Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.Schatten eines französischen Krieges beständig auch über dieser Landschaft und Wie Zukunft des Oberrheins. Wer in den vergangenen Wochen das Glück hatte, am äußersten Rande Schatten eines französischen Krieges beständig auch über dieser Landschaft und Wie Zukunft des Oberrheins. Wer in den vergangenen Wochen das Glück hatte, am äußersten Rande <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124820"/> <p xml:id="ID_362" prev="#ID_361"> Schatten eines französischen Krieges beständig auch über dieser Landschaft und<lb/> ermuthigte die Dänen zu erbittertem Starrsinn, während er unseren Lands¬<lb/> leuten alle Lust benahm, auf einer Scholle sich anzubauen, welche die nächste<lb/> Sturmfluth von aller deutschen Verbindung wieder abreißen konnte? Auch<lb/> wir sind des unerquicklichen Schauspiels von Herzen satt, welches uns das<lb/> immerhin achtungswerthe Auftreten der nordschleswigschen Abgeordneten in<lb/> unseren Parlamenten darbietet, auch wir wünschten dieser Frage wie allen<lb/> Fragen der Welt eine definitive Lösung, aber die Stunde scheint uns noch<lb/> nicht gekommen, wo man mit Nordschleswig so leichthin verfahren dürfte. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Wie Zukunft des Oberrheins.</head><lb/> <p xml:id="ID_363"> Wer in den vergangenen Wochen das Glück hatte, am äußersten Rande<lb/> des deutschen Landes die Anfänge der großen Entscheidungen gleichsam per¬<lb/> sönlich von Stunde zu Stunde mit zu erleben, mit bangem Ohr die Kanonen¬<lb/> schüsse zu zählen, welche die Kunde vom Kampf bei Weißenburg über den<lb/> Rhein trugen, dann so manche stille Nacht dem fernen Donner zu lauschen,<lb/> welcher dumpf von Straßburg her klang, oder von einem der Vorberge des<lb/> Schwarzwaldes in die Rheinebene hinab zu schauen auf die weite weiße auf-<lb/> und abwogende Dampfschicht, welche sich um die dunkele hochragende Pyra¬<lb/> mide des Münsters verbreitete, stets neu genährt durch dunkle aus der un¬<lb/> sichtbaren Stadt aufsteigende Rauchsäulen und die leichten weißen Wölkchen,<lb/> welche in weitem Umkreise die feuernder Batterien ankündigten; wer dann<lb/> auf die frohe Kunde vom Fall der Festung dem unwiderstehlichen Zuge nach<lb/> dem nun wieder deutsch gewordenen Straßburg folgte und in die eben ge¬<lb/> öffnete Stadt eintrat und das furchtbare Werk der Zerstörung anstaunte,<lb/> voll Jubels über die kostbare Wiedergewinnung, voll herzlicher Theilnahme<lb/> zugleich für die schweren Wunden, die hier geschlagen werden mußten; wer<lb/> die ungeheure Spannung erfahren, mit der die oberrheinische Bevölkerung<lb/> einige Wochen lang auf ungeschützten Gehler jeden Augenblick des Einbruchs<lb/> der feindlichen Heerschaaren gewärtig war, und dann die unbeschreibliche<lb/> Freude, die sich aus dem Zusammenfließen deö höchsten vaterländischen und<lb/> persönlichen Glücks ergab, der wird wohl in einem noch stärkeren Maße als<lb/> die übrigen Landsleute die wundervolle Größe und Seligkeit dieses Sommers<lb/> empfunden haben. Denn immer wird doch das Allgemeine noch bedeutend<lb/> verstärkt, wenn es mit einem ganz Persönlichen zusammentrifft und auch der<lb/> höchsten Belebung der Seelenkräfte wird durch unmittelbare sinnliche Ein¬<lb/> drücke neue Kraft verliehen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Schatten eines französischen Krieges beständig auch über dieser Landschaft und
ermuthigte die Dänen zu erbittertem Starrsinn, während er unseren Lands¬
leuten alle Lust benahm, auf einer Scholle sich anzubauen, welche die nächste
Sturmfluth von aller deutschen Verbindung wieder abreißen konnte? Auch
wir sind des unerquicklichen Schauspiels von Herzen satt, welches uns das
immerhin achtungswerthe Auftreten der nordschleswigschen Abgeordneten in
unseren Parlamenten darbietet, auch wir wünschten dieser Frage wie allen
Fragen der Welt eine definitive Lösung, aber die Stunde scheint uns noch
nicht gekommen, wo man mit Nordschleswig so leichthin verfahren dürfte. —
Wie Zukunft des Oberrheins.
Wer in den vergangenen Wochen das Glück hatte, am äußersten Rande
des deutschen Landes die Anfänge der großen Entscheidungen gleichsam per¬
sönlich von Stunde zu Stunde mit zu erleben, mit bangem Ohr die Kanonen¬
schüsse zu zählen, welche die Kunde vom Kampf bei Weißenburg über den
Rhein trugen, dann so manche stille Nacht dem fernen Donner zu lauschen,
welcher dumpf von Straßburg her klang, oder von einem der Vorberge des
Schwarzwaldes in die Rheinebene hinab zu schauen auf die weite weiße auf-
und abwogende Dampfschicht, welche sich um die dunkele hochragende Pyra¬
mide des Münsters verbreitete, stets neu genährt durch dunkle aus der un¬
sichtbaren Stadt aufsteigende Rauchsäulen und die leichten weißen Wölkchen,
welche in weitem Umkreise die feuernder Batterien ankündigten; wer dann
auf die frohe Kunde vom Fall der Festung dem unwiderstehlichen Zuge nach
dem nun wieder deutsch gewordenen Straßburg folgte und in die eben ge¬
öffnete Stadt eintrat und das furchtbare Werk der Zerstörung anstaunte,
voll Jubels über die kostbare Wiedergewinnung, voll herzlicher Theilnahme
zugleich für die schweren Wunden, die hier geschlagen werden mußten; wer
die ungeheure Spannung erfahren, mit der die oberrheinische Bevölkerung
einige Wochen lang auf ungeschützten Gehler jeden Augenblick des Einbruchs
der feindlichen Heerschaaren gewärtig war, und dann die unbeschreibliche
Freude, die sich aus dem Zusammenfließen deö höchsten vaterländischen und
persönlichen Glücks ergab, der wird wohl in einem noch stärkeren Maße als
die übrigen Landsleute die wundervolle Größe und Seligkeit dieses Sommers
empfunden haben. Denn immer wird doch das Allgemeine noch bedeutend
verstärkt, wenn es mit einem ganz Persönlichen zusammentrifft und auch der
höchsten Belebung der Seelenkräfte wird durch unmittelbare sinnliche Ein¬
drücke neue Kraft verliehen.
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