Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.seine Leistungen für Wissenschaft und Kunst, damit die Gegenwart lerne von Was bei Wimpheling in patriotischem Eifer leicht und flüchtig für den Aber das Hauptstreben deutscher Humanisten ist immer auf die Herbeiführung seine Leistungen für Wissenschaft und Kunst, damit die Gegenwart lerne von Was bei Wimpheling in patriotischem Eifer leicht und flüchtig für den Aber das Hauptstreben deutscher Humanisten ist immer auf die Herbeiführung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125998"/> <p xml:id="ID_681" prev="#ID_680"> seine Leistungen für Wissenschaft und Kunst, damit die Gegenwart lerne von<lb/> der Vergangenheit. Er verlangt unparteiische Treue von dem Geschichts¬<lb/> schreiber und ist doch selbst parteiisch für seine geliebten Deutschen und gegen<lb/> die verhaßten Franzosen, die unbegründete Ansprüche auf sein gesegnetes<lb/> Elsaß erheben und ihre Theorie von der Nheingrenze aufzustellen beginnen.<lb/> Schon 1S01 war er in einer gleichzeitig deutsch und lateinisch ausgearbeiteten<lb/> Schrift „Tutschland zu Ehre der Stadt Straßburg und des Rinstromes" mit<lb/> dem Nachweise hervorgetreten, daß die westlichen Rheinlande von jeher echt<lb/> deutsche Provinzen und niemals im Besitze der Franzosen gewesen seien. Mit<lb/> 12 Goldgulden belohnte der Rath die patriotische Schrift.</p><lb/> <p xml:id="ID_682"> Was bei Wimpheling in patriotischem Eifer leicht und flüchtig für den<lb/> Augenblick geschaffen wurde, das erweiterte zu wissenschaftlicher Bedeutung<lb/> Bilde von Rheinau (Leatus MenWus), der 1485 in Schlettstadt geboren, in<lb/> Paris durch eifrige Studien der classischen Litteratur gebildet, mehr in stiller<lb/> Zurückgezogenheit gelehrten Arbeiten sich widmete. Ihm verdanken wir die erste<lb/> Ausgabe des Vellejus Paterculus, des Hauptzeugen über die Schlacht im<lb/> Teutoburger Walde, ihm die Ausgaben des Tacitus, welche die Grundlagen der<lb/> Kritik dieses für uns Deutsche besonders wichtigen Geschichtsschreibers bilden, ihm<lb/> überdies kritische Feststellungen der Texte des Livius, Curtius, Plinius, ihm<lb/> 1S31 die Untersuchungen über die Geographie und Ethnographie des alten<lb/> Germaniens bis auf die Zeiten der Völkerwanderung. In diesem Buche hat<lb/> einerseits die warme Theilnahme an der Größe unseres Volkes etwas erhe¬<lb/> bendes, andererseits die freilich noch dunkle Ahnung von dem geschichtlichen<lb/> Bildungsgange unserer Sprache etwas überraschendes.</p><lb/> <p xml:id="ID_683" next="#ID_684"> Aber das Hauptstreben deutscher Humanisten ist immer auf die Herbeiführung<lb/> eines besseren Unterrichts der Jugend gerichtet. Rüstiger Streiter ist auch<lb/> hier Wimpheling schon aus Liebe zum Baterlande; denn er will dem Aus¬<lb/> lande den Ruhm höherer Bildung nicht gönnen. Deshalb sorgt er für bessere<lb/> Lehrbücher der lateinischen Sprache und bemüht sich eifrig um einen besseren<lb/> lateinischen Stil in Briefen und Reden. Schon darum finden die lateinischen<lb/> Prosaiker, die er insgesammt Redner nennt, Gnade vor seinen Augen; von<lb/> den Dichtern läßt er nur Virgil und Horaz Gerechtigkeit widerfahren, an<lb/> die Stelle der anderen sollen christliche Dichter treten, Plautus und Terenz<lb/> kann er für das Lateinsprechen, nicht ganz entbehren. Seine theoretischen<lb/> Ansichten sucht er auch in's Leben zu rufen. Die Straßburger Bürger warnt<lb/> er, ihre Kinder nicht in zartem Alter den Klöstern zuzuführen, blos um sich<lb/> der Sorge für die Erziehung und Unterhaltung derselben zu entledigen, den,<lb/> Rath fordert er auf eine Fechtschule (ein Gymnasium) zu errichten, die nicht<lb/> bloß für den geistlichen Stand erziehen, sondern auch eine gemeinnützige bür¬<lb/> gerliche Schule werden soll. 1501 trat er mit diesem Plane hervor, und wieder-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
seine Leistungen für Wissenschaft und Kunst, damit die Gegenwart lerne von
der Vergangenheit. Er verlangt unparteiische Treue von dem Geschichts¬
schreiber und ist doch selbst parteiisch für seine geliebten Deutschen und gegen
die verhaßten Franzosen, die unbegründete Ansprüche auf sein gesegnetes
Elsaß erheben und ihre Theorie von der Nheingrenze aufzustellen beginnen.
Schon 1S01 war er in einer gleichzeitig deutsch und lateinisch ausgearbeiteten
Schrift „Tutschland zu Ehre der Stadt Straßburg und des Rinstromes" mit
dem Nachweise hervorgetreten, daß die westlichen Rheinlande von jeher echt
deutsche Provinzen und niemals im Besitze der Franzosen gewesen seien. Mit
12 Goldgulden belohnte der Rath die patriotische Schrift.
Was bei Wimpheling in patriotischem Eifer leicht und flüchtig für den
Augenblick geschaffen wurde, das erweiterte zu wissenschaftlicher Bedeutung
Bilde von Rheinau (Leatus MenWus), der 1485 in Schlettstadt geboren, in
Paris durch eifrige Studien der classischen Litteratur gebildet, mehr in stiller
Zurückgezogenheit gelehrten Arbeiten sich widmete. Ihm verdanken wir die erste
Ausgabe des Vellejus Paterculus, des Hauptzeugen über die Schlacht im
Teutoburger Walde, ihm die Ausgaben des Tacitus, welche die Grundlagen der
Kritik dieses für uns Deutsche besonders wichtigen Geschichtsschreibers bilden, ihm
überdies kritische Feststellungen der Texte des Livius, Curtius, Plinius, ihm
1S31 die Untersuchungen über die Geographie und Ethnographie des alten
Germaniens bis auf die Zeiten der Völkerwanderung. In diesem Buche hat
einerseits die warme Theilnahme an der Größe unseres Volkes etwas erhe¬
bendes, andererseits die freilich noch dunkle Ahnung von dem geschichtlichen
Bildungsgange unserer Sprache etwas überraschendes.
Aber das Hauptstreben deutscher Humanisten ist immer auf die Herbeiführung
eines besseren Unterrichts der Jugend gerichtet. Rüstiger Streiter ist auch
hier Wimpheling schon aus Liebe zum Baterlande; denn er will dem Aus¬
lande den Ruhm höherer Bildung nicht gönnen. Deshalb sorgt er für bessere
Lehrbücher der lateinischen Sprache und bemüht sich eifrig um einen besseren
lateinischen Stil in Briefen und Reden. Schon darum finden die lateinischen
Prosaiker, die er insgesammt Redner nennt, Gnade vor seinen Augen; von
den Dichtern läßt er nur Virgil und Horaz Gerechtigkeit widerfahren, an
die Stelle der anderen sollen christliche Dichter treten, Plautus und Terenz
kann er für das Lateinsprechen, nicht ganz entbehren. Seine theoretischen
Ansichten sucht er auch in's Leben zu rufen. Die Straßburger Bürger warnt
er, ihre Kinder nicht in zartem Alter den Klöstern zuzuführen, blos um sich
der Sorge für die Erziehung und Unterhaltung derselben zu entledigen, den,
Rath fordert er auf eine Fechtschule (ein Gymnasium) zu errichten, die nicht
bloß für den geistlichen Stand erziehen, sondern auch eine gemeinnützige bür¬
gerliche Schule werden soll. 1501 trat er mit diesem Plane hervor, und wieder-
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