Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.kommen war. in ihrem beiderseitigen Namen dahin aus, daß sie, falls der Es ist nach alledem klar, daß der Hintergedanke der Frommen in der Die Ultramontanen jubelten über den gelungenen Jesuitenstreich und kommen war. in ihrem beiderseitigen Namen dahin aus, daß sie, falls der Es ist nach alledem klar, daß der Hintergedanke der Frommen in der Die Ultramontanen jubelten über den gelungenen Jesuitenstreich und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125010"/> <p xml:id="ID_914" prev="#ID_913"> kommen war. in ihrem beiderseitigen Namen dahin aus, daß sie, falls der<lb/> Eid. ohngeachtet der schon im Jahre 1861. für die ganze Dauer ihrer Amts¬<lb/> thätigkeit erfolgten Leistung, neuerdings von ihnen gefordert würde, dazu<lb/> bereit seien, „da über den Sinn, den sie mit diesem Eile verbinden, kein<lb/> Zweifel mehr sein kann", es hätten ja auch sie die an den Kaiser gerichtete<lb/> Adresse mit unterfertigt. Der Landeshauptmann pflichtete der Ansicht bei,<lb/> daß eine Wiederholung des Angelöbnisses ihrerseits 'unnöthig, worauf die An¬<lb/> gelobung von 31 Clencalen und einem dem adeligen großen Grundbesitze<lb/> angehörigen Liberalen aus Wälschtirol, der bei der früheren Sitzung zu er¬<lb/> scheinen verhindert war, erfolgte.</p><lb/> <p xml:id="ID_915"> Es ist nach alledem klar, daß der Hintergedanke der Frommen in der<lb/> Bezugnahme des Gesundes auf die frühere Erklärung lag, deren Zurücknahme<lb/> ja daselbst als unerfüllbar bezeichnet war. Die geschmeidige Avschwächung<lb/> der anfangs gemachten Bedingung in eine von der Moral gebotene Ein¬<lb/> schränkung war nichts als eine scheinheilige Phrase, die Schminke eines an¬<lb/> geblichen Gewissensscruvels, das prunkende Geständnis) eines inneren Vorbe¬<lb/> haltes, der in nichts Geringerem bestand, als in der Verläugnung des Rechts¬<lb/> bestandes der Verfassung und der Staatsgrundgesetze, und nur noch festhielt<lb/> am Octoberdiplom. Keine Regierung, der es mit dem konstitutionellen Rechte<lb/> wahrer Ernst war, hätte den feierlichen Act der Angelobung an Eidesstatt<lb/> zu einer schalen Förmlichkeit herabwürdigen lassen, mit der man offenbar nur<lb/> Scherz trieb; allein das Ministerium Potocki-Taaffe-Petrino stand selbst im<lb/> Begriffe mit der Decemberverfassung aufzuräumen, sie galt ihm nur mehr dem<lb/> Namen, dem Scheine nach.</p><lb/> <p xml:id="ID_916" next="#ID_917"> Die Ultramontanen jubelten über den gelungenen Jesuitenstreich und<lb/> erblickten darin eine Bürgschaft für den Erfolg fernerer Anläufe gegen die<lb/> ihnen verhaßten Errungenschaften der neuen Aera. Dazu gehörte namentlich<lb/> die Hafner'sche Schulverordung vom 10. Februar 1869, die beim Widerstande<lb/> des tiroler Landtags gegen die Durchführung der vom Reichsgesetze festge¬<lb/> stellten staatlichen Leitung des gesammten Unterrichtswesens provisorische<lb/> Schulinspectoren einführte. Dadurch war der Einfluß der Kirche, nämlich<lb/> der Ordinariate und Seelsorger, bet Seite gesetzt, was unseren Zelo¬<lb/> ten Anlaß gab, in vielen Gegenden Deutschtirols eine wahrhaft fanatische<lb/> Auflehnung gegen die neuen Organe anzuzetteln, insbesondere die Weiber<lb/> zur Wegführung ihrer Kinder bei den Schulvisitationen aufzuhetzen und zu<lb/> Widersetzlichkeiten zu spornen, die sich hie und da bis zu öffentlicher Gewalt¬<lb/> that, in einem Falle sogar zu schwerer Verwundung steigerten. Zwei dieser<lb/> Agitatoren , über denen noch das Damoklesschwert der Untersuchung schwebte,<lb/> saßen im Landtage, andere Freunde und Kampfgenossen befanden sich in<lb/> gleicher Verlegenheit, auch ärgerte es den Oberlandesgerichtsrath Baron</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
