Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.sterlums in beständiger Fühlung erhielt. Auf ein kurzes Intermezzo des In engem Verbände mit den Czechen standen ihre schwarzen Brüder sterlums in beständiger Fühlung erhielt. Auf ein kurzes Intermezzo des In engem Verbände mit den Czechen standen ihre schwarzen Brüder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0301" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125007"/> <p xml:id="ID_909" prev="#ID_908"> sterlums in beständiger Fühlung erhielt. Auf ein kurzes Intermezzo des<lb/> Ministeriums Hafner kamen die Grafen Potocki und Taaffe ans Ruder, die<lb/> das Memorandum der Minorität unterfertigt hatten. Die erste staatsmän¬<lb/> nische That des polnischen Edelmanns, von dem das neue Ministerium den<lb/> Namen trug, war nach schüchternen Ausgleichsversuchen mit den übermüthi¬<lb/> gen Czechen die Auflösung des Reichsraths und der Landtage mit Ausnahme<lb/> des böhmischen. Als sich aber trotz des der Reaction bei den neuen Land-<lb/> tagswahlen gewährten Spielraums zeigte, daß diese im Abgeordnetenhaus<lb/> nicht die zur Abänderung der Verfassung nothwendige Zweidrittelmajorität<lb/> aufzubringen im Stande, griff man auch zum letzten Mittel der Auflösung<lb/> des böhmischen Landtags. Allein die Czechen und der sonst so lenksame<lb/> Feudaladel bestanden auf dem Staatsrecht der Wenzelskrone und wollten im<lb/> Reichsrath nicht einmal zu dessen Einsargung erscheinen. Das war mehr,<lb/> als man gewünscht hatte; man wollte den Schein wahren und die Verfassung<lb/> auf verfassungsmäßigen Wege durch den Reichsrath aufheben.</p><lb/> <p xml:id="ID_910" next="#ID_911"> In engem Verbände mit den Czechen standen ihre schwarzen Brüder<lb/> in Tirol. Baron Ignatius Giovanelli, deren Haupt und Führer, erfreute<lb/> sich außer der Gönnerschaft des Grafen Leo Thun auch der thatkräftigen<lb/> Unterstützung in der Umgebung der Erzherzogin Sophie und der Mitwirkung<lb/> des mittlerweile in den Rath der Krone eingetretenen Ackerbauministers<lb/> Baron Petrino, der auf den Schultern der Föderalisten den Präsidentenstuhl<lb/> des künftigen Ministeriums ersteigen wollte. Die Tiroler verständigten sich<lb/> mit ihm Schritt für Schritt über ihr Vorgehen. Den Anfang machte die<lb/> Verweigerung des Handgelöbnisses. Kaum war am 20. August der Land¬<lb/> tag eröffnet und in der Sitzung vom 22. die Genehmigung der Wahlen er¬<lb/> folgt, so erhob sich der hochwürdige Professor Greuter und erklärte mit ge¬<lb/> wohntem Selbstgefühl für sich und 29 seiner Gesinnungsgenossen „die im<lb/> §. 9 der Landesordnung vorgeschriebene Angelobung an Eidesstatt nur unter<lb/> der Bedingung zu leisten, daß „„die Beobachtung der Gesetze"" sie nicht in<lb/> Widerspruch bringe mit ihrem Glauben und Gewissen, und mit dem nach<lb/> Maßgabe der Bestimmungen des kaiserlichen Diploms vom 20. Octbr. 1860<lb/> der gefürsteten Grafschaft Tirol zustehenden öffentlichen Rechte." Diese Ver¬<lb/> wahrung bezog sich zunächst auf die kaiserliche Botschaft vom 15. August,<lb/> worin der -tiroler Landtag gleich den anderen zur ungesäumten Vornahme<lb/> der Wahlen für den Reichsrath aufgefordert wurde. Durch deren Vornahme<lb/> im Sinne der Februar- und Dezemberverfassung hätte man die Abänderung<lb/> der früheren Institutionen und Rechtszustände anerkannt, an denen das Oc-<lb/> toberdiplom festhielt, daher die ausdrückliche Berufung auf das letztere. Der<lb/> Landeshauptmann Dr. v. Grebmer erwiderte, daß er sich nicht für berechtigt<lb/> halte, ein bedingtes Handgelöbniß anzunehmen, und schritt zum namentlicher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0301]
