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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Heirathsalter des männlichen Geschlechts übertrifft dasjenige des weiblichen
Geschlechts überall um 1--2 Jahrs. Die mittlere Dauer der Ehen beträgt in

Frankreich .... 25 Jahre Dänemark . .21V2 Jahre Sardinien .... 24^/z " Sachsen . . .2IV2 Schweden .... 23^/z " England . . .20 Belgien.....23 den Niederlanden20 Preußen . . .19-/4 Bayern.....22^ " Norwegen .... 22^/z "
Die mittlere Fruchtbarkeit der Ehen beträgt in den
Sachsen . .4,z5 Kinder den Niederlanden . 4,gz Kinder Norwegen . . . 4, 7 " England . .4,3 z " Belgien . .4,23 v Preußen .... 4," " Bayern .... 4,55 " Dänemark. .4,18 Frankreich . .3'"s " Schweden.... 4,52 .
Allzu früh eingegangene Ehen befördern die Unfruchtbarkeit; ihre Sprö߬
linge bringen geringere Lebenskraft mit auf die Welt. Auf den Grad der
Fruchtbarkeit hat, von den ganz unfruchtbaren Ehen abgesehen, das Heiraths¬
alter keinen Einfluß, so lange es beim Manne das 33. und bei der Frau
das 26. Jahr nicht übersteigt. Diese Folgerungen, welche Quetelet aus Un¬
tersuchungen des Engländers Satler abgeleitet hat, stimmen in der Haupt¬
sache völlig mit dem überein, welche durch Goehlert in Wien aus der Genea¬
logie von 25 Jahrgängen des Gothaischen Kalenders gezogen worden sind.
Für das Verhältniß der unehelichen Geburten zu sämmtlichen Geburten
gibt Wappäus folgende Ziffern an: ,
Sardinien2,<>a Procent Schweden8,83 Procent Norwegen8,gs " Niederlande4,7-, " Oestreich11,3" " England .6,67 DänemarkH,"3 ', Preußen .7,33 ,, Frankrrich ,7,"2 ", Sachsen .14.SS Bayern .20,"2 " Belgien .8,1b -,
So unbedingt, wie es gewöhnlich geschieht, darf man aus diesen Ver¬
hältnißzahlen auf den Grad der herrschenden Unstttlichkeit nicht schließen. In
Bayern z. B. muß man von der hohen Ziffer in Abzug bringen, was eine
außerordentliche gesetzliche Erschwerung von Ehen und Niederlassungen bisher
Verführendes in sich trug; für Frankreich andererseits würde die niedrige
Ziffer stärker zeugen, stände nicht die gleichfalls sehr geringe durchschnittliche
Fruchtbarkeit der dortigen Ehen daneben, und gäbe es nicht notorisch
geschlechtliche Verbindungen, welche sich entweder überhaupt nicht durch
Geburten verrathen, oder doch nicht durch uneheliche Geburten. Immer be¬
hält diese Verhältnißzahl als Anzeige für die Moralstatistik ihren Werth,
ähnlich wie die Zahl der Verbrechen, für deren genaue Würdigung ebenfalls
vorab der Stand der Strafgesetzgebung berücksichtigt werden muß.

Gr-nzboten II. 1870. 10

Heirathsalter des männlichen Geschlechts übertrifft dasjenige des weiblichen
Geschlechts überall um 1—2 Jahrs. Die mittlere Dauer der Ehen beträgt in

