großen pecuniären Opfern,
welche er auch dieses Mal an die Annahme seines neuen Goldguldens von


fein fallen läßt, keineswegs aber, um sich jetzt vor der früher ausgesprochenen
Ueberzeugung zu beugen, daß das metrische Münzsystem das rationellste sei! Er
bekämpft dasselbe vielmehr fortwährend auf Leben und Tod, nimmt dabei
einen Anlauf, um mich, als seinen Vertheidiger, in ganz unchristlicher Weise
zu zerzausen, als sei ich mit meiner erstrebten Goldkrone ein wahrer Menschen-
verderber, welcher darauf ausgehe, Alles zu ruiniren und Recht und Gesetz
mit Füßen zu treten, und bedroht endlich ganz Deutschland, es werde in eine
„Bahn des Unheils" einlenken, wenn es nur einen Schritt thue, um sich dem
metrischen Münzsysteme zu nähern. In diesem gegenwärtigen Stadium schei¬
nen mir die Ansichten des Herrn Dr. Weibezahn einen vorzugsweise negati¬
ven Charakter zu tragen, indem sie lediglich darauf hinauslaufen, daß zwar
das metrische Münzsystem das rationellste sei, daß aber trotzdem mit seiner
Einwilligung Deutschland sich dasselbe nie und nimmermehr aneignen dürfe.
Anscheinend bloß zu diesem negativen Zwecke, oder vielleicht weil er ein¬
mal die Idee lieb gewonnen hat, daß wir und unsre Nachkommen künftig
nicht mehr nach Thalern, sondern unter irgend einer Form nach Gulden rech¬
nen sollen, stellt er jetzt als Desideratum für das Heil Deutschlands einen
von ihm neu erdachten Goldgulden von 0,72 Gramm oder ^/zz eines
Gramms fein als Rechnungseinheit auf. Worin die damit verknüpften
praktischen Vortheile bestehen würden, welche den von ihm anerkannten theore¬
tischen Vortheil des metrischen Münzsystems, als des unbedingt rationellsten,
in entscheidender Weise überwiegen würden, ist mir nicht klar geworden;
denn wie bereits erwähnt, verwirft Herr Dr. Weibezahn jetzt den Anschluß
an den lateinischen Münzbund, er will keinen Anschluß an eins der bestehen¬
den Münzsysteme, sondern strebt danach, ein deutsches System herzustellen,
welches weder metrisch, noch französisch, noch englisch, noch amerikanisch,
welches ihnen allen aber mehr oder weniger analog oder ähnlich sei!
Sein Gedankengang scheint also auch hier negativer Art zu sein: „Die
übrigen Völker haben sich bis jetzt über kein internationales Münzsystem
geeinigt. — wir wollen auch keinen Schritt zu einer solchen Einigung thun!
sie haben sammt und sonders kein rationelles Münzsystem, — wir wollen
auch keins haben! Das metrische System mit dem Goldthaler von 1 Gramm
fein als Rechnungseinheit wird uns von den Nordamerikanern als Mittel
zur Münzeinigung vorgeschlagen; es wäre auch wirklich ein vollkommen ratio¬
nelles System, aber — anÄtliemg. sit!"

Daß er aber auch jetzt wieder dem Erfolge dieser seiner negativenMn-
schauung eine große Wichtigkeit beilege, folgt aus den großen pecuniären Opfern,
welche er auch dieses Mal an die Annahme seines neuen Goldguldens von


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[0301] fein fallen läßt, keineswegs aber, um sich jetzt vor der früher ausgesprochenen Ueberzeugung zu beugen, daß das metrische Münzsystem das rationellste sei! Er bekämpft dasselbe vielmehr fortwährend auf Leben und Tod, nimmt dabei einen Anlauf, um mich, als seinen Vertheidiger, in ganz unchristlicher Weise zu zerzausen, als sei ich mit meiner erstrebten Goldkrone ein wahrer Menschen- verderber, welcher darauf ausgehe, Alles zu ruiniren und Recht und Gesetz mit Füßen zu treten, und bedroht endlich ganz Deutschland, es werde in eine „Bahn des Unheils" einlenken, wenn es nur einen Schritt thue, um sich dem metrischen Münzsysteme zu nähern. In diesem gegenwärtigen Stadium schei¬ nen mir die Ansichten des Herrn Dr. Weibezahn einen vorzugsweise negati¬ ven Charakter zu tragen, indem sie lediglich darauf hinauslaufen, daß zwar das metrische Münzsystem das rationellste sei, daß aber trotzdem mit seiner Einwilligung Deutschland sich dasselbe nie und nimmermehr aneignen dürfe. Anscheinend bloß zu diesem negativen Zwecke, oder vielleicht weil er ein¬ mal die Idee lieb gewonnen hat, daß wir und unsre Nachkommen künftig nicht mehr nach Thalern, sondern unter irgend einer Form nach Gulden rech¬ nen sollen, stellt er jetzt als Desideratum für das Heil Deutschlands einen von ihm neu erdachten Goldgulden von 0,72 Gramm oder ^/zz eines Gramms fein als Rechnungseinheit auf. Worin die damit verknüpften praktischen Vortheile bestehen würden, welche den von ihm anerkannten theore¬ tischen Vortheil des metrischen Münzsystems, als des unbedingt rationellsten, in entscheidender Weise überwiegen würden, ist mir nicht klar geworden; denn wie bereits erwähnt, verwirft Herr Dr. Weibezahn jetzt den Anschluß an den lateinischen Münzbund, er will keinen Anschluß an eins der bestehen¬ den Münzsysteme, sondern strebt danach, ein deutsches System herzustellen, welches weder metrisch, noch französisch, noch englisch, noch amerikanisch, welches ihnen allen aber mehr oder weniger analog oder ähnlich sei! Sein Gedankengang scheint also auch hier negativer Art zu sein: „Die übrigen Völker haben sich bis jetzt über kein internationales Münzsystem geeinigt. — wir wollen auch keinen Schritt zu einer solchen Einigung thun! sie haben sammt und sonders kein rationelles Münzsystem, — wir wollen auch keins haben! Das metrische System mit dem Goldthaler von 1 Gramm fein als Rechnungseinheit wird uns von den Nordamerikanern als Mittel zur Münzeinigung vorgeschlagen; es wäre auch wirklich ein vollkommen ratio¬ nelles System, aber — anÄtliemg. sit!" Daß er aber auch jetzt wieder dem Erfolge dieser seiner negativenMn- schauung eine große Wichtigkeit beilege, folgt aus den großen pecuniären Opfern, welche er auch dieses Mal an die Annahme seines neuen Goldguldens von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/301>, abgerufen am 29.09.2024.