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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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Straßburg und Paris. Durch eine Division des 6ten Corps, welches der
Armee des Kronprinzen nachträglich zugetheilt war, wurde die Verbindung
mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl bewirkt. Das Hauptquartier
kam nach Sulz. Bei Wörth stieß man auf französische Truppen. Am 6ten
früh wurde unsere Artillerie vorgezogen, um den Feind zu beschäfti¬
gen. Man beabsichtigte an diesem Tage keinen Angriff, sondern wollte eine
Umgehung des Feindes durch Vorschieben der Corps einleiten. Aber der
Feind hielt dem Artillerieangriff Stand und schritt bald seinerseis zum An¬
griff. Auf den Höhen hinter Wörth, auf der Linie Froschweiler-Eberbach
stand das Armeecorps Mac Mahon. noch 3 Divisionen Infanterie. 1 Di¬
vision Cavallerie, verstärkt durch eine Division des Corps de Failly und
Reserveregimenter des Corps Canrobert, ca. 60--70.000 Mann wieder in
sehr fester Stellung. Da unsere Truppen erst allmälig herankamen und
Widerstand und Angriff zunächst in der Front stattfinden mußten, wurde die
Arbeit der Schlacht besonders schwer und blutig. Etwa sechs Stunden währte
der wildeste Kampf, die Franzosen fochten sehr tapfer, im zähen Häusergefecht
um brennende Dörfer, in Waldlichtungen und Gehölz wurde erbittert ge¬
stritten. Die Schlacht endete wieder mit Sturmangriffen der Preußen und
Bundesdeutschen auf die Höhen der Hauptstellung, während die Bayern auf
unserem rechten Flügel, die Würtenberger - sehr brav -- auf unserem
linken Flügel den Feind eindrückten. Das Ende war vollständige tumul-
tuarische Flucht der Franzosen. Trophäen: 2 Adler. 34 Geschütze. 6 Mi-
trailleusen. L000 Gefangene. Spät kam die Reiterei zur Verfolgung heran.

Es war ein glorreicher Sieg, es war ein fürchterlicher Kampf. Der
Feldzug in Böhmen war viel unblutigere Arbeit. Chassepot ist ein gutes
Gewehr, die französische Artillerie sehr gut und das Ehrgefühl der Franzosen
spornte sie zu den äußersten Anstrengungen, auch als die Hoffnung auf Sieg
bereits geschwunden war. Zuletzt trieb Mac Mahon kopflos immer wieder
in den Kampf und seine Soldaten murrten. Aber den Deutschen war nicht
zu widerstehen. Wieder das ruhmvolle 6te Armeecorps, die Männer von
Nachod und Skalitz voran, nicht minder wacker die vom Ulm, zumal die
Thüringer. Die Verlust? sind sehr groß, mehrere Regimenter haben alle
Stabsoffiziere, viele mehr als die Hälfte des Officiercorps verloren. Aber
als die Schlacht entschieden war und der Kronprinz auf dem Schlachtfeld an
die gelichteten Bataillone ritt, empfing den geliebten Führer ein unerme߬
licher Jubelruf seines Heeres, die Bataillone stürzten ihm entgegen, faßten
sein Reitzeug, seine Hände, schwenkten laut und jauchzend Mützen und Säbel
und Schwerverwundete streckten die Hände grüßend ihm entgegen, und dabei
standen dem Feldherrn und seinen starken Preußen bei dem Wtedersehn und
Siegesgruß die heißen Thränen in den Augen. Was Kampf für das Vater"


Straßburg und Paris. Durch eine Division des 6ten Corps, welches der
Armee des Kronprinzen nachträglich zugetheilt war, wurde die Verbindung
mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl bewirkt. Das Hauptquartier
kam nach Sulz. Bei Wörth stieß man auf französische Truppen. Am 6ten
früh wurde unsere Artillerie vorgezogen, um den Feind zu beschäfti¬
gen. Man beabsichtigte an diesem Tage keinen Angriff, sondern wollte eine
Umgehung des Feindes durch Vorschieben der Corps einleiten. Aber der
Feind hielt dem Artillerieangriff Stand und schritt bald seinerseis zum An¬
griff. Auf den Höhen hinter Wörth, auf der Linie Froschweiler-Eberbach
stand das Armeecorps Mac Mahon. noch 3 Divisionen Infanterie. 1 Di¬
vision Cavallerie, verstärkt durch eine Division des Corps de Failly und
Reserveregimenter des Corps Canrobert, ca. 60—70.000 Mann wieder in
sehr fester Stellung. Da unsere Truppen erst allmälig herankamen und
Widerstand und Angriff zunächst in der Front stattfinden mußten, wurde die
Arbeit der Schlacht besonders schwer und blutig. Etwa sechs Stunden währte
der wildeste Kampf, die Franzosen fochten sehr tapfer, im zähen Häusergefecht
um brennende Dörfer, in Waldlichtungen und Gehölz wurde erbittert ge¬
stritten. Die Schlacht endete wieder mit Sturmangriffen der Preußen und
Bundesdeutschen auf die Höhen der Hauptstellung, während die Bayern auf
unserem rechten Flügel, die Würtenberger - sehr brav — auf unserem
linken Flügel den Feind eindrückten. Das Ende war vollständige tumul-
tuarische Flucht der Franzosen. Trophäen: 2 Adler. 34 Geschütze. 6 Mi-
trailleusen. L000 Gefangene. Spät kam die Reiterei zur Verfolgung heran.

