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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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puppten sich in mehr als einer Beziehung als Fahnenträger des Particularis-
mus, sowohl in nationaler als in socialer Beziehung. Die Wähler sollten
erfahren, daß der conservative Abgeordnete nichts ist, als schwarzweißer Guts¬
besitzer. Wenn wir in diesen Parteien, wie sie zuletzt auftraten, das rechts¬
liegende Extrem des künftigen Reichstags erblicken, so wurden in vielen
demokratischen Blättern mit Hinblick auf die Haltung einzelner Fortschritts¬
männer, die an crasser Negation nichts zu wünschen übrig ließ, Fortschritt,
Volkspartei und Socialdemokratie unter eine höhere Einheit gebracht. Zwischen
dieser rechten und linken Seite des künftigen Parlaments stehen dann unsere
bekannten Mittelparteien, deren Situation durch das folgende Tableau ver¬
anschaulicht wird:

I. Obscnrantisch-rcactioniire Parteien
1. Ultramontane.
g.) "Centrum" in Preußen; h) Patrioten in Baiern; e) Aolksvartei in
Baden.
2. Centrifugal.
s.) Großdeutsche, fast nur noch in Schwaben; d) Welsen (und Augusten-
burger) in den annectirten Provinzen; c) Polen, in Posen und Westpreußen;
6) Dänen in Nordschleswig.
3. Particularisten.
a) Altconservative in Preußen; b) "Bundesstaatlich Konstitutionelle" in
Sachsen; o) "Gemäßigte" in Baiern.
II. National-reformatorische Parteien.
1. Freiconservative.
g,) Als solche in Norddeutschland; b) als Nationcüconservative in Baden.
2. Altliberale.
Zum großen Theil bisher fractionslos oder bei einer der beiden andern
Mittelparteien als "Conkneipcmten".
3. Nationalliberale.
a) Als solche in Norddeutschland und Baden; b) als deutsche Partei in
Württemberg; e) als Fortschrittspartei in Baiern und Hessen.
III. Radikale und destructive Parteien.
1. Fortschritt.
g.) Als solcher in Preußen; b) als Demokratie in verschiedenen andern
deutschen Ländern.
Das "linke Centrum", welches sich im preußischen Landtag kürzlich neu¬
gebildet hat, ist als Zwillingsschwester des Fortschritts zu betrachten.
2. Volkspartei.
Als solche mit abweichenden Zielen in Königsberg, Berlin, Frankfurt a. M.

puppten sich in mehr als einer Beziehung als Fahnenträger des Particularis-
mus, sowohl in nationaler als in socialer Beziehung. Die Wähler sollten
erfahren, daß der conservative Abgeordnete nichts ist, als schwarzweißer Guts¬
besitzer. Wenn wir in diesen Parteien, wie sie zuletzt auftraten, das rechts¬
liegende Extrem des künftigen Reichstags erblicken, so wurden in vielen
demokratischen Blättern mit Hinblick auf die Haltung einzelner Fortschritts¬
männer, die an crasser Negation nichts zu wünschen übrig ließ, Fortschritt,
Volkspartei und Socialdemokratie unter eine höhere Einheit gebracht. Zwischen
dieser rechten und linken Seite des künftigen Parlaments stehen dann unsere
bekannten Mittelparteien, deren Situation durch das folgende Tableau ver¬
anschaulicht wird:

I. Obscnrantisch-rcactioniire Parteien
1. Ultramontane.
g.) „Centrum" in Preußen; h) Patrioten in Baiern; e) Aolksvartei in
Baden.
2. Centrifugal.
s.) Großdeutsche, fast nur noch in Schwaben; d) Welsen (und Augusten-
burger) in den annectirten Provinzen; c) Polen, in Posen und Westpreußen;
6) Dänen in Nordschleswig.
3. Particularisten.
a) Altconservative in Preußen; b) „Bundesstaatlich Konstitutionelle" in
Sachsen; o) „Gemäßigte" in Baiern.
II. National-reformatorische Parteien.
1. Freiconservative.
g,) Als solche in Norddeutschland; b) als Nationcüconservative in Baden.
2. Altliberale.
Zum großen Theil bisher fractionslos oder bei einer der beiden andern
Mittelparteien als „Conkneipcmten".
3. Nationalliberale.
a) Als solche in Norddeutschland und Baden; b) als deutsche Partei in
Württemberg; e) als Fortschrittspartei in Baiern und Hessen.
III. Radikale und destructive Parteien.
1. Fortschritt.
g.) Als solcher in Preußen; b) als Demokratie in verschiedenen andern
deutschen Ländern.
Das „linke Centrum", welches sich im preußischen Landtag kürzlich neu¬
gebildet hat, ist als Zwillingsschwester des Fortschritts zu betrachten.
2. Volkspartei.
Als solche mit abweichenden Zielen in Königsberg, Berlin, Frankfurt a. M.

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[0431] puppten sich in mehr als einer Beziehung als Fahnenträger des Particularis- mus, sowohl in nationaler als in socialer Beziehung. Die Wähler sollten erfahren, daß der conservative Abgeordnete nichts ist, als schwarzweißer Guts¬ besitzer. Wenn wir in diesen Parteien, wie sie zuletzt auftraten, das rechts¬ liegende Extrem des künftigen Reichstags erblicken, so wurden in vielen demokratischen Blättern mit Hinblick auf die Haltung einzelner Fortschritts¬ männer, die an crasser Negation nichts zu wünschen übrig ließ, Fortschritt, Volkspartei und Socialdemokratie unter eine höhere Einheit gebracht. Zwischen dieser rechten und linken Seite des künftigen Parlaments stehen dann unsere bekannten Mittelparteien, deren Situation durch das folgende Tableau ver¬ anschaulicht wird: I. Obscnrantisch-rcactioniire Parteien 1. Ultramontane. g.) „Centrum" in Preußen; h) Patrioten in Baiern; e) Aolksvartei in Baden. 2. Centrifugal. s.) Großdeutsche, fast nur noch in Schwaben; d) Welsen (und Augusten- burger) in den annectirten Provinzen; c) Polen, in Posen und Westpreußen; 6) Dänen in Nordschleswig. 3. Particularisten. a) Altconservative in Preußen; b) „Bundesstaatlich Konstitutionelle" in Sachsen; o) „Gemäßigte" in Baiern. II. National-reformatorische Parteien. 1. Freiconservative. g,) Als solche in Norddeutschland; b) als Nationcüconservative in Baden. 2. Altliberale. Zum großen Theil bisher fractionslos oder bei einer der beiden andern Mittelparteien als „Conkneipcmten". 3. Nationalliberale. a) Als solche in Norddeutschland und Baden; b) als deutsche Partei in Württemberg; e) als Fortschrittspartei in Baiern und Hessen. III. Radikale und destructive Parteien. 1. Fortschritt. g.) Als solcher in Preußen; b) als Demokratie in verschiedenen andern deutschen Ländern. Das „linke Centrum", welches sich im preußischen Landtag kürzlich neu¬ gebildet hat, ist als Zwillingsschwester des Fortschritts zu betrachten. 2. Volkspartei. Als solche mit abweichenden Zielen in Königsberg, Berlin, Frankfurt a. M.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/431>, abgerufen am 22.07.2024.