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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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zu London bei Hammond mit I. v. Benedict's später zur Oper hinzuge¬
fügten Recitativen und andern Piecen (s. unten: Aufführungen zu London);
eine französische Uebersetzung von van Hasselt und Rong6 zum Clavier-
Auszuge in Paris bei Nichault, auch in Braunschweig bei Litolff, eine andere
desgleichen in Paris bei Brentus und Dufour, wie ferner eine ebendort von
Castil-Blaze; die dänische für die Aufführung der Oper in Kopenhagen
rührt von Oehlenschl niger her.


Zur Geschichte der Composition der Oper.

1) Schon die 1804 von W. unternommene Composition der Oper
"Rübezahl" mit ihrem Apparat von Gnomen , Nymphen und Genien deutet
seine Neigung an, der Darstellung dieser phantastischen Welt seine Kunst
dienstbar zu machen. Wegen der NichtVollendung dieser Oper war aber jener
eigenthümliche Zug seines künstlerischen Seelenlebens nicht zur Ausgestaltung
gelangt; er blieb indeß beständig in ihm lebendig und still geschäftig. Eine
Kunde davon ist uns erhalten worden durch die Mittheilung eines der Jugend¬
freunde W.'s, des Großherz. Baden'schen Ministers Alex. v. Dusch, in Rück¬
blick auf ihr Zusammenleben im Schlosse Neuburg 1810. Sie lautet: "Es ist
mir noch jetzt (1860) gegenwärtig, wie Carl Maria einmal spät Abends mir
die Melodie eines Elsenchors vorsang, wie er ihm damals im Kopfe herumging,
und ich meine fast, es müsse sich davon etwas im Oberon vorfinden." --
1817 finden wir W.'s ganzes künstlerisches Wesen gesättigt mit jenem Zuge;
so schreibt er den Freischütz, bald darauf Euryanthe mit Emma's und
Udo's ruhelosen Schatten im Hintergrunde; am Ende seiner siegreich durch¬
laufenen Bahn aber war ihm gestattet, im holden Bilde von Oberon's
Feenreiche jenem mächtigen, einst so früh schon zu selbständiger Gestaltung
drängenden Elemente die freiste Entwicklung zu geben. Die Welt hatte jenen
Zug nach und nach würdigen gelernt und so trug ihm das ferne Albion den
schönen duftigen Stoff entgegen, der, mit des Meisters süßesten Weisen durch¬
woben, zu seinem Schwanengesange geworden ist. -- Schon 1822 hatte W.
Kunde davon erhalten, daß England eine Oper von ihm erwünsche; aber
Euryanthe lag ihm vor und harrte ihrer Vollendung; erst danach, und als
im Sommer 1824 (18. Aug.) durch Kemble der directe Auftrag, eine Oper
für das Coventgarden-Theater in London zu schreiben, an ihn gelangte, nahm
er denselben an. Die Gründe, die ihn trotz großer körperlicher Abspannung
dazu bestimmten, die Verhältnisse, die diese Annahme doppelt schwierig, ja
bedenklich machten, aber seine Zusage dennoch herbeiführten, sind oben
bereits besprochen. -- Am 21. Aug. schrieb er Kemble, daß er die Com¬
position des Oberon übernehmen werde, daß es ihm jedoch unmöglich
sei, bis Ostern 182S diese zu vollziehen, weshalb die Aufführung derselben


zu London bei Hammond mit I. v. Benedict's später zur Oper hinzuge¬
fügten Recitativen und andern Piecen (s. unten: Aufführungen zu London);
eine französische Uebersetzung von van Hasselt und Rong6 zum Clavier-
Auszuge in Paris bei Nichault, auch in Braunschweig bei Litolff, eine andere
desgleichen in Paris bei Brentus und Dufour, wie ferner eine ebendort von
Castil-Blaze; die dänische für die Aufführung der Oper in Kopenhagen
rührt von Oehlenschl niger her.


Zur Geschichte der Composition der Oper.

