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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Landespostanstalten ist den in Straßburg, Metz und Reims errichteten Obed>
postdirectionen übertragen worden.

Ein hohes Interesse erweckte namentlich der von dem General-Postamte
ins Leben gerufene Beförderungsdienst für Privatpäckereien. Die Post be¬
währt sich auch hier als eine Freundin des Volks; denn sie besorgt neben
den Dienstsachen auch die Privatsendungen, während die anderen Commu-
nicationsmittel hauptsächlich nur für Militairdienstzwecke arbeiten. Die fran¬
zösische Feldpost, ebenso die englische und italienische würden diesen Dienst
umsoweniger haben übernehmen können, als sie schon im Frieden kein Packe t-
transportwesen besitzen. Wie mangelhaft und unzureichend die französische
Feldpost eingerichtet war, mag übrigens an dieser Stelle Erwähnung finden.
Die ganze französische Feldpost für eine so bedeutende Heeresmacht, wie die
von Napoleon aufgestellte, bestand aus 74 Beamten; französische Gefangene
klagten bitter darüber, daß sie gar keine Briefe empfangen hätten; an vielen
Orten fand die preußische Feldpost zurückgelassene Säcke mit französischen
Feldpostbriefen vor. Packete zu befördern lag ursprünglich nicht in dem Or¬
ganisationsplane der preußischen Feldpost; sie hat vor Allem die Aufgabe, den
Briefverkehr zu vermitteln. Allein in richtiger Erkenntniß des Bedürfnisses
übernahm sie auch die Beförderung von Sachen in Briefen; -- daher die
Ueberschüttung der Feldposten mit allen möglichen Dingen: Lebensmitteln,
Flüssigkeiten, Bekleidungsgegenständen in bunter Mannigfaltigkeit (z. B. Kin¬
derhändchen), welche in Briefen, Pappcartons oder Blechbüchsen ihren Weg
nach Frankreich nahmen, wo Hunderte von Wagenladungen auf weiten Strecken
transportirtwerden mußten. Als diese Ueberfluthung riesige Dimensionen annahm,
wurde die Packetbeförderuug eingerichtet. Mit Extrazügen wurden 1,271,553
Packereien für Soldaten während eines Zeitraums von 8 Wochen nach Frank¬
reich transportirt. Zur Fortschaffung dieser Massen dienten 83,000 Säcke,
600 Waggons und viele Hunderte von Pserdefahrzeugen. In Remilly, Metz,
Nanteuil a. Marne, später Lagny, Corbeil, Dammartin und zuletzt Orleans
wurden große Feldpost-Päckereidepöts errichtet; das Material zu den Holz¬
baracken, Schuppen in. ist zum Theil bis aus Mannheim an Ort und Stelle
hingeschafft; wenn Noth war, sind selbst in Kirchen Packete aufgestapelt wor¬
den. Zum großen Theil haben die Truppen noch am Weihnachtstage die
letzten Packete in Empfang genommen; nach dem 1. Januar 1871 soll der
Packetdienst, welcher wegen des Weihnachtsverkehrs im Inlands geruht hat,
wieder aufgenommen werden, namentlich soll der Transport von Ausrüstungs¬
gegenständen sür Offiziere und Militairbeamte im Januar beginnen.

Die Verkehrsstatistik der Feldpost bis Ende December liefert enorme
Zahlen. Nach zuverlässigen Ermittelungen nämlich sind in dem Zeitraum
vom 16. Juli bis 31. December 1870 an Feldpostsendungen befördert worden:


Landespostanstalten ist den in Straßburg, Metz und Reims errichteten Obed>
postdirectionen übertragen worden.

Ein hohes Interesse erweckte namentlich der von dem General-Postamte
ins Leben gerufene Beförderungsdienst für Privatpäckereien. Die Post be¬
währt sich auch hier als eine Freundin des Volks; denn sie besorgt neben
den Dienstsachen auch die Privatsendungen, während die anderen Commu-
nicationsmittel hauptsächlich nur für Militairdienstzwecke arbeiten. Die fran¬
zösische Feldpost, ebenso die englische und italienische würden diesen Dienst
umsoweniger haben übernehmen können, als sie schon im Frieden kein Packe t-
transportwesen besitzen. Wie mangelhaft und unzureichend die französische
Feldpost eingerichtet war, mag übrigens an dieser Stelle Erwähnung finden.
Die ganze französische Feldpost für eine so bedeutende Heeresmacht, wie die
von Napoleon aufgestellte, bestand aus 74 Beamten; französische Gefangene
klagten bitter darüber, daß sie gar keine Briefe empfangen hätten; an vielen
Orten fand die preußische Feldpost zurückgelassene Säcke mit französischen
Feldpostbriefen vor. Packete zu befördern lag ursprünglich nicht in dem Or¬
ganisationsplane der preußischen Feldpost; sie hat vor Allem die Aufgabe, den
Briefverkehr zu vermitteln. Allein in richtiger Erkenntniß des Bedürfnisses
übernahm sie auch die Beförderung von Sachen in Briefen; — daher die
Ueberschüttung der Feldposten mit allen möglichen Dingen: Lebensmitteln,
Flüssigkeiten, Bekleidungsgegenständen in bunter Mannigfaltigkeit (z. B. Kin¬
derhändchen), welche in Briefen, Pappcartons oder Blechbüchsen ihren Weg
nach Frankreich nahmen, wo Hunderte von Wagenladungen auf weiten Strecken
transportirtwerden mußten. Als diese Ueberfluthung riesige Dimensionen annahm,
wurde die Packetbeförderuug eingerichtet. Mit Extrazügen wurden 1,271,553
Packereien für Soldaten während eines Zeitraums von 8 Wochen nach Frank¬
reich transportirt. Zur Fortschaffung dieser Massen dienten 83,000 Säcke,
600 Waggons und viele Hunderte von Pserdefahrzeugen. In Remilly, Metz,
Nanteuil a. Marne, später Lagny, Corbeil, Dammartin und zuletzt Orleans
wurden große Feldpost-Päckereidepöts errichtet; das Material zu den Holz¬
baracken, Schuppen in. ist zum Theil bis aus Mannheim an Ort und Stelle
hingeschafft; wenn Noth war, sind selbst in Kirchen Packete aufgestapelt wor¬
den. Zum großen Theil haben die Truppen noch am Weihnachtstage die
letzten Packete in Empfang genommen; nach dem 1. Januar 1871 soll der
Packetdienst, welcher wegen des Weihnachtsverkehrs im Inlands geruht hat,
wieder aufgenommen werden, namentlich soll der Transport von Ausrüstungs¬
gegenständen sür Offiziere und Militairbeamte im Januar beginnen.

