Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.also die Männer der Wissenschaft, nur in üblen Ruf gebracht, ihnen das Diesen Kennern und Freunden der Alterthümer gegenüber stehen in be¬ Bei genauer Betrachtung ergiebt sich also, daß beide Parteien eigentlich also die Männer der Wissenschaft, nur in üblen Ruf gebracht, ihnen das Diesen Kennern und Freunden der Alterthümer gegenüber stehen in be¬ Bei genauer Betrachtung ergiebt sich also, daß beide Parteien eigentlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126033"/> <p xml:id="ID_781" prev="#ID_780"> also die Männer der Wissenschaft, nur in üblen Ruf gebracht, ihnen das<lb/> Vertrauen des Publikums, welches ja meist das Gute und Echte von dem<lb/> Schlechten nicht zu unterscheiden vermag, entzogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_782"> Diesen Kennern und Freunden der Alterthümer gegenüber stehen in be¬<lb/> deutend überlegener Anzahl die meist jüngern Männer des modernen Fort¬<lb/> schritts, meistens Geschäftsleute, deren Schule das praktische Leben war, die<lb/> vorzugsweise nach Gelderwerb streben, und der Kunst und Wissenschaft ferne<lb/> stehen. Da sie abe; die zahlreichen Vortheile der Neuzeit haben benutzen<lb/> können, so sind sie oft sehr kenntnisreich. Jung, kräftig, leicht beweglich, für<lb/> alles Neue empfänglich, stets bereit, von Jedem Vortheil und Nutzen zu<lb/> ziehen, den Männern der Wissenschaft wie gesagt an Zahl meist überlegen,<lb/> verstehen sie, schnell die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, und sich<lb/> dadurch zu der herrschenden Partei zu machen. Sie sind jeder Zeit bereit,<lb/> Alles zu beseitigen, was ihnen irgendwie, wenn auch nur augenblicklich, hin¬<lb/> derlich ist. Ader sie bedenken dabei nicht, daß die Eile des Fortschritts keine<lb/> Ruhe zur nähern und eingehenden Betrachtung und richtigen Werthschätzung<lb/> des Ueberlieferten gestattet. Ueverdieß fehlen ihnen oft auch die nöthigen<lb/> Kenntnisse zu dieser Würdigung. — Die Intelligenteren und wissenschaftlich<lb/> Gebildeteren auch dieser Partei dagegen werden stets Interesse für die Ge¬<lb/> schichte und ihre Denkmale haben und in Betreff der Erhaltung derselben sich<lb/> mehr den Ansichten der zuerstgenannten Partei anschließen. — Neben diesen<lb/> gebildeten, tonangebenden, um das Gemeinwesen oft höchst verdienten Män¬<lb/> nern von Talent und Wissen giebt es aber auch eine viel größere Anzahl<lb/> unwissender, aber von sich sehr eingebildeter Leute, welche dem allgemeinen<lb/> Feldgeschrei folgen, ohne den Sinn desselben zu kennen, und zumal wenn sie<lb/> selbständig handeln, unendlich viel verderben. Diese wollen Alles zerstören,<lb/> was überliefert ist, und aus keinem anderen Grunde, als weil es alt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_783" next="#ID_784"> Bei genauer Betrachtung ergiebt sich also, daß beide Parteien eigentlich<lb/> nur in ihren untern Ausläufern, wozu freilich der bei Weitem größte Theil<lb/> ihrer Genoffen gehört, sich entgegenstehen, und daß die Führer derselben, Män¬<lb/> ner von umfassenderen Wissen und tieferer Bildung, auch in ihren Ansichten<lb/> über die Erhaltung der historischen Denkmale sich ziemlich nahe stehen. Und<lb/> in der That hat sich gezeigt, daß wie gerade mehrere der eifrigsten Vorkämpfer<lb/> für den Fortschritt auf politischem und socialem Gebiet das höchste Interesse<lb/> für die historischen Denkmale unserer Vorzeit hegen und auf Erhaltung der¬<lb/> selben lebhaft bedacht sind, so andererseits auch intelligente Geschichtsforscher<lb/> und Archäologen den Fortschritt auf jedem Gebiete freudig begrüßen, und<lb/> zur Förderung desselben auch dann die helfende Hand bieten, wenn sie unter<lb/> Umständen ein wichtiges historisches Denkmal opfern sollten. — Wollen die<lb/> Parteien den Kampf um Erhaltung oder Zerstörung alter Baudenkmale, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
also die Männer der Wissenschaft, nur in üblen Ruf gebracht, ihnen das
Vertrauen des Publikums, welches ja meist das Gute und Echte von dem
Schlechten nicht zu unterscheiden vermag, entzogen.