sterlums in beständiger Fühlung erhielt. Auf ein kurzes Intermezzo des
Ministeriums Hafner kamen die Grafen Potocki und Taaffe ans Ruder, die
das Memorandum der Minorität unterfertigt hatten. Die erste staatsmän¬
nische That des polnischen Edelmanns, von dem das neue Ministerium den
Namen trug, war nach schüchternen Ausgleichsversuchen mit den übermüthi¬
gen Czechen die Auflösung des Reichsraths und der Landtage mit Ausnahme
des böhmischen. Als sich aber trotz des der Reaction bei den neuen Land-
tagswahlen gewährten Spielraums zeigte, daß diese im Abgeordnetenhaus
nicht die zur Abänderung der Verfassung nothwendige Zweidrittelmajorität
aufzubringen im Stande, griff man auch zum letzten Mittel der Auflösung
des böhmischen Landtags. Allein die Czechen und der sonst so lenksame
Feudaladel bestanden auf dem Staatsrecht der Wenzelskrone und wollten im
Reichsrath nicht einmal zu dessen Einsargung erscheinen. Das war mehr,
als man gewünscht hatte; man wollte den Schein wahren und die Verfassung
auf verfassungsmäßigen Wege durch den Reichsrath aufheben.
In engem Verbände mit den Czechen standen ihre schwarzen Brüder
in Tirol. Baron Ignatius Giovanelli, deren Haupt und Führer, erfreute
sich außer der Gönnerschaft des Grafen Leo Thun auch der thatkräftigen
Unterstützung in der Umgebung der Erzherzogin Sophie und der Mitwirkung
des mittlerweile in den Rath der Krone eingetretenen Ackerbauministers
Baron Petrino, der auf den Schultern der Föderalisten den Präsidentenstuhl
des künftigen Ministeriums ersteigen wollte. Die Tiroler verständigten sich
mit ihm Schritt für Schritt über ihr Vorgehen. Den Anfang machte die
Verweigerung des Handgelöbnisses. Kaum war am 20. August der Land¬
tag eröffnet und in der Sitzung vom 22. die Genehmigung der Wahlen er¬
folgt, so erhob sich der hochwürdige Professor Greuter und erklärte mit ge¬
wohntem Selbstgefühl für sich und 29 seiner Gesinnungsgenossen „die im
§. 9 der Landesordnung vorgeschriebene Angelobung an Eidesstatt nur unter
der Bedingung zu leisten, daß „„die Beobachtung der Gesetze"" sie nicht in
Widerspruch bringe mit ihrem Glauben und Gewissen, und mit dem nach
Maßgabe der Bestimmungen des kaiserlichen Diploms vom 20. Octbr. 1860
der gefürsteten Grafschaft Tirol zustehenden öffentlichen Rechte." Diese Ver¬
wahrung bezog sich zunächst auf die kaiserliche Botschaft vom 15. August,
worin der -tiroler Landtag gleich den anderen zur ungesäumten Vornahme
der Wahlen für den Reichsrath aufgefordert wurde. Durch deren Vornahme
im Sinne der Februar- und Dezemberverfassung hätte man die Abänderung
der früheren Institutionen und Rechtszustände anerkannt, an denen das Oc-
toberdiplom festhielt, daher die ausdrückliche Berufung auf das letztere. Der
Landeshauptmann Dr. v. Grebmer erwiderte, daß er sich nicht für berechtigt
halte, ein bedingtes Handgelöbniß anzunehmen, und schritt zum namentlicher
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |