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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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fällen versteht er nichts Anderes als die Ankunft Almonte's und seiner Ge¬
fährten, die er als ehrenwerthe und mit dem Vertrauen der kaiserlichen Re¬
gierung bekleidete Männer bezeichnet, die nach Veracruz mit dem Austrag
gekommen seien, ihren Landsleuten den friedlichen Zweck der Intervention
auseinanderzusetzen. Diese Männer haben den Schutz der französischen Fahne
erhalten, kraft Jnstructionen, die dem Oberbefehlshaber des Expeditionscorps
direct (vom Kaiser oder vom Minister?) zugegangen seien. Es bleibe ihm
jetzt Nichts übrig, als über die in der Convention festgesetzte Linie zurück¬
zugehen und freie Hand für weitere kriegerische Maßregeln zu gewinnen.
Wyke gibt sich das Ansehen, als ob er nicht verstehe, auf welche Zwischen-
fälle Jurien anspiele, hebt aber die Solidarität zwischen den drei Mächten
hervor und protestirt gegen den Rückzug der Franzosen.

In einem wenige Tage darauf erlassenen Schreiben an Wyke erklärt
Jurien, daß dem Emigrirten der Schutz der französischen Fahne ohne seine
Einwilligung und durch ein bedauerliches Mißverständniß gewährt worden
sei (!). Da aber inzwischen die standrechtliche Hinrichtung des Generals
Nobles (eines reactionären Bandensührers, gegen den in aller Form Rechtens
verfahren war), die Loyalität der französischen Waffen beleidigt hätte, so
würde es eine Schwäche verrathen, wenn man Männer verleugnen wollte,
denen auch nur aus Irrthum (!) der Schutz der französischen Fahne zugesagt
war. In der ersten Note also beruft er sich auf die kaiserliche Instruction,
in der zweiten erklärt er den dem Almonte gewährten Schutz aus einem Mi߬
verständniß und benutzt einen Zwischenfall, um die Aufrechterhaltung der an
sich beklagenswerthen Maßregel zu rechtfertigen. Uebrigens erklärt er sich
bereit, auf seinem Rückzug über die im Vertrage vorgesehene Linie von Paso-
Ancho, um die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen den Verbündeten offen
zu erhalten, vorläufig zu verzichten und in Cordova Halt zu machen. Wir
werden sehen, welche Folgen dies scheinbare Zugeständnis; hatte. Wolle man
mit den Mexikanern überhaupt noch verhandeln, so habe man von der Re¬
gierung vor allem zu fordern: 1) unbedingte Amnestie für alle politisch
Geächteten. 2) Eine Einladung (von Seiten Juarez) an die verbündeten
Truppen, sich in die Hauptstadt zu begeben, um den öffentlichen Frieden zu
schützen, die Commissäre aber hätten sich zu einigen, um in Uebereinstimmung
das beste Verfahren zu regeln, den wahren und freien Willen des Lan¬
des zu befragen.

Als endlich der Courier aus Europa ankommt (3. April), erklärt Jurien
sich bereit, zu der von den Engländern so dringend verlangten Zusammen¬
kunft der Commissäre sich einzustellen, theilt den englischen Bevollmächtigten
dabei aber mit. er habe nach den von der französischen Regierung erhaltenen
Depeschen Grund zu glauben, daß die Ansichten Saligny's mehr als die


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fällen versteht er nichts Anderes als die Ankunft Almonte's und seiner Ge¬
fährten, die er als ehrenwerthe und mit dem Vertrauen der kaiserlichen Re¬
gierung bekleidete Männer bezeichnet, die nach Veracruz mit dem Austrag
gekommen seien, ihren Landsleuten den friedlichen Zweck der Intervention
auseinanderzusetzen. Diese Männer haben den Schutz der französischen Fahne
erhalten, kraft Jnstructionen, die dem Oberbefehlshaber des Expeditionscorps
direct (vom Kaiser oder vom Minister?) zugegangen seien. Es bleibe ihm
jetzt Nichts übrig, als über die in der Convention festgesetzte Linie zurück¬
zugehen und freie Hand für weitere kriegerische Maßregeln zu gewinnen.
Wyke gibt sich das Ansehen, als ob er nicht verstehe, auf welche Zwischen-
fälle Jurien anspiele, hebt aber die Solidarität zwischen den drei Mächten
hervor und protestirt gegen den Rückzug der Franzosen.

In einem wenige Tage darauf erlassenen Schreiben an Wyke erklärt
Jurien, daß dem Emigrirten der Schutz der französischen Fahne ohne seine
Einwilligung und durch ein bedauerliches Mißverständniß gewährt worden
sei (!). Da aber inzwischen die standrechtliche Hinrichtung des Generals
Nobles (eines reactionären Bandensührers, gegen den in aller Form Rechtens
verfahren war), die Loyalität der französischen Waffen beleidigt hätte, so
würde es eine Schwäche verrathen, wenn man Männer verleugnen wollte,
denen auch nur aus Irrthum (!) der Schutz der französischen Fahne zugesagt
war. In der ersten Note also beruft er sich auf die kaiserliche Instruction,
in der zweiten erklärt er den dem Almonte gewährten Schutz aus einem Mi߬
verständniß und benutzt einen Zwischenfall, um die Aufrechterhaltung der an
sich beklagenswerthen Maßregel zu rechtfertigen. Uebrigens erklärt er sich
bereit, auf seinem Rückzug über die im Vertrage vorgesehene Linie von Paso-
Ancho, um die Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen den Verbündeten offen
zu erhalten, vorläufig zu verzichten und in Cordova Halt zu machen. Wir
werden sehen, welche Folgen dies scheinbare Zugeständnis; hatte. Wolle man
mit den Mexikanern überhaupt noch verhandeln, so habe man von der Re¬
gierung vor allem zu fordern: 1) unbedingte Amnestie für alle politisch
Geächteten. 2) Eine Einladung (von Seiten Juarez) an die verbündeten
Truppen, sich in die Hauptstadt zu begeben, um den öffentlichen Frieden zu
schützen, die Commissäre aber hätten sich zu einigen, um in Uebereinstimmung
das beste Verfahren zu regeln, den wahren und freien Willen des Lan¬
des zu befragen.

Als endlich der Courier aus Europa ankommt (3. April), erklärt Jurien
sich bereit, zu der von den Engländern so dringend verlangten Zusammen¬
kunft der Commissäre sich einzustellen, theilt den englischen Bevollmächtigten
dabei aber mit. er habe nach den von der französischen Regierung erhaltenen
Depeschen Grund zu glauben, daß die Ansichten Saligny's mehr als die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/487>, abgerufen am 29.06.2024.