Die Verkehrsstatistik der Feldpost bis Ende December liefert enorme
Zahlen. Nach zuverlässigen Ermittelungen nämlich sind in dem Zeitraum
vom 16. Juli bis 31. December 1870 an Feldpostsendungen befördert worden:


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[0111] Landespostanstalten ist den in Straßburg, Metz und Reims errichteten Obed> postdirectionen übertragen worden. Ein hohes Interesse erweckte namentlich der von dem General-Postamte ins Leben gerufene Beförderungsdienst für Privatpäckereien. Die Post be¬ währt sich auch hier als eine Freundin des Volks; denn sie besorgt neben den Dienstsachen auch die Privatsendungen, während die anderen Commu- nicationsmittel hauptsächlich nur für Militairdienstzwecke arbeiten. Die fran¬ zösische Feldpost, ebenso die englische und italienische würden diesen Dienst umsoweniger haben übernehmen können, als sie schon im Frieden kein Packe t- transportwesen besitzen. Wie mangelhaft und unzureichend die französische Feldpost eingerichtet war, mag übrigens an dieser Stelle Erwähnung finden. Die ganze französische Feldpost für eine so bedeutende Heeresmacht, wie die von Napoleon aufgestellte, bestand aus 74 Beamten; französische Gefangene klagten bitter darüber, daß sie gar keine Briefe empfangen hätten; an vielen Orten fand die preußische Feldpost zurückgelassene Säcke mit französischen Feldpostbriefen vor. Packete zu befördern lag ursprünglich nicht in dem Or¬ ganisationsplane der preußischen Feldpost; sie hat vor Allem die Aufgabe, den Briefverkehr zu vermitteln. Allein in richtiger Erkenntniß des Bedürfnisses übernahm sie auch die Beförderung von Sachen in Briefen; — daher die Ueberschüttung der Feldposten mit allen möglichen Dingen: Lebensmitteln, Flüssigkeiten, Bekleidungsgegenständen in bunter Mannigfaltigkeit (z. B. Kin¬ derhändchen), welche in Briefen, Pappcartons oder Blechbüchsen ihren Weg nach Frankreich nahmen, wo Hunderte von Wagenladungen auf weiten Strecken transportirtwerden mußten. Als diese Ueberfluthung riesige Dimensionen annahm, wurde die Packetbeförderuug eingerichtet. Mit Extrazügen wurden 1,271,553 Packereien für Soldaten während eines Zeitraums von 8 Wochen nach Frank¬ reich transportirt. Zur Fortschaffung dieser Massen dienten 83,000 Säcke, 600 Waggons und viele Hunderte von Pserdefahrzeugen. In Remilly, Metz, Nanteuil a. Marne, später Lagny, Corbeil, Dammartin und zuletzt Orleans wurden große Feldpost-Päckereidepöts errichtet; das Material zu den Holz¬ baracken, Schuppen in. ist zum Theil bis aus Mannheim an Ort und Stelle hingeschafft; wenn Noth war, sind selbst in Kirchen Packete aufgestapelt wor¬ den. Zum großen Theil haben die Truppen noch am Weihnachtstage die letzten Packete in Empfang genommen; nach dem 1. Januar 1871 soll der Packetdienst, welcher wegen des Weihnachtsverkehrs im Inlands geruht hat, wieder aufgenommen werden, namentlich soll der Transport von Ausrüstungs¬ gegenständen sür Offiziere und Militairbeamte im Januar beginnen. Die Verkehrsstatistik der Feldpost bis Ende December liefert enorme Zahlen. Nach zuverlässigen Ermittelungen nämlich sind in dem Zeitraum vom 16. Juli bis 31. December 1870 an Feldpostsendungen befördert worden:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/111>, abgerufen am 22.07.2024.