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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

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Horst's in Preußen, mehr urkundliche Vorarbeiten als für den in diesen zwei
Bänden vollendeten. Für die Darstellung seiner so sehr wichtigen und ein¬
flußreichen persönlichen Bezüge in seiner neuen Stellung, besonders in den
letzten entscheidenden Zeiten, ist noch mehr zu thun. Wir hoffen, daß es
dem Verfasser gelingen möge, sich die hierfür erforderlichen und, wie wir
nicht bezweifeln, auch noch vorhandenen Quellen mehr privater Natur zu¬
gänglich zu machen.




Die Unterstützung der Familien ausgezogener Krieger.

Die Umwandlung eines friedlichen Volks in ein kriegführendes hat, um
vollständig zu sein, eine solche Menge einzelner Voraussetzungen, daß wir uns
nicht wundern dürfen, wenn nicht alle sofort erkannt und hergestellt werden.
Es ist schon des höchsten Ruhmes werth und das sicherste Zeichen wachsender
Kraft und aufsteigender Geschicke, wie nicht allein unsere Truppen, sondern
auch die mancherlei patriotischen Vereine zu ihrer Hilfe in unglaublich kurzer
Frist mobil gemacht worden sind. Die Mobilisirung des nationalen Heeres
beruhte am Ende doch vornehmlich auf längstgetroffenen Anstalten und Ein¬
richtungen, wenn auch der Feuereifer aller mitwirkenden Personen deren
Wirksamkeit noch namhaft erhöht hat. Die Entstehung der Hilfsvereine da¬
gegen ohne Aufruf von oben, und ohne daß kleinere Orte oder entlegenere
Gegenden den Vortritt der Hauptstädte abgewartet hätten, charakterisier aus
der einen Seite die Begeisterung der Nation für ihre hehre vaterländische
Aufgabe, auf der andern ihre praktisch-politische Reife. Man erkennt das am
besten, wenn man die französischen Leistungen auf diesem Felde mit den un-
srigen vergleicht. Alles in Allem genommen verhalten sie sich zu einander
eher wie Eins zu Hundert als wie Eins zu Zehn.

Aber mag unser Vorsprung noch so groß sein, so dürfen wir darum doch
nicht lässig werden. Wir dürfen uns nicht einbilden, daß alles geschehen sei,
wenn die Hilfsvereine gebildet und ihre unterschiedlichen Thätigkeiten in
Gang gesetzt sind. Nicht alles, was jetzt geschieht, ist, weil es aus einem
erregten vaterlandsliebenden Geiste stammt, darum auch gut und weise. Im
Gegentheil, grade die schöne Erregtheit der Gemüther macht, daß manches
im Drange des Augenblicks oberflächlich, unwirksam, verschwenderisch, ja wohl
gar zu späteren schlimmen Nachwirkungen geschieht, wenn auch der nächste
damit erreichte Zweck untadelig sein mag.

Beispiele solcher gefährlichen Gutthaten liegen nahe. Wenn z. B. nach


33*

Horst's in Preußen, mehr urkundliche Vorarbeiten als für den in diesen zwei
Bänden vollendeten. Für die Darstellung seiner so sehr wichtigen und ein¬
flußreichen persönlichen Bezüge in seiner neuen Stellung, besonders in den
letzten entscheidenden Zeiten, ist noch mehr zu thun. Wir hoffen, daß es
dem Verfasser gelingen möge, sich die hierfür erforderlichen und, wie wir
nicht bezweifeln, auch noch vorhandenen Quellen mehr privater Natur zu¬
gänglich zu machen.




Die Unterstützung der Familien ausgezogener Krieger.

Die Umwandlung eines friedlichen Volks in ein kriegführendes hat, um
vollständig zu sein, eine solche Menge einzelner Voraussetzungen, daß wir uns
nicht wundern dürfen, wenn nicht alle sofort erkannt und hergestellt werden.
Es ist schon des höchsten Ruhmes werth und das sicherste Zeichen wachsender
Kraft und aufsteigender Geschicke, wie nicht allein unsere Truppen, sondern
auch die mancherlei patriotischen Vereine zu ihrer Hilfe in unglaublich kurzer
Frist mobil gemacht worden sind. Die Mobilisirung des nationalen Heeres
beruhte am Ende doch vornehmlich auf längstgetroffenen Anstalten und Ein¬
richtungen, wenn auch der Feuereifer aller mitwirkenden Personen deren
Wirksamkeit noch namhaft erhöht hat. Die Entstehung der Hilfsvereine da¬
gegen ohne Aufruf von oben, und ohne daß kleinere Orte oder entlegenere
Gegenden den Vortritt der Hauptstädte abgewartet hätten, charakterisier aus
der einen Seite die Begeisterung der Nation für ihre hehre vaterländische
Aufgabe, auf der andern ihre praktisch-politische Reife. Man erkennt das am
besten, wenn man die französischen Leistungen auf diesem Felde mit den un-
srigen vergleicht. Alles in Allem genommen verhalten sie sich zu einander
eher wie Eins zu Hundert als wie Eins zu Zehn.

