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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Eurer Heiligkeit und der Aufrechterhaltung der Ordnung genügen. In dieser
ausschließlich reinen Vorsichtsmaßregel wollen Eure Heiligkeit keinen feind¬
seligen Act erblicken. Meine Regierung und meine Streitkräfte beschränken
sich absolut nur auf eine conservative und beschützende Action der mit den
Rechten der römischen Bevölkerung leicht vereinbarlichen Unverletzlichkeit des
Papstes mit dessen geistlicher Autorität und mit der Unabhängigkeit des Hei¬
ligen Stuhles.

Wenn Eure Heiligkeit, wie ich nicht zweifle und wie Ihr geheiligter
Charakter und die Großherzigkeit Ihres Gemüthes zu hoffen mich berechtigen,
von dem gleichen Wunsche wie ich beseelt sind, jeden Conflict und jede Ge¬
fahr eines Gewaltaetes zu vermeiden, fo werden Sie mit dem Grafen Ponza
dr San Martino, dem Ueberbringer dieses Schreibens, der von Seite meiner
Negierung mit den zweckmäßigsten Jnstructionen versehen ist, jene Maßregeln
vereint feststellen, welche am besten zu dem ersehnten Ziele führen können.
Erlauben mir Eure Heiligkeit, im gegenwärtigen für Italien, die Kirche und
das Papstthum so feierlichen Momente zu hoffen, daß jener Geist der Güte,
der sich in Ihrem Gemüthe für diesen Boden, der auch Ihr Vaterland ist,
stets wirksam ausgesprochen hat, sowie die versöhnlichsten Gesinnungen, die
ich mich stets bemühte, durch Thaten mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zu
beweisen, beide vereint, die nationalen Bestrebungen befriedigen und dem Haupt
der Christenheit, umgeben von der Devotion der italienischen Bevölkerungen,
ermöglichen werden, an den Ufern der Tiber einen ruhmvollen Sitz, un¬
abhängig von jeder menschlichen Souveränetät, auch ferner aufrecht zu erhalten.

Wenn Eure Heiligkeit Rom von den fremden Truppen befreien und auf
diese Weise die Gefahr beseitigen werden, daß die Stadt zum Kampfplatz der
Umsturz anstrebenden Parteien werde, so werden Sie ein bewunderungswür¬
diges Werk vollendet, der Kirche den Frieden wieder gegeben und dem über
die Schrecken des Krieges entsetzten Europa gezeigt haben, wie man große
Schlachten und unsterbliche Siege durch einen Act der Gerechtigkeit und durch
ein einziges Wort der Liebe erringen könne! Ich bitte Eure Heiligkeit, mir
Ihren apostolischen Segen verleihen und die Gefühle meiner tiefsten Ver¬
ehrung entgegen nehmen zu wollen. Eurer Heiligkeit untertänigster, gehor¬
samster und ergebenster Sohn


Victor Emänue l."

Florenz, 8. September 1870.

Der Graf Ponza war zugleich beauftragt, dem Papste folgende Vor¬
schläge zu überbringen: 1) dem Papste verbleibt die Stadt Leo's mit der Sou¬
veränetät und unbeschränkter Gerichtsbarkeit, 2) dem Papste verbleibt seine
Civilliste ungeschmälert, 3) alle Nationen haben freien Zutritt zur Stadt
Leo's, 4) alle kirchlichen Anstalten Roms werden neutralisiet und hängen nur
von der Stadt Leo's ab, S) die Gesandten beim päpstlichen Stuhle genießen


Eurer Heiligkeit und der Aufrechterhaltung der Ordnung genügen. In dieser
ausschließlich reinen Vorsichtsmaßregel wollen Eure Heiligkeit keinen feind¬
seligen Act erblicken. Meine Regierung und meine Streitkräfte beschränken
sich absolut nur auf eine conservative und beschützende Action der mit den
Rechten der römischen Bevölkerung leicht vereinbarlichen Unverletzlichkeit des
Papstes mit dessen geistlicher Autorität und mit der Unabhängigkeit des Hei¬
ligen Stuhles.

Wenn Eure Heiligkeit, wie ich nicht zweifle und wie Ihr geheiligter
Charakter und die Großherzigkeit Ihres Gemüthes zu hoffen mich berechtigen,
von dem gleichen Wunsche wie ich beseelt sind, jeden Conflict und jede Ge¬
fahr eines Gewaltaetes zu vermeiden, fo werden Sie mit dem Grafen Ponza
dr San Martino, dem Ueberbringer dieses Schreibens, der von Seite meiner
Negierung mit den zweckmäßigsten Jnstructionen versehen ist, jene Maßregeln
vereint feststellen, welche am besten zu dem ersehnten Ziele führen können.
Erlauben mir Eure Heiligkeit, im gegenwärtigen für Italien, die Kirche und
das Papstthum so feierlichen Momente zu hoffen, daß jener Geist der Güte,
der sich in Ihrem Gemüthe für diesen Boden, der auch Ihr Vaterland ist,
stets wirksam ausgesprochen hat, sowie die versöhnlichsten Gesinnungen, die
ich mich stets bemühte, durch Thaten mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zu
beweisen, beide vereint, die nationalen Bestrebungen befriedigen und dem Haupt
der Christenheit, umgeben von der Devotion der italienischen Bevölkerungen,
ermöglichen werden, an den Ufern der Tiber einen ruhmvollen Sitz, un¬
abhängig von jeder menschlichen Souveränetät, auch ferner aufrecht zu erhalten.

