Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.sanken des seine Leser doch nicht verwöhnenden Journal officiell und Con- Ohnehin ist die ganze italienische Presse in Bezug auf auswärtige Korre¬ ") Auch unsere deutschen Blätter lassen es übrigens bezüglich Italiens mehr als billig an sich fehlen. Nur wenige haben selbständig unterrichtete Correspondenten; die "Kölnische Zeitung", die "Neue Preußische" und andere größere Organe geben ihre Nachrichten ans zweiter und Grenzboten ne. 1870. nez
sanken des seine Leser doch nicht verwöhnenden Journal officiell und Con- Ohnehin ist die ganze italienische Presse in Bezug auf auswärtige Korre¬ ") Auch unsere deutschen Blätter lassen es übrigens bezüglich Italiens mehr als billig an sich fehlen. Nur wenige haben selbständig unterrichtete Correspondenten; die „Kölnische Zeitung", die „Neue Preußische" und andere größere Organe geben ihre Nachrichten ans zweiter und Grenzboten ne. 1870. nez
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0453" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124603"/> <p xml:id="ID_1317" prev="#ID_1316"> sanken des seine Leser doch nicht verwöhnenden Journal officiell und Con-<lb/> stitutionnel Ehre machen würden und, wie diese, ihr gerngläubiges Publikum<lb/> haben. Da ist z. B. erwiesen, daß Preußen die Bewegungen der Mazzinisten<lb/> durch seine Agenten schürt und mit seinem Geld unterstützt: wie denn unter<lb/> andern die „Opinione," das anerkannt officiöse Organ der gegenwärtigen<lb/> Regierung, nicht müde wird, bei den Unruhen in der Romagna und im<lb/> Neapolitanischen und bei dem neuerlichen Mailänder Pulses, sogar bei den<lb/> ersten Regungen der Garibaldiner im Römischen, von dem „oro strarüero"<lb/> zu sprechen, „mit welchem eine Großmacht gar nicht so sparsam sei, als es<lb/> vielleicht den Anschein habe." Ja, wahr muß es sein, wir haben heldenmäßig<lb/> viel Geld! Oder es ist — recht im Einklang mit der letzten Angabe — eine<lb/> preußische Intervention in Rom, die Ablösung der französischen Occupations-<lb/> truppen durch preußische, eine Drohung mit es-sus delli, falls Italien den<lb/> Kirchenstaat besetze, ein schriftliches Versprechen König Wilhelms an den<lb/> Papst, detaillirte Verhandlungen des (zufällig auf Urlaub abwesenden) tgi.<lb/> Gesandten in Rom mit Sr. Heiligkett und Antonelli, wobei die „zufriedenen<lb/> Gesichter" nie fehlen, und andere erbauliche Enthüllungen, mit welchen wir<lb/> überrascht werden. Dergleichen trägt dann der Telegraph auf Flügeln der<lb/> Agenzia Stefani in die Welt; und wird dann auch die Nachricht demeruirt,<lb/> so hat sie doch 48 Stunden lang gewirkt und „etwas b^-ibd doch hängen!"<lb/> sagt sich der pfiffige Autor. Eine weitere Blumenlese ähnlicher Sensations¬<lb/> stückchen aus Blättern wie die „Perseveranza," „Nazione," „Opinone," „Italie,"<lb/> „Gazetta d'Italia," „Gazetta del Popolo" und wie sie sonst heißen, zugeben,<lb/> wäre kein schweres, aber ein undankbares Geschäft. Wie ein solches Verfahren<lb/> sich richtet und wer schließlich dabei zu Schaden kommt, davon erleben wir<lb/> jetzt in Frankreich eine Probe: möchten Erfahrungen ähnlicher Art den Ita¬<lb/> lienern erspart bleiben!</p><lb/> <p xml:id="ID_1318"> Ohnehin ist die ganze italienische Presse in Bezug auf auswärtige Korre¬<lb/> spondenz noch in sehr primitivem Zustande. Sie schöpft ihre auswärtigen<lb/> Nachrichten fast ausschließlich aus französischen Zeitungen, die wiederum, wie<lb/> bekannt, ihre Belehrung einzig den beiden offiziösen Agenturen Havas und<lb/> Bullier verdanken. An deutschen Correspondenten oder Blättern, die das<lb/> erwünschte Gegengewicht bilden könnten, fehlt es ihnen ganz: die „Correspon-<lb/> dance de Berlin" ist des hohen Preises wegen nur in wenig Händen. Die<lb/> Folgen einer so einseitigen und unzuverlässigen Information haben sich bei<lb/> Beginn des Krieges sehr deutlich gezeigt.