kommen war. in ihrem beiderseitigen Namen dahin aus, daß sie, falls der
Eid. ohngeachtet der schon im Jahre 1861. für die ganze Dauer ihrer Amts¬
thätigkeit erfolgten Leistung, neuerdings von ihnen gefordert würde, dazu
bereit seien, „da über den Sinn, den sie mit diesem Eile verbinden, kein
Zweifel mehr sein kann", es hätten ja auch sie die an den Kaiser gerichtete
Adresse mit unterfertigt. Der Landeshauptmann pflichtete der Ansicht bei,
daß eine Wiederholung des Angelöbnisses ihrerseits 'unnöthig, worauf die An¬
gelobung von 31 Clencalen und einem dem adeligen großen Grundbesitze
angehörigen Liberalen aus Wälschtirol, der bei der früheren Sitzung zu er¬
scheinen verhindert war, erfolgte.
Es ist nach alledem klar, daß der Hintergedanke der Frommen in der
Bezugnahme des Gesundes auf die frühere Erklärung lag, deren Zurücknahme
ja daselbst als unerfüllbar bezeichnet war. Die geschmeidige Avschwächung
der anfangs gemachten Bedingung in eine von der Moral gebotene Ein¬
schränkung war nichts als eine scheinheilige Phrase, die Schminke eines an¬
geblichen Gewissensscruvels, das prunkende Geständnis) eines inneren Vorbe¬
haltes, der in nichts Geringerem bestand, als in der Verläugnung des Rechts¬
bestandes der Verfassung und der Staatsgrundgesetze, und nur noch festhielt
am Octoberdiplom. Keine Regierung, der es mit dem konstitutionellen Rechte
wahrer Ernst war, hätte den feierlichen Act der Angelobung an Eidesstatt
zu einer schalen Förmlichkeit herabwürdigen lassen, mit der man offenbar nur
Scherz trieb; allein das Ministerium Potocki-Taaffe-Petrino stand selbst im
Begriffe mit der Decemberverfassung aufzuräumen, sie galt ihm nur mehr dem
Namen, dem Scheine nach.
Die Ultramontanen jubelten über den gelungenen Jesuitenstreich und
erblickten darin eine Bürgschaft für den Erfolg fernerer Anläufe gegen die
ihnen verhaßten Errungenschaften der neuen Aera. Dazu gehörte namentlich
die Hafner'sche Schulverordung vom 10. Februar 1869, die beim Widerstande
des tiroler Landtags gegen die Durchführung der vom Reichsgesetze festge¬
stellten staatlichen Leitung des gesammten Unterrichtswesens provisorische
Schulinspectoren einführte. Dadurch war der Einfluß der Kirche, nämlich
der Ordinariate und Seelsorger, bet Seite gesetzt, was unseren Zelo¬
ten Anlaß gab, in vielen Gegenden Deutschtirols eine wahrhaft fanatische
Auflehnung gegen die neuen Organe anzuzetteln, insbesondere die Weiber
zur Wegführung ihrer Kinder bei den Schulvisitationen aufzuhetzen und zu
Widersetzlichkeiten zu spornen, die sich hie und da bis zu öffentlicher Gewalt¬
that, in einem Falle sogar zu schwerer Verwundung steigerten. Zwei dieser
Agitatoren , über denen noch das Damoklesschwert der Untersuchung schwebte,
saßen im Landtage, andere Freunde und Kampfgenossen befanden sich in
gleicher Verlegenheit, auch ärgerte es den Oberlandesgerichtsrath Baron
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