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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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land bedeutet, das fühlte man in dieser Stunde, wo die furchtbare Poesie
der Schlacht durch alle Herzen zog. Am Abend waren die Sieger in stiller,
fast feierlicher Stimmung. Sie hatten etwa den vierten Theil der französi¬
schen Feldmacht zerschlagen, Mac Mahon und sein Ruhm sind geschwunden.

Jedermann wußte, daß wir auch die Arbeit thun werden, welche noch
zurück ist. aber Jeder dachte, daß dies ein grimmiger, menschenmordender,
schwerer Krieg ist.

Und vor Allem ein ungleicher Kampf. Gegen unsere Knaben, die Blüthe
unserer Nation, die vom Fürstensohn bis zum Erben des Bauernhofes ihr
Blut vergießt -- und so hingebend und treu, steht ein französisches Heer,
welches immer noch viel von einem Landsknechtsheere hat, Darunter schnödes,
widerwärtiges Banditengesindel aus Afrika. Wer die Horden dieser Gefan¬
genen, von unseren wackern Niederschleflern bewacht, vor dem Hauptquartier
kauern sah, schmutzige Halbaffen, darunter viele mit den ärgsten Galgen¬
physiognomien, und dies Völkchen mit den ehrlichen rothbäckigen Gesichtern
unserer strammen Landsleute verglich, der mußte sich sagen, daß eine der Be¬
dingungen des Friedens mit Frankreich sein müsse, daß diese fremde Frosch¬
blut nie wieder gegen christliche und civilisirte Heere gestellt wird.

Da ich dies schließe, kommt Kunde von der Iten geheimnißvollen Armee
unter Steinmetz. Goben hat vor Saarlouis im Kampf r n die Speicher
Höhen im Sturm das französische Corps Frossard völlig geschlagen. Dar¬
nach sind jetzt von acht französischen Corps der Armee, darunter Reserven
und Neubildungen aus Afrika, bereits etwa drei Armeecorps geschlagen. --

Heute Sonntag den 7. August ist bei der 3ten Armee Ruhetag. Morgen
weiter in das Land hinein. Grüße in die Heimath!


2.
Das deutsche und französische Heer nach den ersten Gefechten.

Der erste Zusammenstoß der ungeheuren Heeresmassen hat stattgefunden,
welche dichtgeschaart einander gegenüberstehen. In dieser Zeit lebt man mit
verhaltenem Athem, ungeduldig auf jeden Ton in der Luft, auf allen Dunst
im Gesichtskreis der Augen achtend, und ungern folgt man den gefügten
Worten einer Erörterung. Jetzt hat das erste Recht die Leidenschaft in ihrem
höchsten Ausdruck, dem tödtlichen Kampfe der Männer von zwei großen Völ¬
kern, das ganze Heil ist auf die rollende Kugel des Schlachtfeldes gestellt,
Jedermann späht, wohin sie läuft und wenn sie Sieg bringt oder Verderben.

Wir hoffen für uns. Und wir haben einige stattliche Gründe dafür.
Wie gern glaubten bis zum 4ten und 6ten August, den Treffen von Weißen¬
burg, der Schlacht bei Wörth, die Eltern daheim, welche an ihre Lieben im


land bedeutet, das fühlte man in dieser Stunde, wo die furchtbare Poesie
der Schlacht durch alle Herzen zog. Am Abend waren die Sieger in stiller,
fast feierlicher Stimmung. Sie hatten etwa den vierten Theil der französi¬
schen Feldmacht zerschlagen, Mac Mahon und sein Ruhm sind geschwunden.

Jedermann wußte, daß wir auch die Arbeit thun werden, welche noch
zurück ist. aber Jeder dachte, daß dies ein grimmiger, menschenmordender,
schwerer Krieg ist.

Und vor Allem ein ungleicher Kampf. Gegen unsere Knaben, die Blüthe
unserer Nation, die vom Fürstensohn bis zum Erben des Bauernhofes ihr
Blut vergießt — und so hingebend und treu, steht ein französisches Heer,
welches immer noch viel von einem Landsknechtsheere hat, Darunter schnödes,
widerwärtiges Banditengesindel aus Afrika. Wer die Horden dieser Gefan¬
genen, von unseren wackern Niederschleflern bewacht, vor dem Hauptquartier
kauern sah, schmutzige Halbaffen, darunter viele mit den ärgsten Galgen¬
physiognomien, und dies Völkchen mit den ehrlichen rothbäckigen Gesichtern
unserer strammen Landsleute verglich, der mußte sich sagen, daß eine der Be¬
dingungen des Friedens mit Frankreich sein müsse, daß diese fremde Frosch¬
blut nie wieder gegen christliche und civilisirte Heere gestellt wird.

Da ich dies schließe, kommt Kunde von der Iten geheimnißvollen Armee
unter Steinmetz. Goben hat vor Saarlouis im Kampf r n die Speicher
Höhen im Sturm das französische Corps Frossard völlig geschlagen. Dar¬
nach sind jetzt von acht französischen Corps der Armee, darunter Reserven
und Neubildungen aus Afrika, bereits etwa drei Armeecorps geschlagen. —

Heute Sonntag den 7. August ist bei der 3ten Armee Ruhetag. Morgen
weiter in das Land hinein. Grüße in die Heimath!


2.
Das deutsche und französische Heer nach den ersten Gefechten.

Der erste Zusammenstoß der ungeheuren Heeresmassen hat stattgefunden,
welche dichtgeschaart einander gegenüberstehen. In dieser Zeit lebt man mit
verhaltenem Athem, ungeduldig auf jeden Ton in der Luft, auf allen Dunst
im Gesichtskreis der Augen achtend, und ungern folgt man den gefügten
Worten einer Erörterung. Jetzt hat das erste Recht die Leidenschaft in ihrem
höchsten Ausdruck, dem tödtlichen Kampfe der Männer von zwei großen Völ¬
kern, das ganze Heil ist auf die rollende Kugel des Schlachtfeldes gestellt,
Jedermann späht, wohin sie läuft und wenn sie Sieg bringt oder Verderben.

Wir hoffen für uns. Und wir haben einige stattliche Gründe dafür.
Wie gern glaubten bis zum 4ten und 6ten August, den Treffen von Weißen¬
burg, der Schlacht bei Wörth, die Eltern daheim, welche an ihre Lieben im


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/326>, abgerufen am 26.06.2024.