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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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3, Socialdemokraten,
g.) Lassalleaner " Männliche Linie Schweitzer; /? Weibliche Linie Meute;
7 Sachliche Linie, "der große Fritzsche";
d) Marxianer, demokratische Arbeiterpartei, Bebel und Liebknecht.
e) Vierte Fraction: Tauscher in Augsburg.



Me HeschästsKrisen während der Seiden deutschen
LinheitsKnege.

Große Kriege sind in unsern Tage allemal von mehr oder minder ein¬
schneidenden Geschäftsstörungen begleitet. Die rein militärische Auseinander¬
setzung, welche wir 1864 mit den Dänen hatten und welche nur für diese,
nicht für uns die Gestalt eines nationalen Verhängnisses annahm, ließ Deutsch¬
lands volkswirtschaftliche Zustände ziemlich unberührt. Ebenso nahmen Eng¬
lands abyssinischer Feldzug, die französische Expedition nach Mexico und
Cochinchina wohl die Staatsfinanzen, aber nicht das allgemeine Geschäfts¬
getriebe der Nation in Anspruch. Dagegen haben wir 1866 und 1870 ge¬
spürt, daß man mit einem halbwegs ebenbürtigen Gegner nicht kämpft, ohne
es in allen Gliedern zu fühlen.

Der Grund liegt auf der Hand. Schlachten und Feldzüge sind in ihrem
Ausfall immer bis auf einen gewissen Grad unberechenbar; nicht einmal die
Leute vom Fach, Militärs und Diplomaten, zu deren Lebensaufgaben das
vergleichende Studium der Heeres- und Flotten-Einrichtungen der verschie¬
denen Staaten gehört, sind durchschnittlich unterrichtet und urtheilsbefähigt
genug, um denselben mit einiger Sicherheit vorherzubestimmen, -- denn wie
würde sonst Oestreich den Krieg von 1866, Frankreich den gegenwärtigen
unternommen haben? Viel weniger kann also die militärisch ungebildete Ge¬
schäftswelt im Stande sein, sich von den Chancen eines eben ausbrechenden
Krieges ein auch nur annäherungsweise richtiges und gesichertes Bild zu
machen. Sieg und Niederlage -- d. h. soviel wie öffentliches Gedeihen und
Zurückkommen, wo nicht mehr -- erscheinen ungefähr gleich denkbar. Nieder¬
lage der vaterländischen Waffen aber bedeutet drohende Ueberziehung des
Landes durch feindliche Truppen, Brandschatzungen, Zerstörung oder Beschä¬
digung von Gebäuden und anderen handgreiflichen Werthgegenständen, Unter¬
brechung des Verkehrs und der Erwerbsthätigkeit schon während des Krieges,
ferner nach dem Friedensschluß Zahlung der Kriegskosten, Vermehrung der
Staatsschuld und Erhöhung der Steuerlast. Von dem allen ist wiederum die
Folge, daß der allgemeine Wohlstand nachhaltig sinkt und die große Mehr-


3, Socialdemokraten,
g.) Lassalleaner « Männliche Linie Schweitzer; /? Weibliche Linie Meute;
7 Sachliche Linie, „der große Fritzsche";
d) Marxianer, demokratische Arbeiterpartei, Bebel und Liebknecht.
e) Vierte Fraction: Tauscher in Augsburg.



Me HeschästsKrisen während der Seiden deutschen
LinheitsKnege.

Große Kriege sind in unsern Tage allemal von mehr oder minder ein¬
schneidenden Geschäftsstörungen begleitet. Die rein militärische Auseinander¬
setzung, welche wir 1864 mit den Dänen hatten und welche nur für diese,
nicht für uns die Gestalt eines nationalen Verhängnisses annahm, ließ Deutsch¬
lands volkswirtschaftliche Zustände ziemlich unberührt. Ebenso nahmen Eng¬
lands abyssinischer Feldzug, die französische Expedition nach Mexico und
Cochinchina wohl die Staatsfinanzen, aber nicht das allgemeine Geschäfts¬
getriebe der Nation in Anspruch. Dagegen haben wir 1866 und 1870 ge¬
spürt, daß man mit einem halbwegs ebenbürtigen Gegner nicht kämpft, ohne
es in allen Gliedern zu fühlen.