Wenn Eure Heiligkeit Rom von den fremden Truppen befreien und auf
diese Weise die Gefahr beseitigen werden, daß die Stadt zum Kampfplatz der
Umsturz anstrebenden Parteien werde, so werden Sie ein bewunderungswür¬
diges Werk vollendet, der Kirche den Frieden wieder gegeben und dem über
die Schrecken des Krieges entsetzten Europa gezeigt haben, wie man große
Schlachten und unsterbliche Siege durch einen Act der Gerechtigkeit und durch
ein einziges Wort der Liebe erringen könne! Ich bitte Eure Heiligkeit, mir
Ihren apostolischen Segen verleihen und die Gefühle meiner tiefsten Ver¬
ehrung entgegen nehmen zu wollen. Eurer Heiligkeit untertänigster, gehor¬
samster und ergebenster Sohn


Victor Emänue l."

Florenz, 8. September 1870.

Der Graf Ponza war zugleich beauftragt, dem Papste folgende Vor¬
schläge zu überbringen: 1) dem Papste verbleibt die Stadt Leo's mit der Sou¬
veränetät und unbeschränkter Gerichtsbarkeit, 2) dem Papste verbleibt seine
Civilliste ungeschmälert, 3) alle Nationen haben freien Zutritt zur Stadt
Leo's, 4) alle kirchlichen Anstalten Roms werden neutralisiet und hängen nur
von der Stadt Leo's ab, S) die Gesandten beim päpstlichen Stuhle genießen


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[0360] Eurer Heiligkeit und der Aufrechterhaltung der Ordnung genügen. In dieser ausschließlich reinen Vorsichtsmaßregel wollen Eure Heiligkeit keinen feind¬ seligen Act erblicken. Meine Regierung und meine Streitkräfte beschränken sich absolut nur auf eine conservative und beschützende Action der mit den Rechten der römischen Bevölkerung leicht vereinbarlichen Unverletzlichkeit des Papstes mit dessen geistlicher Autorität und mit der Unabhängigkeit des Hei¬ ligen Stuhles. Wenn Eure Heiligkeit, wie ich nicht zweifle und wie Ihr geheiligter Charakter und die Großherzigkeit Ihres Gemüthes zu hoffen mich berechtigen, von dem gleichen Wunsche wie ich beseelt sind, jeden Conflict und jede Ge¬ fahr eines Gewaltaetes zu vermeiden, fo werden Sie mit dem Grafen Ponza dr San Martino, dem Ueberbringer dieses Schreibens, der von Seite meiner Negierung mit den zweckmäßigsten Jnstructionen versehen ist, jene Maßregeln vereint feststellen, welche am besten zu dem ersehnten Ziele führen können. Erlauben mir Eure Heiligkeit, im gegenwärtigen für Italien, die Kirche und das Papstthum so feierlichen Momente zu hoffen, daß jener Geist der Güte, der sich in Ihrem Gemüthe für diesen Boden, der auch Ihr Vaterland ist, stets wirksam ausgesprochen hat, sowie die versöhnlichsten Gesinnungen, die ich mich stets bemühte, durch Thaten mit unerschütterlicher Beharrlichkeit zu beweisen, beide vereint, die nationalen Bestrebungen befriedigen und dem Haupt der Christenheit, umgeben von der Devotion der italienischen Bevölkerungen, ermöglichen werden, an den Ufern der Tiber einen ruhmvollen Sitz, un¬ abhängig von jeder menschlichen Souveränetät, auch ferner aufrecht zu erhalten. Wenn Eure Heiligkeit Rom von den fremden Truppen befreien und auf diese Weise die Gefahr beseitigen werden, daß die Stadt zum Kampfplatz der Umsturz anstrebenden Parteien werde, so werden Sie ein bewunderungswür¬ diges Werk vollendet, der Kirche den Frieden wieder gegeben und dem über die Schrecken des Krieges entsetzten Europa gezeigt haben, wie man große Schlachten und unsterbliche Siege durch einen Act der Gerechtigkeit und durch ein einziges Wort der Liebe erringen könne! Ich bitte Eure Heiligkeit, mir Ihren apostolischen Segen verleihen und die Gefühle meiner tiefsten Ver¬ ehrung entgegen nehmen zu wollen. Eurer Heiligkeit untertänigster, gehor¬ samster und ergebenster Sohn Victor Emänue l." Florenz, 8. September 1870. Der Graf Ponza war zugleich beauftragt, dem Papste folgende Vor¬ schläge zu überbringen: 1) dem Papste verbleibt die Stadt Leo's mit der Sou¬ veränetät und unbeschränkter Gerichtsbarkeit, 2) dem Papste verbleibt seine Civilliste ungeschmälert, 3) alle Nationen haben freien Zutritt zur Stadt Leo's, 4) alle kirchlichen Anstalten Roms werden neutralisiet und hängen nur von der Stadt Leo's ab, S) die Gesandten beim päpstlichen Stuhle genießen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/360>, abgerufen am 26.06.2024.