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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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sie ihre "begeisterte Zustimmung zu der Haltung des Königs gegenüber dem
Uebermuthe Napoleons" ausspricht und sich mit Freuden zu jedem Opfer
bereit erklärt, welches die Erhaltung der nationalen Ehre und Unabhänigkeit
erfordern werde. Die sofort telegraphisch übersandte Adresse schloß mit den
Worten: "Wie jeder Unterschied der Parteien dahingeschwunden ist vor der
frechen Ueberhebung des französischen Kaisers und vor der thörichten Verblen¬
dung des französischen Volkes, so fragen auch wir nicht, wie groß die Opfer
sein werden, welche von uns verlangt werden, sondern setzen nur unsere ganze
Kraft ein, um allen Anforderungen zu entsprechen, welche das Baterland an
uns stellen wird. Hoch lebe Se. Majestät König Wilhelm, der Schirmherr
Deutschlands."

Der nationale Gedanke überwog auch bei derjenigen Partei, welche,
in particularistischen Tendenzen befangen, der politischen Schöpfung des Jahres
1866 wenig hold ist und es Preußen noch immer zum Vorwurf macht, daß
es auf Kosten deutscher Fürsten, welche ihm mit dem Schwerte entgegenge¬
treten waren, sich vergrößert hat. "Unter Beisetzung aller Parteiunterschiede"
vereinigten sich Männer aller Farben zu einem Hülfsvereine, welcher schon
am 21. Juli seinen ersten Aufruf erließ. Unter den Unterzeichnern dieses
Ausrufs war auch die Universität mit den Namen von neun Professoren
vertreten.

Auch als Corporation fand die Universität sich zu einer Kundgebung
veranlaßt. Sie hatte seit dem 12. März 1848, wo sie in einer Adresse an
den Großherzog für die Nothwendigkeit und Dringlichkeit einer Beseitigung der
Feudalstäude und für die sofortige Gewährung der Preßfreiheit sich aussprach,
sich vollständig jeder politischen Demonstration enthalten, so sehr auch die
zwei Jahre später hereinbrechenden schweren Zeiten der Reaction zu einer
Wiederholung der Mahnung aufforderten. Aber jetzt erwachte sie aus ihrem
vieljährigen politischen Schlummer und richtete an den König von Preußen
eine Adresse, in welcher sie dem muthigen und kraftvollen Eintreten des¬
selben für Deutschlands Ehre und Selbständigkeit ihre dankbare Bewunde¬
rung zollte. Gleichzeitig mit dieser, am 21. Juli beschlossenen Adresse an
den König richtete sie eine zweite Adresse an den Großherzog, welche mit
den Worten schloß: "Allerhöchstere getreue Landes-Universität ist stolz auf
dje echt deutsche Gesinnung ihres Allerdurchlauchtigsten Kanzlers, sie erfleht
den Segen Gottes für Ew. Königl. Hoheit Waffen, seinen gnädigen Schirm
und Schutz und Verleihung des Sieges in dem Kampfe für Deutschlands
Ehre, Freiheit, Einheit."

Beide Adressen tragen die Namen sämmtlicher Professoren, soweit sie
in Rostock anwesend waren, 22 an der Zahl. Einer der Unterzeichner, der
Theologe Dieckhoff, ein Hannoveraner von Geburt, hielt es außerdem noch


sie ihre „begeisterte Zustimmung zu der Haltung des Königs gegenüber dem
Uebermuthe Napoleons" ausspricht und sich mit Freuden zu jedem Opfer
bereit erklärt, welches die Erhaltung der nationalen Ehre und Unabhänigkeit
erfordern werde. Die sofort telegraphisch übersandte Adresse schloß mit den
Worten: „Wie jeder Unterschied der Parteien dahingeschwunden ist vor der
frechen Ueberhebung des französischen Kaisers und vor der thörichten Verblen¬
dung des französischen Volkes, so fragen auch wir nicht, wie groß die Opfer
sein werden, welche von uns verlangt werden, sondern setzen nur unsere ganze
Kraft ein, um allen Anforderungen zu entsprechen, welche das Baterland an
uns stellen wird. Hoch lebe Se. Majestät König Wilhelm, der Schirmherr
Deutschlands."

Der nationale Gedanke überwog auch bei derjenigen Partei, welche,
in particularistischen Tendenzen befangen, der politischen Schöpfung des Jahres
1866 wenig hold ist und es Preußen noch immer zum Vorwurf macht, daß
es auf Kosten deutscher Fürsten, welche ihm mit dem Schwerte entgegenge¬
treten waren, sich vergrößert hat. „Unter Beisetzung aller Parteiunterschiede"
vereinigten sich Männer aller Farben zu einem Hülfsvereine, welcher schon
am 21. Juli seinen ersten Aufruf erließ. Unter den Unterzeichnern dieses
Ausrufs war auch die Universität mit den Namen von neun Professoren
vertreten.

Auch als Corporation fand die Universität sich zu einer Kundgebung
veranlaßt. Sie hatte seit dem 12. März 1848, wo sie in einer Adresse an
den Großherzog für die Nothwendigkeit und Dringlichkeit einer Beseitigung der
Feudalstäude und für die sofortige Gewährung der Preßfreiheit sich aussprach,
sich vollständig jeder politischen Demonstration enthalten, so sehr auch die
zwei Jahre später hereinbrechenden schweren Zeiten der Reaction zu einer
Wiederholung der Mahnung aufforderten. Aber jetzt erwachte sie aus ihrem
vieljährigen politischen Schlummer und richtete an den König von Preußen
eine Adresse, in welcher sie dem muthigen und kraftvollen Eintreten des¬
selben für Deutschlands Ehre und Selbständigkeit ihre dankbare Bewunde¬
rung zollte. Gleichzeitig mit dieser, am 21. Juli beschlossenen Adresse an
den König richtete sie eine zweite Adresse an den Großherzog, welche mit
den Worten schloß: „Allerhöchstere getreue Landes-Universität ist stolz auf
dje echt deutsche Gesinnung ihres Allerdurchlauchtigsten Kanzlers, sie erfleht
den Segen Gottes für Ew. Königl. Hoheit Waffen, seinen gnädigen Schirm
und Schutz und Verleihung des Sieges in dem Kampfe für Deutschlands
Ehre, Freiheit, Einheit."

Beide Adressen tragen die Namen sämmtlicher Professoren, soweit sie
in Rostock anwesend waren, 22 an der Zahl. Einer der Unterzeichner, der
Theologe Dieckhoff, ein Hannoveraner von Geburt, hielt es außerdem noch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/316>, abgerufen am 26.06.2024.