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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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das französische Münzsystem, auf die Goldwährung angewandt, vorschreibt,
dasselbe, was man in Oestreich soeben nachgeahmt hat, dasselbe, was die
Vertheidiger des Fünffrankenstückes, die Bertheidiger des Goldguldens von
2'/z Franken verlangen, und zwar als Weltmünze für den künftigen Verkehr
der ganzen civilisirten Menschheit, Sie-wollen das Gewicht an Gold, wonach
gekauft und verkauft werden soll, das gesetzliche Werthmaß, woran alle Wirth-
schaftlichen Werthe gemessen werden sollen, nicht in einer einfachen Gewichts--
große Goldes unmittelbar hinstellen, sondern halten sich zunächst an einen
ganz verschiedenen Werthgegenstand, das Silber, um das fragliche Quantum
Goldes zu bestimmen, gehen also von der Silberwährung, von dem bei ihr
benutzten Werthmaße von 1 Franken von 3 Gramm Silbers "/lo sein aus,
indem sie festsetzen, (was an und für sich über ihre Competenz geht und sich
nicht aufrecht erhalten läßt), daß das Preisverhältniß beider Metalle zu einander
wie 1:sein, daß folglich 16-5 goldene Zwanzigfrankenstücke auf ein Kilo¬
gramm Goldes "/ig fein gehen, daß ein Frank in Gold ">/zz Gramm wiegen
soll. Wenn sich also das Preisverhältniß zwischen Gold und Silber eines
Tages auf dem Weltmarkte radical verändern sollte, so würden sie überhaupt
nur noch historisch nachweisen können, wie sie zu dem gesetzlichen Werthmaße
von ">/zi Gramm Goldes (1 Frank) gekommen seien, die materielle Basis
hätten sie gänzlich unter den Füßen verloren. Kann man das überall ein
rationelles Princip nennen?

Ich komme jetzt zu dem äußeren oder praktischen Interesse der Frage.
Der Baron Nothomb hat in seiner Schrift (Die Weltmünze. Berlin 1869.)
auf französische Autoritäten gestützt, nachgewiesen, daß man seit Jahren in
den französischen Münzstätten ein eigenthümliches Verfahren beobachtet hat,
indem man fortwährend mit großer Genauigkeit prägte, aber absichtlich nie¬
mals vollwichtige Napoleons herstellte, sondern stets ein Untergewicht existiren
ließ und dabei bis an die äußersten Grenzen der gesetzlich zulässigen Toleranz
ging. Er sagt daher (S. 13) "Ehe Deutschland daran geht, Zwanzigfranken¬
stücke auszumünzen, möchten wir ihm rathen, zu warten, bis Frankreich selber
welche prägen wird: bis jetzt existiren gesetzlich vollwichtige Napoleons nicht."
Hieraus folgt, daß bis jetzt Verschiedenheiten in der Art und Weise bestehen,
wie das Princip der Toleranz von den Münzbehörden in Deutschland, den
Berein. Staaten, England und Frankreich gehandhabt wird. Ob und in
welcher Weise sich dieselben im Falle einer allgemeinen internationalen Münz¬
einigung würden heben lassen, ob für etwaige Differenzen ein internationales
Schiedsgericht eingesetzt werden würde, ob man sich unter den betheiligten
Regierungen indirecter Weise verständigen könnte, will ich dahin gestellt sein
lassen. Zunächst ist die Möglichkeit nicht zu leugnen, daß es ein verschiedenes
Resultat geben könnte, -- angenommen, der Frank wäre als Weltmünze ein-


das französische Münzsystem, auf die Goldwährung angewandt, vorschreibt,
dasselbe, was man in Oestreich soeben nachgeahmt hat, dasselbe, was die
Vertheidiger des Fünffrankenstückes, die Bertheidiger des Goldguldens von
2'/z Franken verlangen, und zwar als Weltmünze für den künftigen Verkehr
der ganzen civilisirten Menschheit, Sie-wollen das Gewicht an Gold, wonach
gekauft und verkauft werden soll, das gesetzliche Werthmaß, woran alle Wirth-
schaftlichen Werthe gemessen werden sollen, nicht in einer einfachen Gewichts--
große Goldes unmittelbar hinstellen, sondern halten sich zunächst an einen
ganz verschiedenen Werthgegenstand, das Silber, um das fragliche Quantum
Goldes zu bestimmen, gehen also von der Silberwährung, von dem bei ihr
benutzten Werthmaße von 1 Franken von 3 Gramm Silbers "/lo sein aus,
indem sie festsetzen, (was an und für sich über ihre Competenz geht und sich
nicht aufrecht erhalten läßt), daß das Preisverhältniß beider Metalle zu einander
wie 1:sein, daß folglich 16-5 goldene Zwanzigfrankenstücke auf ein Kilo¬
gramm Goldes «/ig fein gehen, daß ein Frank in Gold ">/zz Gramm wiegen
soll. Wenn sich also das Preisverhältniß zwischen Gold und Silber eines
Tages auf dem Weltmarkte radical verändern sollte, so würden sie überhaupt
nur noch historisch nachweisen können, wie sie zu dem gesetzlichen Werthmaße
von ">/zi Gramm Goldes (1 Frank) gekommen seien, die materielle Basis
hätten sie gänzlich unter den Füßen verloren. Kann man das überall ein
rationelles Princip nennen?

