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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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auch ausgezeichnete Glieder der wahrhaft gemäßigten Partei (die
Franzosen gaben sich gern das Ansehen, daß sie weniger auf die Unterstütz¬
ung der klerikalen Ultras, als der Gemäßigten rechneten) betheiligten.

Nach langem Hin- und Herreden erklären die Franzosen endlich positiv,
daß sie die rückgängige Bewegung ihrer Truppen hinter die in der Conven-
tion festgestellte Linie fortsetzen und dann gegen Mexico marschiren, daß sie
aber mit Juarez' Regierung nicht mehr verhandeln würden. Die Commissäre
der anderen beiden Mächte erklären dagegen, daß sie, wenn ihre College"
von Frankreich darauf beständen, die Entfernung der Exilirten zu verweigern
und an den Conferenzen mit Juarez' Bevollmächtigten, die am 15. April zu
Orziaba eröffnet werden sollten, nicht Theil zu nehmen, sie sich mit ihren
Truppen vom mexikanischen Boden zurückziehen würden, indem sie die Hand¬
lungsweise der Franzosen als eine Verletzung der Conventionen von London
und von La- Soledad ansähen.

Damit war die Trennung ausgesprochen und Frankreichs getrennte Action
begann.

Noch an dem Tage der letzten Conferenz theilten die Bevollmächtigten
der mexikanischen Regierung mit, daß sie, da sie über die Auslegung der
Londoner Convention sich nicht einigen könnten, von nun an unabhängig
von einander handeln würden. Zugleich wurde die bevorstehende Wiederein¬
schiffung der spanischen Truppen angekündigt, und mitgetheilt, daß die fran¬
zösische Armee sich bei Paso-Amado concentriren werde, sobald die spanischen
Truppen diese Position überschritten haben würden.

In der besonderen Note, in der die französischen Bevollmächtigten den
Minister Doblado von dem beabsichtigten Rückzug über Paso-Amado in Kennt¬
niß setzen, werden die alten Beschuldigungen gegen die mexikanische Regierung
wiederholt, namentlich die angeblichen Vexationen französischer Unterthanen
und die Unterdrückung, unter der die große Mehrheit des mexikanischen
Volkes seufze. Was Almonte betrifft, so wird offen ausgesprochen, daß er
von der kaiserlichen Regierung nicht nur autonsirt, sondern beauftragt sei,
die "Friedensmission", zu der er sich angeboten, auszuführen.

Doblado hatte vollkommen Recht, wenn er die Vorwände, vermittelst
deren man die Verletzung der Convention von La Soledad zu rechtfertigen
suchte, als fast kindisch bezeichnete. Der Friedensbote Almonte ist in Doblado's
Augen ein Verräther. der unablässig bemüht gewesen sei, den Angriff eines fremden
Heeres auf sein Vaterland herbeizuziehen und der mit allen Feinden der ge¬
setzlichen Ordnung conspirirt habe; er sei daher mit vollem Rechte für
außer dem Gesetz stehend erklärt, und seine Aechtung könne unmöglich ernst¬
haft als Motiv des Bruches von denjenigen Commissaren angeführt werden,
die in der Convention von La Soledad die Verpflichtung übernommen hätten^


auch ausgezeichnete Glieder der wahrhaft gemäßigten Partei (die
Franzosen gaben sich gern das Ansehen, daß sie weniger auf die Unterstütz¬
ung der klerikalen Ultras, als der Gemäßigten rechneten) betheiligten.

Nach langem Hin- und Herreden erklären die Franzosen endlich positiv,
daß sie die rückgängige Bewegung ihrer Truppen hinter die in der Conven-
tion festgestellte Linie fortsetzen und dann gegen Mexico marschiren, daß sie
aber mit Juarez' Regierung nicht mehr verhandeln würden. Die Commissäre
der anderen beiden Mächte erklären dagegen, daß sie, wenn ihre College»
von Frankreich darauf beständen, die Entfernung der Exilirten zu verweigern
und an den Conferenzen mit Juarez' Bevollmächtigten, die am 15. April zu
Orziaba eröffnet werden sollten, nicht Theil zu nehmen, sie sich mit ihren
Truppen vom mexikanischen Boden zurückziehen würden, indem sie die Hand¬
lungsweise der Franzosen als eine Verletzung der Conventionen von London
und von La- Soledad ansähen.

Damit war die Trennung ausgesprochen und Frankreichs getrennte Action
begann.

Noch an dem Tage der letzten Conferenz theilten die Bevollmächtigten
der mexikanischen Regierung mit, daß sie, da sie über die Auslegung der
Londoner Convention sich nicht einigen könnten, von nun an unabhängig
von einander handeln würden. Zugleich wurde die bevorstehende Wiederein¬
schiffung der spanischen Truppen angekündigt, und mitgetheilt, daß die fran¬
zösische Armee sich bei Paso-Amado concentriren werde, sobald die spanischen
Truppen diese Position überschritten haben würden.

