Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.holte ihn 1307 mit dem Kanonikus Wolf, aber die eifersüchtige Geistlichkeit Die bis jetzt genannten Humanisten Straßburgs blieben mit Ausnahme Grenzboten I. 1871. . 93
holte ihn 1307 mit dem Kanonikus Wolf, aber die eifersüchtige Geistlichkeit Die bis jetzt genannten Humanisten Straßburgs blieben mit Ausnahme Grenzboten I. 1871. . 93
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holte ihn 1307 mit dem Kanonikus Wolf, aber die eifersüchtige Geistlichkeit
wußte die Ausführung zu hintertreiben. Durch Geilers Einfluß wurde 1309
in der Nähe des Münsters eine lateinische Schule errichtet, und Hieronymus
Gebweiler von Schlettstadt an diese Domschule berufen; er hielt aus, bis
es ihm bei der Theilnahme der Bürger für die Reformation unheimlich wurde
in der ketzerischen Stadt. Ottomar Nachtigall lehrte neben ihm, der für die
Erlernung der griechischen Sprache Lehrbücher in einer Zeit verfaßte, wo man
dieses Studium höchstens für die Universitäten beanspruchte und Melan-
thons Auftreten noch nicht erfolgt war. In dieser Schule wird Jacob Moltzer
(NieMus) gebildet sein, der 1303 in Straßburg geboren war und in seinem
18. Lebensjahre die Vaterstadt verließ, um die Universität zu Erfurt zu be¬
ziehen, der gefeierte Rector des Frankfurter Gymnasiums und die Zierde der
Heidelberger Hochschule.
Die bis jetzt genannten Humanisten Straßburgs blieben mit Ausnahme
Nachtigalls Anhänger der alten Kirche, selbst Rhenanus hielt sich in seinem
behaglichen Gelehrtenleben fern von den neuen Bestrebungen. Die Reforma¬
tion erst hat in Straßburg den Humanismus für die Schule besser verwerthet
und darum läßt sich die Einführung derselben in der alten Reichsstadt nicht
übergehen. Der Thesenstreit Luthers über den Ablaß, die bald als Helden¬
that gefeierte, bald als eitel Renommisterei verurtheilte Verbrennung der
päpstlichen Decrete sind für die Reformation nicht fo epochemachend gewesen,
als das entschlossene Auftreten des kühnen Augustinermönchs auf dem Reichs¬
tage zu Worms. Erst von da mehrt sich die Zahl der Männer, die in
Luthers Geiste predigen, findet das neue Evangelium bei Städten und Für¬
sten günstige Aufnahme. In Straßburg war der Boden besonders empfäng¬
lich, denn dort hatte man seit Jahrzehnten die Mißbräuche der alten Kirche be¬
kämpft , die Unwissenheit und Unsittlichkeit der Pfaffen verhöhnt, den Despo¬
tismus der Bettelmönche unterdrückt. Schon 1321 wurde Matthias Zell von
dem besseren Theile der Bürgerschaft gegen die Verfolgungen des Bischofs
und des päpstlichen Legaten geschützt, Wolfgang Köpfel (LaMo), Caspar Hedio
und Martin Butzer vollendeten das Werk und friedlich vollzogen die dreihundert
Schöffen am 20. Februar 1829 in öffentlicher Abstimmung die Gründung der
lutherischen Kirche, indem unter feierlicher Stille der Ammanmeister verkündete:
„Bei Schöffen und Ammann einer löblichen freien und Reichsstadt Straßburg
die Messe ist aberkannt." Vierzehn Tage nach der Augsburger Konfession
legten die vier Städte Straßburg, Constanz, Lindau und Memmingen ihr Be¬
kenntniß , die sogenannte Tetrapolitana, dem Kaiser vor, weil sie, von der
schweizerischen Kirche beeinflußt, wegen der Abendmahlslehre der Confession
der Wittenberger nicht beitreten und doch nicht ohne Bekenntniß dastehen
wollten.
Grenzboten I. 1871. . 93
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