1) Schon die 1804 von W. unternommene Composition der Oper
„Rübezahl" mit ihrem Apparat von Gnomen , Nymphen und Genien deutet
seine Neigung an, der Darstellung dieser phantastischen Welt seine Kunst
dienstbar zu machen. Wegen der NichtVollendung dieser Oper war aber jener
eigenthümliche Zug seines künstlerischen Seelenlebens nicht zur Ausgestaltung
gelangt; er blieb indeß beständig in ihm lebendig und still geschäftig. Eine
Kunde davon ist uns erhalten worden durch die Mittheilung eines der Jugend¬
freunde W.'s, des Großherz. Baden'schen Ministers Alex. v. Dusch, in Rück¬
blick auf ihr Zusammenleben im Schlosse Neuburg 1810. Sie lautet: „Es ist
mir noch jetzt (1860) gegenwärtig, wie Carl Maria einmal spät Abends mir
die Melodie eines Elsenchors vorsang, wie er ihm damals im Kopfe herumging,
und ich meine fast, es müsse sich davon etwas im Oberon vorfinden." —
1817 finden wir W.'s ganzes künstlerisches Wesen gesättigt mit jenem Zuge;
so schreibt er den Freischütz, bald darauf Euryanthe mit Emma's und
Udo's ruhelosen Schatten im Hintergrunde; am Ende seiner siegreich durch¬
laufenen Bahn aber war ihm gestattet, im holden Bilde von Oberon's
Feenreiche jenem mächtigen, einst so früh schon zu selbständiger Gestaltung
drängenden Elemente die freiste Entwicklung zu geben. Die Welt hatte jenen
Zug nach und nach würdigen gelernt und so trug ihm das ferne Albion den
schönen duftigen Stoff entgegen, der, mit des Meisters süßesten Weisen durch¬
woben, zu seinem Schwanengesange geworden ist. — Schon 1822 hatte W.
Kunde davon erhalten, daß England eine Oper von ihm erwünsche; aber
Euryanthe lag ihm vor und harrte ihrer Vollendung; erst danach, und als
im Sommer 1824 (18. Aug.) durch Kemble der directe Auftrag, eine Oper
für das Coventgarden-Theater in London zu schreiben, an ihn gelangte, nahm
er denselben an. Die Gründe, die ihn trotz großer körperlicher Abspannung
dazu bestimmten, die Verhältnisse, die diese Annahme doppelt schwierig, ja
bedenklich machten, aber seine Zusage dennoch herbeiführten, sind oben
bereits besprochen. — Am 21. Aug. schrieb er Kemble, daß er die Com¬
position des Oberon übernehmen werde, daß es ihm jedoch unmöglich
sei, bis Ostern 182S diese zu vollziehen, weshalb die Aufführung derselben


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[0473] zu London bei Hammond mit I. v. Benedict's später zur Oper hinzuge¬ fügten Recitativen und andern Piecen (s. unten: Aufführungen zu London); eine französische Uebersetzung von van Hasselt und Rong6 zum Clavier- Auszuge in Paris bei Nichault, auch in Braunschweig bei Litolff, eine andere desgleichen in Paris bei Brentus und Dufour, wie ferner eine ebendort von Castil-Blaze; die dänische für die Aufführung der Oper in Kopenhagen rührt von Oehlenschl niger her. Zur Geschichte der Composition der Oper. 1) Schon die 1804 von W. unternommene Composition der Oper „Rübezahl" mit ihrem Apparat von Gnomen , Nymphen und Genien deutet seine Neigung an, der Darstellung dieser phantastischen Welt seine Kunst dienstbar zu machen. Wegen der NichtVollendung dieser Oper war aber jener eigenthümliche Zug seines künstlerischen Seelenlebens nicht zur Ausgestaltung gelangt; er blieb indeß beständig in ihm lebendig und still geschäftig. Eine Kunde davon ist uns erhalten worden durch die Mittheilung eines der Jugend¬ freunde W.'s, des Großherz. Baden'schen Ministers Alex. v. Dusch, in Rück¬ blick auf ihr Zusammenleben im Schlosse Neuburg 1810. Sie lautet: „Es ist mir noch jetzt (1860) gegenwärtig, wie Carl Maria einmal spät Abends mir die Melodie eines Elsenchors vorsang, wie er ihm damals im Kopfe herumging, und ich meine fast, es müsse sich davon etwas im Oberon vorfinden." — 1817 finden wir W.'s ganzes künstlerisches Wesen gesättigt mit jenem Zuge; so schreibt er den Freischütz, bald darauf Euryanthe mit Emma's und Udo's ruhelosen Schatten im Hintergrunde; am Ende seiner siegreich durch¬ laufenen Bahn aber war ihm gestattet, im holden Bilde von Oberon's Feenreiche jenem mächtigen, einst so früh schon zu selbständiger Gestaltung drängenden Elemente die freiste Entwicklung zu geben. Die Welt hatte jenen Zug nach und nach würdigen gelernt und so trug ihm das ferne Albion den schönen duftigen Stoff entgegen, der, mit des Meisters süßesten Weisen durch¬ woben, zu seinem Schwanengesange geworden ist. — Schon 1822 hatte W. Kunde davon erhalten, daß England eine Oper von ihm erwünsche; aber Euryanthe lag ihm vor und harrte ihrer Vollendung; erst danach, und als im Sommer 1824 (18. Aug.) durch Kemble der directe Auftrag, eine Oper für das Coventgarden-Theater in London zu schreiben, an ihn gelangte, nahm er denselben an. Die Gründe, die ihn trotz großer körperlicher Abspannung dazu bestimmten, die Verhältnisse, die diese Annahme doppelt schwierig, ja bedenklich machten, aber seine Zusage dennoch herbeiführten, sind oben bereits besprochen. — Am 21. Aug. schrieb er Kemble, daß er die Com¬ position des Oberon übernehmen werde, daß es ihm jedoch unmöglich sei, bis Ostern 182S diese zu vollziehen, weshalb die Aufführung derselben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/473>, abgerufen am 26.06.2024.