*)</p><lb/> <note xml:id="FID_35" place="foot" next="#FID_36"> ") Auch unsere deutschen Blätter lassen es übrigens bezüglich Italiens mehr als billig an<lb/> sich fehlen. Nur wenige haben selbständig unterrichtete Correspondenten; die „Kölnische Zeitung",<lb/> die „Neue Preußische" und andere größere Organe geben ihre Nachrichten ans zweiter und</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten ne. 1870. nez</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0453]
sanken des seine Leser doch nicht verwöhnenden Journal officiell und Con-
stitutionnel Ehre machen würden und, wie diese, ihr gerngläubiges Publikum
haben. Da ist z. B. erwiesen, daß Preußen die Bewegungen der Mazzinisten
durch seine Agenten schürt und mit seinem Geld unterstützt: wie denn unter
andern die „Opinione," das anerkannt officiöse Organ der gegenwärtigen
Regierung, nicht müde wird, bei den Unruhen in der Romagna und im
Neapolitanischen und bei dem neuerlichen Mailänder Pulses, sogar bei den
ersten Regungen der Garibaldiner im Römischen, von dem „oro strarüero"
zu sprechen, „mit welchem eine Großmacht gar nicht so sparsam sei, als es
vielleicht den Anschein habe." Ja, wahr muß es sein, wir haben heldenmäßig
viel Geld! Oder es ist — recht im Einklang mit der letzten Angabe — eine
preußische Intervention in Rom, die Ablösung der französischen Occupations-
truppen durch preußische, eine Drohung mit es-sus delli, falls Italien den
Kirchenstaat besetze, ein schriftliches Versprechen König Wilhelms an den
Papst, detaillirte Verhandlungen des (zufällig auf Urlaub abwesenden) tgi.
Gesandten in Rom mit Sr. Heiligkett und Antonelli, wobei die „zufriedenen
Gesichter" nie fehlen, und andere erbauliche Enthüllungen, mit welchen wir
überrascht werden. Dergleichen trägt dann der Telegraph auf Flügeln der
Agenzia Stefani in die Welt; und wird dann auch die Nachricht demeruirt,
so hat sie doch 48 Stunden lang gewirkt und „etwas b^-ibd doch hängen!"
sagt sich der pfiffige Autor. Eine weitere Blumenlese ähnlicher Sensations¬
stückchen aus Blättern wie die „Perseveranza," „Nazione," „Opinone," „Italie,"
„Gazetta d'Italia," „Gazetta del Popolo" und wie sie sonst heißen, zugeben,
wäre kein schweres, aber ein undankbares Geschäft. Wie ein solches Verfahren
sich richtet und wer schließlich dabei zu Schaden kommt, davon erleben wir
jetzt in Frankreich eine Probe: möchten Erfahrungen ähnlicher Art den Ita¬
lienern erspart bleiben!
Ohnehin ist die ganze italienische Presse in Bezug auf auswärtige Korre¬
spondenz noch in sehr primitivem Zustande. Sie schöpft ihre auswärtigen
Nachrichten fast ausschließlich aus französischen Zeitungen, die wiederum, wie
bekannt, ihre Belehrung einzig den beiden offiziösen Agenturen Havas und
Bullier verdanken. An deutschen Correspondenten oder Blättern, die das
erwünschte Gegengewicht bilden könnten, fehlt es ihnen ganz: die „Correspon-
dance de Berlin" ist des hohen Preises wegen nur in wenig Händen. Die
Folgen einer so einseitigen und unzuverlässigen Information haben sich bei
Beginn des Krieges sehr deutlich gezeigt.*)
") Auch unsere deutschen Blätter lassen es übrigens bezüglich Italiens mehr als billig an
sich fehlen. Nur wenige haben selbständig unterrichtete Correspondenten; die „Kölnische Zeitung",
die „Neue Preußische" und andere größere Organe geben ihre Nachrichten ans zweiter und
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