Es war ein glorreicher Sieg, es war ein fürchterlicher Kampf. Der
Feldzug in Böhmen war viel unblutigere Arbeit. Chassepot ist ein gutes
Gewehr, die französische Artillerie sehr gut und das Ehrgefühl der Franzosen
spornte sie zu den äußersten Anstrengungen, auch als die Hoffnung auf Sieg
bereits geschwunden war. Zuletzt trieb Mac Mahon kopflos immer wieder
in den Kampf und seine Soldaten murrten. Aber den Deutschen war nicht
zu widerstehen. Wieder das ruhmvolle 6te Armeecorps, die Männer von
Nachod und Skalitz voran, nicht minder wacker die vom Ulm, zumal die
Thüringer. Die Verlust? sind sehr groß, mehrere Regimenter haben alle
Stabsoffiziere, viele mehr als die Hälfte des Officiercorps verloren. Aber
als die Schlacht entschieden war und der Kronprinz auf dem Schlachtfeld an
die gelichteten Bataillone ritt, empfing den geliebten Führer ein unerme߬
licher Jubelruf seines Heeres, die Bataillone stürzten ihm entgegen, faßten
sein Reitzeug, seine Hände, schwenkten laut und jauchzend Mützen und Säbel
und Schwerverwundete streckten die Hände grüßend ihm entgegen, und dabei
standen dem Feldherrn und seinen starken Preußen bei dem Wtedersehn und
Siegesgruß die heißen Thränen in den Augen. Was Kampf für das Vater«


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[0325] Straßburg und Paris. Durch eine Division des 6ten Corps, welches der Armee des Kronprinzen nachträglich zugetheilt war, wurde die Verbindung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl bewirkt. Das Hauptquartier kam nach Sulz. Bei Wörth stieß man auf französische Truppen. Am 6ten früh wurde unsere Artillerie vorgezogen, um den Feind zu beschäfti¬ gen. Man beabsichtigte an diesem Tage keinen Angriff, sondern wollte eine Umgehung des Feindes durch Vorschieben der Corps einleiten. Aber der Feind hielt dem Artillerieangriff Stand und schritt bald seinerseis zum An¬ griff. Auf den Höhen hinter Wörth, auf der Linie Froschweiler-Eberbach stand das Armeecorps Mac Mahon. noch 3 Divisionen Infanterie. 1 Di¬ vision Cavallerie, verstärkt durch eine Division des Corps de Failly und Reserveregimenter des Corps Canrobert, ca. 60—70.000 Mann wieder in sehr fester Stellung. Da unsere Truppen erst allmälig herankamen und Widerstand und Angriff zunächst in der Front stattfinden mußten, wurde die Arbeit der Schlacht besonders schwer und blutig. Etwa sechs Stunden währte der wildeste Kampf, die Franzosen fochten sehr tapfer, im zähen Häusergefecht um brennende Dörfer, in Waldlichtungen und Gehölz wurde erbittert ge¬ stritten. Die Schlacht endete wieder mit Sturmangriffen der Preußen und Bundesdeutschen auf die Höhen der Hauptstellung, während die Bayern auf unserem rechten Flügel, die Würtenberger - sehr brav — auf unserem linken Flügel den Feind eindrückten. Das Ende war vollständige tumul- tuarische Flucht der Franzosen. Trophäen: 2 Adler. 34 Geschütze. 6 Mi- trailleusen. L000 Gefangene. Spät kam die Reiterei zur Verfolgung heran. Es war ein glorreicher Sieg, es war ein fürchterlicher Kampf. Der Feldzug in Böhmen war viel unblutigere Arbeit. Chassepot ist ein gutes Gewehr, die französische Artillerie sehr gut und das Ehrgefühl der Franzosen spornte sie zu den äußersten Anstrengungen, auch als die Hoffnung auf Sieg bereits geschwunden war. Zuletzt trieb Mac Mahon kopflos immer wieder in den Kampf und seine Soldaten murrten. Aber den Deutschen war nicht zu widerstehen. Wieder das ruhmvolle 6te Armeecorps, die Männer von Nachod und Skalitz voran, nicht minder wacker die vom Ulm, zumal die Thüringer. Die Verlust? sind sehr groß, mehrere Regimenter haben alle Stabsoffiziere, viele mehr als die Hälfte des Officiercorps verloren. Aber als die Schlacht entschieden war und der Kronprinz auf dem Schlachtfeld an die gelichteten Bataillone ritt, empfing den geliebten Führer ein unerme߬ licher Jubelruf seines Heeres, die Bataillone stürzten ihm entgegen, faßten sein Reitzeug, seine Hände, schwenkten laut und jauchzend Mützen und Säbel und Schwerverwundete streckten die Hände grüßend ihm entgegen, und dabei standen dem Feldherrn und seinen starken Preußen bei dem Wtedersehn und Siegesgruß die heißen Thränen in den Augen. Was Kampf für das Vater«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/325>, abgerufen am 26.06.2024.