Aber mag unser Vorsprung noch so groß sein, so dürfen wir darum doch
nicht lässig werden. Wir dürfen uns nicht einbilden, daß alles geschehen sei,
wenn die Hilfsvereine gebildet und ihre unterschiedlichen Thätigkeiten in
Gang gesetzt sind. Nicht alles, was jetzt geschieht, ist, weil es aus einem
erregten vaterlandsliebenden Geiste stammt, darum auch gut und weise. Im
Gegentheil, grade die schöne Erregtheit der Gemüther macht, daß manches
im Drange des Augenblicks oberflächlich, unwirksam, verschwenderisch, ja wohl
gar zu späteren schlimmen Nachwirkungen geschieht, wenn auch der nächste
damit erreichte Zweck untadelig sein mag.

Beispiele solcher gefährlichen Gutthaten liegen nahe. Wenn z. B. nach


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[0259] Horst's in Preußen, mehr urkundliche Vorarbeiten als für den in diesen zwei Bänden vollendeten. Für die Darstellung seiner so sehr wichtigen und ein¬ flußreichen persönlichen Bezüge in seiner neuen Stellung, besonders in den letzten entscheidenden Zeiten, ist noch mehr zu thun. Wir hoffen, daß es dem Verfasser gelingen möge, sich die hierfür erforderlichen und, wie wir nicht bezweifeln, auch noch vorhandenen Quellen mehr privater Natur zu¬ gänglich zu machen. Die Unterstützung der Familien ausgezogener Krieger. Die Umwandlung eines friedlichen Volks in ein kriegführendes hat, um vollständig zu sein, eine solche Menge einzelner Voraussetzungen, daß wir uns nicht wundern dürfen, wenn nicht alle sofort erkannt und hergestellt werden. Es ist schon des höchsten Ruhmes werth und das sicherste Zeichen wachsender Kraft und aufsteigender Geschicke, wie nicht allein unsere Truppen, sondern auch die mancherlei patriotischen Vereine zu ihrer Hilfe in unglaublich kurzer Frist mobil gemacht worden sind. Die Mobilisirung des nationalen Heeres beruhte am Ende doch vornehmlich auf längstgetroffenen Anstalten und Ein¬ richtungen, wenn auch der Feuereifer aller mitwirkenden Personen deren Wirksamkeit noch namhaft erhöht hat. Die Entstehung der Hilfsvereine da¬ gegen ohne Aufruf von oben, und ohne daß kleinere Orte oder entlegenere Gegenden den Vortritt der Hauptstädte abgewartet hätten, charakterisier aus der einen Seite die Begeisterung der Nation für ihre hehre vaterländische Aufgabe, auf der andern ihre praktisch-politische Reife. Man erkennt das am besten, wenn man die französischen Leistungen auf diesem Felde mit den un- srigen vergleicht. Alles in Allem genommen verhalten sie sich zu einander eher wie Eins zu Hundert als wie Eins zu Zehn. Aber mag unser Vorsprung noch so groß sein, so dürfen wir darum doch nicht lässig werden. Wir dürfen uns nicht einbilden, daß alles geschehen sei, wenn die Hilfsvereine gebildet und ihre unterschiedlichen Thätigkeiten in Gang gesetzt sind. Nicht alles, was jetzt geschieht, ist, weil es aus einem erregten vaterlandsliebenden Geiste stammt, darum auch gut und weise. Im Gegentheil, grade die schöne Erregtheit der Gemüther macht, daß manches im Drange des Augenblicks oberflächlich, unwirksam, verschwenderisch, ja wohl gar zu späteren schlimmen Nachwirkungen geschieht, wenn auch der nächste damit erreichte Zweck untadelig sein mag. Beispiele solcher gefährlichen Gutthaten liegen nahe. Wenn z. B. nach 33*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/259>, abgerufen am 26.06.2024.