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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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sollten. Die laufenden Schuldforderungen, sowohl neueren, wie älteren Da¬
tums, werden nur ganz einzeln zufälliger Weise im selben Augenblicke zahl¬
bar sein^ wo der Staat sein Gold unter Curs in Circulation setzt. Hat irgend
ein Schuldner gerade sein Silber zur Abzahlung bereit liegen, so wird er das
Anerbieten des Staates benutzen können, in allen übrigen Fällen wird der
Gewinn für Diejenigen sein, welche zufällig Inhaber der baaren Silber¬
bestände sind. -- Ebenso läßt sich kein Grund absehen, weshalb Diejenigen,
welche in dieser Weise vom Staate ein Geschenk erhalten hätten, darin Ver¬
anlassung finden sollten, für ihre Ankäufe irgend welcher Bedürfnisse
den Verkäufern höhere Preise zu zahlen, als andere Leute. -- ä) Wenn der
Staat bestimmt, daß alle Schuldner ihren Gläubigern für je 15,55 Gramm
Feinsilbers, zum Tagescurse -- 1 Gramm Feingoldes, welche sie schulden, in
Zukunft 1,015 Gramm Goldes zahlen sollen, selbst zu diesem Curse für 300
oder 400 Mill. Thaler an Werth, in Gold in Circulation setzt, dagegen
alles Silber aus dem Umlaufe zieht, auch künftige Zahlungen in Silber
verbietet, schützt er dadurch die Schuldner neueren Datums gegen Nachtheil?
Antwort: Keineswegs! Wie eben gezeigt, hebt er den Nachtheil für solche
Schuldner auf, welche im Augenblicke der Conversion im Begriffe standen,
ihre Schuld zu tilgen und die betreffenden Beträge bereits in baarem Silber
liegen hatten. Diese werden sich vom Staate den höheren Goldbetrag von
1,018 Gramm für 15,55 Gramm Silbers auswechseln lassen, und damit ihre
Schuld tilgen, ohne in Verlust zu kommen. Dieses können ohne Unterschied
Schuldner älteren oder neueren Datums sein; es kommt lediglich darauf an,
daß die Schuld gerade getilgt werden sollte im Augenblicke, als der Staat
Geschenke von yet. auf alles ihm gelieferte Silber machte. Alle
übrigen Schuldner ohne Unterschied werden bloß den Nachtheil
haben, daß das Gesetz sie zwingt, ihren Gläubigern ein Ge¬
schenk von 1^/z per. zu machen.

Diese Beweisführung wird genügen. Alles Uebrige ergiebt sich von selbst.

Ferner ist nun noch zu Herrn Dr. Weibezahns ursprünglichem Vorschlage
einer Münzreform betreffs der vom Staate zu bringenden Opfer zu bemerken:
erstens würden, abgesehen von der großen Ungerechtigkeit gegen alle Privat¬
schuldner, die verbündeten deutschen Staaten auf ihre Gesammtschulden (ohne
diejenigen der Reichsregierung) von 1050 Millionen zu 1^2 yet. verlieren:
15"750'000 Thlr.; zweitens würde der geringste, in Goldcirculation zu
Setzende Betrag 400 Mill. Thaler sein, wovon wie oben gezeigt den zufälligen
Inhaber des vorhandenen baaren Silbers zu zahlen wären zu I V2 °/v
6'000'000 Thlr.; drittens endlich wird, da es eine nothwendige Bedingung


sollten. Die laufenden Schuldforderungen, sowohl neueren, wie älteren Da¬
tums, werden nur ganz einzeln zufälliger Weise im selben Augenblicke zahl¬
bar sein^ wo der Staat sein Gold unter Curs in Circulation setzt. Hat irgend
ein Schuldner gerade sein Silber zur Abzahlung bereit liegen, so wird er das
Anerbieten des Staates benutzen können, in allen übrigen Fällen wird der
Gewinn für Diejenigen sein, welche zufällig Inhaber der baaren Silber¬
bestände sind. — Ebenso läßt sich kein Grund absehen, weshalb Diejenigen,
welche in dieser Weise vom Staate ein Geschenk erhalten hätten, darin Ver¬
anlassung finden sollten, für ihre Ankäufe irgend welcher Bedürfnisse
den Verkäufern höhere Preise zu zahlen, als andere Leute. — ä) Wenn der
Staat bestimmt, daß alle Schuldner ihren Gläubigern für je 15,55 Gramm
Feinsilbers, zum Tagescurse — 1 Gramm Feingoldes, welche sie schulden, in
Zukunft 1,015 Gramm Goldes zahlen sollen, selbst zu diesem Curse für 300
oder 400 Mill. Thaler an Werth, in Gold in Circulation setzt, dagegen
alles Silber aus dem Umlaufe zieht, auch künftige Zahlungen in Silber
verbietet, schützt er dadurch die Schuldner neueren Datums gegen Nachtheil?
Antwort: Keineswegs! Wie eben gezeigt, hebt er den Nachtheil für solche
Schuldner auf, welche im Augenblicke der Conversion im Begriffe standen,
ihre Schuld zu tilgen und die betreffenden Beträge bereits in baarem Silber
liegen hatten. Diese werden sich vom Staate den höheren Goldbetrag von
1,018 Gramm für 15,55 Gramm Silbers auswechseln lassen, und damit ihre
Schuld tilgen, ohne in Verlust zu kommen. Dieses können ohne Unterschied
Schuldner älteren oder neueren Datums sein; es kommt lediglich darauf an,
daß die Schuld gerade getilgt werden sollte im Augenblicke, als der Staat
Geschenke von yet. auf alles ihm gelieferte Silber machte. Alle
übrigen Schuldner ohne Unterschied werden bloß den Nachtheil
haben, daß das Gesetz sie zwingt, ihren Gläubigern ein Ge¬
schenk von 1^/z per. zu machen.