Der Grund liegt auf der Hand. Schlachten und Feldzüge sind in ihrem
Ausfall immer bis auf einen gewissen Grad unberechenbar; nicht einmal die
Leute vom Fach, Militärs und Diplomaten, zu deren Lebensaufgaben das
vergleichende Studium der Heeres- und Flotten-Einrichtungen der verschie¬
denen Staaten gehört, sind durchschnittlich unterrichtet und urtheilsbefähigt
genug, um denselben mit einiger Sicherheit vorherzubestimmen, — denn wie
würde sonst Oestreich den Krieg von 1866, Frankreich den gegenwärtigen
unternommen haben? Viel weniger kann also die militärisch ungebildete Ge¬
schäftswelt im Stande sein, sich von den Chancen eines eben ausbrechenden
Krieges ein auch nur annäherungsweise richtiges und gesichertes Bild zu
machen. Sieg und Niederlage — d. h. soviel wie öffentliches Gedeihen und
Zurückkommen, wo nicht mehr — erscheinen ungefähr gleich denkbar. Nieder¬
lage der vaterländischen Waffen aber bedeutet drohende Ueberziehung des
Landes durch feindliche Truppen, Brandschatzungen, Zerstörung oder Beschä¬
digung von Gebäuden und anderen handgreiflichen Werthgegenständen, Unter¬
brechung des Verkehrs und der Erwerbsthätigkeit schon während des Krieges,
ferner nach dem Friedensschluß Zahlung der Kriegskosten, Vermehrung der
Staatsschuld und Erhöhung der Steuerlast. Von dem allen ist wiederum die
Folge, daß der allgemeine Wohlstand nachhaltig sinkt und die große Mehr-


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[0432] 3, Socialdemokraten, g.) Lassalleaner « Männliche Linie Schweitzer; /? Weibliche Linie Meute; 7 Sachliche Linie, „der große Fritzsche"; d) Marxianer, demokratische Arbeiterpartei, Bebel und Liebknecht. e) Vierte Fraction: Tauscher in Augsburg. Me HeschästsKrisen während der Seiden deutschen LinheitsKnege. Große Kriege sind in unsern Tage allemal von mehr oder minder ein¬ schneidenden Geschäftsstörungen begleitet. Die rein militärische Auseinander¬ setzung, welche wir 1864 mit den Dänen hatten und welche nur für diese, nicht für uns die Gestalt eines nationalen Verhängnisses annahm, ließ Deutsch¬ lands volkswirtschaftliche Zustände ziemlich unberührt. Ebenso nahmen Eng¬ lands abyssinischer Feldzug, die französische Expedition nach Mexico und Cochinchina wohl die Staatsfinanzen, aber nicht das allgemeine Geschäfts¬ getriebe der Nation in Anspruch. Dagegen haben wir 1866 und 1870 ge¬ spürt, daß man mit einem halbwegs ebenbürtigen Gegner nicht kämpft, ohne es in allen Gliedern zu fühlen. Der Grund liegt auf der Hand. Schlachten und Feldzüge sind in ihrem Ausfall immer bis auf einen gewissen Grad unberechenbar; nicht einmal die Leute vom Fach, Militärs und Diplomaten, zu deren Lebensaufgaben das vergleichende Studium der Heeres- und Flotten-Einrichtungen der verschie¬ denen Staaten gehört, sind durchschnittlich unterrichtet und urtheilsbefähigt genug, um denselben mit einiger Sicherheit vorherzubestimmen, — denn wie würde sonst Oestreich den Krieg von 1866, Frankreich den gegenwärtigen unternommen haben? Viel weniger kann also die militärisch ungebildete Ge¬ schäftswelt im Stande sein, sich von den Chancen eines eben ausbrechenden Krieges ein auch nur annäherungsweise richtiges und gesichertes Bild zu machen. Sieg und Niederlage — d. h. soviel wie öffentliches Gedeihen und Zurückkommen, wo nicht mehr — erscheinen ungefähr gleich denkbar. Nieder¬ lage der vaterländischen Waffen aber bedeutet drohende Ueberziehung des Landes durch feindliche Truppen, Brandschatzungen, Zerstörung oder Beschä¬ digung von Gebäuden und anderen handgreiflichen Werthgegenständen, Unter¬ brechung des Verkehrs und der Erwerbsthätigkeit schon während des Krieges, ferner nach dem Friedensschluß Zahlung der Kriegskosten, Vermehrung der Staatsschuld und Erhöhung der Steuerlast. Von dem allen ist wiederum die Folge, daß der allgemeine Wohlstand nachhaltig sinkt und die große Mehr-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/432>, abgerufen am 22.07.2024.