Ich komme jetzt zu dem äußeren oder praktischen Interesse der Frage.
Der Baron Nothomb hat in seiner Schrift (Die Weltmünze. Berlin 1869.)
auf französische Autoritäten gestützt, nachgewiesen, daß man seit Jahren in
den französischen Münzstätten ein eigenthümliches Verfahren beobachtet hat,
indem man fortwährend mit großer Genauigkeit prägte, aber absichtlich nie¬
mals vollwichtige Napoleons herstellte, sondern stets ein Untergewicht existiren
ließ und dabei bis an die äußersten Grenzen der gesetzlich zulässigen Toleranz
ging. Er sagt daher (S. 13) „Ehe Deutschland daran geht, Zwanzigfranken¬
stücke auszumünzen, möchten wir ihm rathen, zu warten, bis Frankreich selber
welche prägen wird: bis jetzt existiren gesetzlich vollwichtige Napoleons nicht."
Hieraus folgt, daß bis jetzt Verschiedenheiten in der Art und Weise bestehen,
wie das Princip der Toleranz von den Münzbehörden in Deutschland, den
Berein. Staaten, England und Frankreich gehandhabt wird. Ob und in
welcher Weise sich dieselben im Falle einer allgemeinen internationalen Münz¬
einigung würden heben lassen, ob für etwaige Differenzen ein internationales
Schiedsgericht eingesetzt werden würde, ob man sich unter den betheiligten
Regierungen indirecter Weise verständigen könnte, will ich dahin gestellt sein
lassen. Zunächst ist die Möglichkeit nicht zu leugnen, daß es ein verschiedenes
Resultat geben könnte, — angenommen, der Frank wäre als Weltmünze ein-


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[0275] das französische Münzsystem, auf die Goldwährung angewandt, vorschreibt, dasselbe, was man in Oestreich soeben nachgeahmt hat, dasselbe, was die Vertheidiger des Fünffrankenstückes, die Bertheidiger des Goldguldens von 2'/z Franken verlangen, und zwar als Weltmünze für den künftigen Verkehr der ganzen civilisirten Menschheit, Sie-wollen das Gewicht an Gold, wonach gekauft und verkauft werden soll, das gesetzliche Werthmaß, woran alle Wirth- schaftlichen Werthe gemessen werden sollen, nicht in einer einfachen Gewichts-- große Goldes unmittelbar hinstellen, sondern halten sich zunächst an einen ganz verschiedenen Werthgegenstand, das Silber, um das fragliche Quantum Goldes zu bestimmen, gehen also von der Silberwährung, von dem bei ihr benutzten Werthmaße von 1 Franken von 3 Gramm Silbers "/lo sein aus, indem sie festsetzen, (was an und für sich über ihre Competenz geht und sich nicht aufrecht erhalten läßt), daß das Preisverhältniß beider Metalle zu einander wie 1:sein, daß folglich 16-5 goldene Zwanzigfrankenstücke auf ein Kilo¬ gramm Goldes «/ig fein gehen, daß ein Frank in Gold ">/zz Gramm wiegen soll. Wenn sich also das Preisverhältniß zwischen Gold und Silber eines Tages auf dem Weltmarkte radical verändern sollte, so würden sie überhaupt nur noch historisch nachweisen können, wie sie zu dem gesetzlichen Werthmaße von ">/zi Gramm Goldes (1 Frank) gekommen seien, die materielle Basis hätten sie gänzlich unter den Füßen verloren. Kann man das überall ein rationelles Princip nennen? Ich komme jetzt zu dem äußeren oder praktischen Interesse der Frage. Der Baron Nothomb hat in seiner Schrift (Die Weltmünze. Berlin 1869.) auf französische Autoritäten gestützt, nachgewiesen, daß man seit Jahren in den französischen Münzstätten ein eigenthümliches Verfahren beobachtet hat, indem man fortwährend mit großer Genauigkeit prägte, aber absichtlich nie¬ mals vollwichtige Napoleons herstellte, sondern stets ein Untergewicht existiren ließ und dabei bis an die äußersten Grenzen der gesetzlich zulässigen Toleranz ging. Er sagt daher (S. 13) „Ehe Deutschland daran geht, Zwanzigfranken¬ stücke auszumünzen, möchten wir ihm rathen, zu warten, bis Frankreich selber welche prägen wird: bis jetzt existiren gesetzlich vollwichtige Napoleons nicht." Hieraus folgt, daß bis jetzt Verschiedenheiten in der Art und Weise bestehen, wie das Princip der Toleranz von den Münzbehörden in Deutschland, den Berein. Staaten, England und Frankreich gehandhabt wird. Ob und in welcher Weise sich dieselben im Falle einer allgemeinen internationalen Münz¬ einigung würden heben lassen, ob für etwaige Differenzen ein internationales Schiedsgericht eingesetzt werden würde, ob man sich unter den betheiligten Regierungen indirecter Weise verständigen könnte, will ich dahin gestellt sein lassen. Zunächst ist die Möglichkeit nicht zu leugnen, daß es ein verschiedenes Resultat geben könnte, — angenommen, der Frank wäre als Weltmünze ein-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/275>, abgerufen am 26.06.2024.