Diese Beweisführung wird genügen. Alles Uebrige ergiebt sich von selbst.

Ferner ist nun noch zu Herrn Dr. Weibezahns ursprünglichem Vorschlage
einer Münzreform betreffs der vom Staate zu bringenden Opfer zu bemerken:
erstens würden, abgesehen von der großen Ungerechtigkeit gegen alle Privat¬
schuldner, die verbündeten deutschen Staaten auf ihre Gesammtschulden (ohne
diejenigen der Reichsregierung) von 1050 Millionen zu 1^2 yet. verlieren:
15"750'000 Thlr.; zweitens würde der geringste, in Goldcirculation zu
Setzende Betrag 400 Mill. Thaler sein, wovon wie oben gezeigt den zufälligen
Inhaber des vorhandenen baaren Silbers zu zahlen wären zu I V2 °/v
6'000'000 Thlr.; drittens endlich wird, da es eine nothwendige Bedingung


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[0299] sollten. Die laufenden Schuldforderungen, sowohl neueren, wie älteren Da¬ tums, werden nur ganz einzeln zufälliger Weise im selben Augenblicke zahl¬ bar sein^ wo der Staat sein Gold unter Curs in Circulation setzt. Hat irgend ein Schuldner gerade sein Silber zur Abzahlung bereit liegen, so wird er das Anerbieten des Staates benutzen können, in allen übrigen Fällen wird der Gewinn für Diejenigen sein, welche zufällig Inhaber der baaren Silber¬ bestände sind. — Ebenso läßt sich kein Grund absehen, weshalb Diejenigen, welche in dieser Weise vom Staate ein Geschenk erhalten hätten, darin Ver¬ anlassung finden sollten, für ihre Ankäufe irgend welcher Bedürfnisse den Verkäufern höhere Preise zu zahlen, als andere Leute. — ä) Wenn der Staat bestimmt, daß alle Schuldner ihren Gläubigern für je 15,55 Gramm Feinsilbers, zum Tagescurse — 1 Gramm Feingoldes, welche sie schulden, in Zukunft 1,015 Gramm Goldes zahlen sollen, selbst zu diesem Curse für 300 oder 400 Mill. Thaler an Werth, in Gold in Circulation setzt, dagegen alles Silber aus dem Umlaufe zieht, auch künftige Zahlungen in Silber verbietet, schützt er dadurch die Schuldner neueren Datums gegen Nachtheil? Antwort: Keineswegs! Wie eben gezeigt, hebt er den Nachtheil für solche Schuldner auf, welche im Augenblicke der Conversion im Begriffe standen, ihre Schuld zu tilgen und die betreffenden Beträge bereits in baarem Silber liegen hatten. Diese werden sich vom Staate den höheren Goldbetrag von 1,018 Gramm für 15,55 Gramm Silbers auswechseln lassen, und damit ihre Schuld tilgen, ohne in Verlust zu kommen. Dieses können ohne Unterschied Schuldner älteren oder neueren Datums sein; es kommt lediglich darauf an, daß die Schuld gerade getilgt werden sollte im Augenblicke, als der Staat Geschenke von yet. auf alles ihm gelieferte Silber machte. Alle übrigen Schuldner ohne Unterschied werden bloß den Nachtheil haben, daß das Gesetz sie zwingt, ihren Gläubigern ein Ge¬ schenk von 1^/z per. zu machen. Diese Beweisführung wird genügen. Alles Uebrige ergiebt sich von selbst. Ferner ist nun noch zu Herrn Dr. Weibezahns ursprünglichem Vorschlage einer Münzreform betreffs der vom Staate zu bringenden Opfer zu bemerken: erstens würden, abgesehen von der großen Ungerechtigkeit gegen alle Privat¬ schuldner, die verbündeten deutschen Staaten auf ihre Gesammtschulden (ohne diejenigen der Reichsregierung) von 1050 Millionen zu 1^2 yet. verlieren: 15"750'000 Thlr.; zweitens würde der geringste, in Goldcirculation zu Setzende Betrag 400 Mill. Thaler sein, wovon wie oben gezeigt den zufälligen Inhaber des vorhandenen baaren Silbers zu zahlen wären zu I V2 °/v 6'000'000 Thlr.; drittens endlich wird, da es eine nothwendige Bedingung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/299>, abgerufen am 29.09.2024.