Frankreich .... 25 Jahre Dänemark . .21V2 Jahre Sardinien .... 24^/z „ Sachsen . . .2IV2 Schweden .... 23^/z „ England . . .20 Belgien.....23 den Niederlanden20 Preußen . . .19-/4 Bayern.....22^ „ Norwegen .... 22^/z „
Die mittlere Fruchtbarkeit der Ehen beträgt in den
Sachsen . .4,z5 Kinder den Niederlanden . 4,gz Kinder Norwegen . . . 4, 7 „ England . .4,3 z „ Belgien . .4,23 v Preußen .... 4,« „ Bayern .... 4,55 „ Dänemark. .4,18 Frankreich . .3'«s „ Schweden.... 4,52 .
Allzu früh eingegangene Ehen befördern die Unfruchtbarkeit; ihre Sprö߬
linge bringen geringere Lebenskraft mit auf die Welt. Auf den Grad der
Fruchtbarkeit hat, von den ganz unfruchtbaren Ehen abgesehen, das Heiraths¬
alter keinen Einfluß, so lange es beim Manne das 33. und bei der Frau
das 26. Jahr nicht übersteigt. Diese Folgerungen, welche Quetelet aus Un¬
tersuchungen des Engländers Satler abgeleitet hat, stimmen in der Haupt¬
sache völlig mit dem überein, welche durch Goehlert in Wien aus der Genea¬
logie von 25 Jahrgängen des Gothaischen Kalenders gezogen worden sind.
Für das Verhältniß der unehelichen Geburten zu sämmtlichen Geburten
gibt Wappäus folgende Ziffern an: ,
Sardinien2,<>a Procent Schweden8,83 Procent Norwegen8,gs „ Niederlande4,7-, „ Oestreich11,3» „ England .6,67 DänemarkH,«3 ', Preußen .7,33 ,, Frankrrich ,7,»2 », Sachsen .14.SS Bayern .20,«2 „ Belgien .8,1b -,
So unbedingt, wie es gewöhnlich geschieht, darf man aus diesen Ver¬
hältnißzahlen auf den Grad der herrschenden Unstttlichkeit nicht schließen. In
Bayern z. B. muß man von der hohen Ziffer in Abzug bringen, was eine
außerordentliche gesetzliche Erschwerung von Ehen und Niederlassungen bisher
Verführendes in sich trug; für Frankreich andererseits würde die niedrige
Ziffer stärker zeugen, stände nicht die gleichfalls sehr geringe durchschnittliche
Fruchtbarkeit der dortigen Ehen daneben, und gäbe es nicht notorisch
geschlechtliche Verbindungen, welche sich entweder überhaupt nicht durch
Geburten verrathen, oder doch nicht durch uneheliche Geburten. Immer be¬
hält diese Verhältnißzahl als Anzeige für die Moralstatistik ihren Werth,
ähnlich wie die Zahl der Verbrechen, für deren genaue Würdigung ebenfalls
vorab der Stand der Strafgesetzgebung berücksichtigt werden muß.

Gr-nzboten II. 1870. 10
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[0079] Heirathsalter des männlichen Geschlechts übertrifft dasjenige des weiblichen Geschlechts überall um 1—2 Jahrs. Die mittlere Dauer der Ehen beträgt in Frankreich .... 25 Jahre Dänemark . .21V2 Jahre Sardinien .... 24^/z „ Sachsen . . .2IV2 Schweden .... 23^/z „ England . . .20 Belgien.....23 den Niederlanden20 Preußen . . .19-/4 Bayern.....22^ „ Norwegen .... 22^/z „ Die mittlere Fruchtbarkeit der Ehen beträgt in den Sachsen . .4,z5 Kinder den Niederlanden . 4,gz Kinder Norwegen . . . 4, 7 „ England . .4,3 z „ Belgien . .4,23 v Preußen .... 4,« „ Bayern .... 4,55 „ Dänemark. .4,18 Frankreich . .3'«s „ Schweden.... 4,52 . Allzu früh eingegangene Ehen befördern die Unfruchtbarkeit; ihre Sprö߬ linge bringen geringere Lebenskraft mit auf die Welt. Auf den Grad der Fruchtbarkeit hat, von den ganz unfruchtbaren Ehen abgesehen, das Heiraths¬ alter keinen Einfluß, so lange es beim Manne das 33. und bei der Frau das 26. Jahr nicht übersteigt. Diese Folgerungen, welche Quetelet aus Un¬ tersuchungen des Engländers Satler abgeleitet hat, stimmen in der Haupt¬ sache völlig mit dem überein, welche durch Goehlert in Wien aus der Genea¬ logie von 25 Jahrgängen des Gothaischen Kalenders gezogen worden sind. Für das Verhältniß der unehelichen Geburten zu sämmtlichen Geburten gibt Wappäus folgende Ziffern an: , Sardinien2,<>a Procent Schweden8,83 Procent Norwegen8,gs „ Niederlande4,7-, „ Oestreich11,3» „ England .6,67 DänemarkH,«3 ', Preußen .7,33 ,, Frankrrich ,7,»2 », Sachsen .14.SS Bayern .20,«2 „ Belgien .8,1b -, So unbedingt, wie es gewöhnlich geschieht, darf man aus diesen Ver¬ hältnißzahlen auf den Grad der herrschenden Unstttlichkeit nicht schließen. In Bayern z. B. muß man von der hohen Ziffer in Abzug bringen, was eine außerordentliche gesetzliche Erschwerung von Ehen und Niederlassungen bisher Verführendes in sich trug; für Frankreich andererseits würde die niedrige Ziffer stärker zeugen, stände nicht die gleichfalls sehr geringe durchschnittliche Fruchtbarkeit der dortigen Ehen daneben, und gäbe es nicht notorisch geschlechtliche Verbindungen, welche sich entweder überhaupt nicht durch Geburten verrathen, oder doch nicht durch uneheliche Geburten. Immer be¬ hält diese Verhältnißzahl als Anzeige für die Moralstatistik ihren Werth, ähnlich wie die Zahl der Verbrechen, für deren genaue Würdigung ebenfalls vorab der Stand der Strafgesetzgebung berücksichtigt werden muß. Gr-nzboten II. 1870. 10

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/79>, abgerufen am 27.07.2024.