In der besonderen Note, in der die französischen Bevollmächtigten den
Minister Doblado von dem beabsichtigten Rückzug über Paso-Amado in Kennt¬
niß setzen, werden die alten Beschuldigungen gegen die mexikanische Regierung
wiederholt, namentlich die angeblichen Vexationen französischer Unterthanen
und die Unterdrückung, unter der die große Mehrheit des mexikanischen
Volkes seufze. Was Almonte betrifft, so wird offen ausgesprochen, daß er
von der kaiserlichen Regierung nicht nur autonsirt, sondern beauftragt sei,
die „Friedensmission", zu der er sich angeboten, auszuführen.

Doblado hatte vollkommen Recht, wenn er die Vorwände, vermittelst
deren man die Verletzung der Convention von La Soledad zu rechtfertigen
suchte, als fast kindisch bezeichnete. Der Friedensbote Almonte ist in Doblado's
Augen ein Verräther. der unablässig bemüht gewesen sei, den Angriff eines fremden
Heeres auf sein Vaterland herbeizuziehen und der mit allen Feinden der ge¬
setzlichen Ordnung conspirirt habe; er sei daher mit vollem Rechte für
außer dem Gesetz stehend erklärt, und seine Aechtung könne unmöglich ernst¬
haft als Motiv des Bruches von denjenigen Commissaren angeführt werden,
die in der Convention von La Soledad die Verpflichtung übernommen hätten^


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[0489] auch ausgezeichnete Glieder der wahrhaft gemäßigten Partei (die Franzosen gaben sich gern das Ansehen, daß sie weniger auf die Unterstütz¬ ung der klerikalen Ultras, als der Gemäßigten rechneten) betheiligten. Nach langem Hin- und Herreden erklären die Franzosen endlich positiv, daß sie die rückgängige Bewegung ihrer Truppen hinter die in der Conven- tion festgestellte Linie fortsetzen und dann gegen Mexico marschiren, daß sie aber mit Juarez' Regierung nicht mehr verhandeln würden. Die Commissäre der anderen beiden Mächte erklären dagegen, daß sie, wenn ihre College» von Frankreich darauf beständen, die Entfernung der Exilirten zu verweigern und an den Conferenzen mit Juarez' Bevollmächtigten, die am 15. April zu Orziaba eröffnet werden sollten, nicht Theil zu nehmen, sie sich mit ihren Truppen vom mexikanischen Boden zurückziehen würden, indem sie die Hand¬ lungsweise der Franzosen als eine Verletzung der Conventionen von London und von La- Soledad ansähen. Damit war die Trennung ausgesprochen und Frankreichs getrennte Action begann. Noch an dem Tage der letzten Conferenz theilten die Bevollmächtigten der mexikanischen Regierung mit, daß sie, da sie über die Auslegung der Londoner Convention sich nicht einigen könnten, von nun an unabhängig von einander handeln würden. Zugleich wurde die bevorstehende Wiederein¬ schiffung der spanischen Truppen angekündigt, und mitgetheilt, daß die fran¬ zösische Armee sich bei Paso-Amado concentriren werde, sobald die spanischen Truppen diese Position überschritten haben würden. In der besonderen Note, in der die französischen Bevollmächtigten den Minister Doblado von dem beabsichtigten Rückzug über Paso-Amado in Kennt¬ niß setzen, werden die alten Beschuldigungen gegen die mexikanische Regierung wiederholt, namentlich die angeblichen Vexationen französischer Unterthanen und die Unterdrückung, unter der die große Mehrheit des mexikanischen Volkes seufze. Was Almonte betrifft, so wird offen ausgesprochen, daß er von der kaiserlichen Regierung nicht nur autonsirt, sondern beauftragt sei, die „Friedensmission", zu der er sich angeboten, auszuführen. Doblado hatte vollkommen Recht, wenn er die Vorwände, vermittelst deren man die Verletzung der Convention von La Soledad zu rechtfertigen suchte, als fast kindisch bezeichnete. Der Friedensbote Almonte ist in Doblado's Augen ein Verräther. der unablässig bemüht gewesen sei, den Angriff eines fremden Heeres auf sein Vaterland herbeizuziehen und der mit allen Feinden der ge¬ setzlichen Ordnung conspirirt habe; er sei daher mit vollem Rechte für außer dem Gesetz stehend erklärt, und seine Aechtung könne unmöglich ernst¬ haft als Motiv des Bruches von denjenigen Commissaren angeführt werden, die in der Convention von La Soledad die Verpflichtung übernommen hätten^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/489>, abgerufen am 29.06.2024.