Diesen Kennern und Freunden der Alterthümer gegenüber stehen in be¬
deutend überlegener Anzahl die meist jüngern Männer des modernen Fort¬
schritts, meistens Geschäftsleute, deren Schule das praktische Leben war, die
vorzugsweise nach Gelderwerb streben, und der Kunst und Wissenschaft ferne
stehen. Da sie abe; die zahlreichen Vortheile der Neuzeit haben benutzen
können, so sind sie oft sehr kenntnisreich. Jung, kräftig, leicht beweglich, für
alles Neue empfänglich, stets bereit, von Jedem Vortheil und Nutzen zu
ziehen, den Männern der Wissenschaft wie gesagt an Zahl meist überlegen,
verstehen sie, schnell die öffentliche Meinung für sich zu gewinnen, und sich
dadurch zu der herrschenden Partei zu machen. Sie sind jeder Zeit bereit,
Alles zu beseitigen, was ihnen irgendwie, wenn auch nur augenblicklich, hin¬
derlich ist. Ader sie bedenken dabei nicht, daß die Eile des Fortschritts keine
Ruhe zur nähern und eingehenden Betrachtung und richtigen Werthschätzung
des Ueberlieferten gestattet. Ueverdieß fehlen ihnen oft auch die nöthigen
Kenntnisse zu dieser Würdigung. — Die Intelligenteren und wissenschaftlich
Gebildeteren auch dieser Partei dagegen werden stets Interesse für die Ge¬
schichte und ihre Denkmale haben und in Betreff der Erhaltung derselben sich
mehr den Ansichten der zuerstgenannten Partei anschließen. — Neben diesen
gebildeten, tonangebenden, um das Gemeinwesen oft höchst verdienten Män¬
nern von Talent und Wissen giebt es aber auch eine viel größere Anzahl
unwissender, aber von sich sehr eingebildeter Leute, welche dem allgemeinen
Feldgeschrei folgen, ohne den Sinn desselben zu kennen, und zumal wenn sie
selbständig handeln, unendlich viel verderben. Diese wollen Alles zerstören,
was überliefert ist, und aus keinem anderen Grunde, als weil es alt ist.
Bei genauer Betrachtung ergiebt sich also, daß beide Parteien eigentlich
nur in ihren untern Ausläufern, wozu freilich der bei Weitem größte Theil
ihrer Genoffen gehört, sich entgegenstehen, und daß die Führer derselben, Män¬
ner von umfassenderen Wissen und tieferer Bildung, auch in ihren Ansichten
über die Erhaltung der historischen Denkmale sich ziemlich nahe stehen. Und
in der That hat sich gezeigt, daß wie gerade mehrere der eifrigsten Vorkämpfer
für den Fortschritt auf politischem und socialem Gebiet das höchste Interesse
für die historischen Denkmale unserer Vorzeit hegen und auf Erhaltung der¬
selben lebhaft bedacht sind, so andererseits auch intelligente Geschichtsforscher
und Archäologen den Fortschritt auf jedem Gebiete freudig begrüßen, und
zur Förderung desselben auch dann die helfende Hand bieten, wenn sie unter
Umständen ein wichtiges historisches Denkmal opfern sollten. — Wollen die
Parteien den Kampf um Erhaltung oder Zerstörung alter Baudenkmale, der
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