Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.rem noch an Verbindungen in Rom. Die italienische Regierung ist Alles scheint anzudeuten, daß das Ministerium sich seiner Verantworlich- rem noch an Verbindungen in Rom. Die italienische Regierung ist Alles scheint anzudeuten, daß das Ministerium sich seiner Verantworlich- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0462" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124612"/> <p xml:id="ID_1341" prev="#ID_1340"> rem noch an Verbindungen in Rom. Die italienische Regierung ist<lb/> entschlossen, der Convention treu, die Ueberschreitung der päpstlichen Grenze<lb/> durch Freischaaren nicht zu dulden; sie würde selbst, hat sie gedroht, vor<lb/> einem andern Aspromonte nicht zurückschrecken. Wie gefährlich dies Experiment<lb/> auch sein würde, sie mag sich immerhin die Kraft dazu beimessen, aber nur<lb/> unter einem Vorbehalt. Die italienische Regierung selbst muß die Initia¬<lb/> tive ergreifen, sie selbst muß ihre Truppen rechtzeitig in den Kirchenstaat<lb/> einrücken lassen und die Lösung der römischen Frage in die Hand nehmen.<lb/> Nur so wird sie Mazzini und die Seinen überflügeln und verhindern können,<lb/> daß eines Tages auf dem Capitol der Ruf Nvviva, la liLpuddlie-i.! gehört<lb/> werde, und der andere Nvviva. it ä'It^kia! dann kein Echo mehr finde.<lb/> Ein zögerndes Abwarten und blindes Dreinschlagen, wenn es zu spät ist, würde<lb/> die Revolution auf der ganzen Halbinsel zum Ausbruch bringen und dem Thron<lb/> Victor Emmanuels das Schicksal bereiten, welches die aufgeregte Einbildungs¬<lb/> kraft der Consorten schon jetzt als Folge des Strafgerichts in Frankreich<lb/> befürchtete. Uns scheint der Thron des Hauses Savoyen fest genug gegrün¬<lb/> det, um den Sturz der Abenteurerdhnastie zu überdauern, welcher König<lb/> Victor sein eigen Fleisch und Blut verkauft hat und die in diesem Moment<lb/> bei den ohnmächtigen Regungen seines schwiegerväterlichen Herzens Hilfe<lb/> bettelt. Aber freilich bedarf der italienische Königsthron dazu anderer Stützen<lb/> als denen er bisher anvertraut war: vor Allem einer rückhaltlos nationalen<lb/> Politik.</p><lb/> <p xml:id="ID_1342"> Alles scheint anzudeuten, daß das Ministerium sich seiner Verantworlich-<lb/> keit rücksichtlich der römischen Frage bewußt ist. Das letzte Vertrauensvotum<lb/> des Parlaments bei der Debatte über den Vierzig-Millionen-Credit hat ihm<lb/> mit der Erneuerung des Anspruchs auf Rom zugleich den Fingerzeig zur<lb/> Lösung in dem eben angedeuteten Sinne gegeben. Wir stehen, allem Ver¬<lb/> muthen nach, dem Anfang zu dieser Lösung sehr nahe. Welches der Verlauf<lb/> derselben sein wird, ist noch den Betheiligten selbst ein Räthsel. Es ist die<lb/> schwierigste Aufgabe, die noch an das neue Italien herangetreten ist, durch<lb/> Besitznahme Roms und Ausgleich mit dem Papste das Einigungswerk zu<lb/> krönen und Italiens nationale Zukunft einzuweihen: eine Aufgabe, welche<lb/> die ganze Einsicht und Willenskraft der Staatsmänner und die ganze Hin¬<lb/> gebung der Nation in Anspruch nehmen wird. Für auswärtige Unternehmen<lb/> dürste, meinen wir, in einem solchen Moment weder Zeit noch Lust bleiben<lb/> auch wenn nicht schon die Pflicht der Dankbarkeit der italienischen Regierung<lb/> gehste, einer Macht keine Steine in den Weg zu werfen, deren siegreiches<lb/> Vorgehen allein Italien die Möglichkeit gewährt, selbständig und unbeeinflußt<lb/> durch fremdem Druck, seinen Hoffnungstraum „Koma, vaxitlüö" zu verwirk¬<lb/> lichen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0462]
rem noch an Verbindungen in Rom. Die italienische Regierung ist
entschlossen, der Convention treu, die Ueberschreitung der päpstlichen Grenze
durch Freischaaren nicht zu dulden; sie würde selbst, hat sie gedroht, vor
einem andern Aspromonte nicht zurückschrecken. Wie gefährlich dies Experiment
auch sein würde, sie mag sich immerhin die Kraft dazu beimessen, aber nur
unter einem Vorbehalt. Die italienische Regierung selbst muß die Initia¬
tive ergreifen, sie selbst muß ihre Truppen rechtzeitig in den Kirchenstaat
einrücken lassen und die Lösung der römischen Frage in die Hand nehmen.
Nur so wird sie Mazzini und die Seinen überflügeln und verhindern können,
daß eines Tages auf dem Capitol der Ruf Nvviva, la liLpuddlie-i.! gehört
werde, und der andere Nvviva. it ä'It^kia! dann kein Echo mehr finde.
Ein zögerndes Abwarten und blindes Dreinschlagen, wenn es zu spät ist, würde
die Revolution auf der ganzen Halbinsel zum Ausbruch bringen und dem Thron
Victor Emmanuels das Schicksal bereiten, welches die aufgeregte Einbildungs¬
kraft der Consorten schon jetzt als Folge des Strafgerichts in Frankreich
befürchtete. Uns scheint der Thron des Hauses Savoyen fest genug gegrün¬
det, um den Sturz der Abenteurerdhnastie zu überdauern, welcher König
Victor sein eigen Fleisch und Blut verkauft hat und die in diesem Moment
bei den ohnmächtigen Regungen seines schwiegerväterlichen Herzens Hilfe
bettelt. Aber freilich bedarf der italienische Königsthron dazu anderer Stützen
als denen er bisher anvertraut war: vor Allem einer rückhaltlos nationalen
Politik.
Alles scheint anzudeuten, daß das Ministerium sich seiner Verantworlich-
keit rücksichtlich der römischen Frage bewußt ist. Das letzte Vertrauensvotum
des Parlaments bei der Debatte über den Vierzig-Millionen-Credit hat ihm
mit der Erneuerung des Anspruchs auf Rom zugleich den Fingerzeig zur
Lösung in dem eben angedeuteten Sinne gegeben. Wir stehen, allem Ver¬
muthen nach, dem Anfang zu dieser Lösung sehr nahe. Welches der Verlauf
derselben sein wird, ist noch den Betheiligten selbst ein Räthsel. Es ist die
schwierigste Aufgabe, die noch an das neue Italien herangetreten ist, durch
Besitznahme Roms und Ausgleich mit dem Papste das Einigungswerk zu
krönen und Italiens nationale Zukunft einzuweihen: eine Aufgabe, welche
die ganze Einsicht und Willenskraft der Staatsmänner und die ganze Hin¬
gebung der Nation in Anspruch nehmen wird. Für auswärtige Unternehmen
dürste, meinen wir, in einem solchen Moment weder Zeit noch Lust bleiben
auch wenn nicht schon die Pflicht der Dankbarkeit der italienischen Regierung
gehste, einer Macht keine Steine in den Weg zu werfen, deren siegreiches
Vorgehen allein Italien die Möglichkeit gewährt, selbständig und unbeeinflußt
durch fremdem Druck, seinen Hoffnungstraum „Koma, vaxitlüö" zu verwirk¬
lichen.
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