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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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in seiner Sitzung vom 29. April 1868 durch den Bevollmächtigten der gro߬
herzoglich Mecklenburg-Strelitzschen Regierung hinsichtlich des Fürstenthums
zugesichert worden ist. Mindestens können wir solche Landesvertretung darin
nicht erkennen, daß von den Herren Domanialzeitpächtern drei und von den
Herren Pastoren ebenso viele Theilnehmer an der ständischen Vertretung ge¬
wählt werden sollen. Ebenso können wir die Beschränkung des Wahlrechts
der Hauswirthe nur auf Hauswirthe ihrer Vogtei und der hausangesessenen
Bürger und auf Schönberger hausangesessene Bürger, und hauptsächlich die
Ausschließung über dreiviertel der ganzen Bevölkerung von der Wahlberech¬
tigung nicht für gerechtfertigt anerkennen. -- 2) Einer wirklichen Landesver-
tretung würde auch die Wahl ihrer Vorsitzenden und mindestens ihre Mit¬
wirkung bei dem Erlasse ihrer Geschäftsordnung nicht vorzuenthalten sein.--
3) Eine Landesverfassung, wie sie solcher Landesvertretung entspricht, ver¬
mögen wir uns nicht anders zu denken, als wenn sie gleich allen sonstigen
Landesverfassungen in deutschen Ländern nebst den übrigen Erfordernissen
das Zustimmungsrecht enthält: g.) zur Erlassung neuer und zur Abänderung
bestehender, das Fürstenthum betreffender Gesetze und Verordnungen; b) das
Recht. Rechnungslegung zu fordern über öffentliche Einnahmen und Aus¬
gaben, mithin auch das Zustimmungsrecht zur Ausschreibung neuer und Ab¬
änderung bestehender Steuern und Abgaben aller Art, sowie das Recht, dar¬
über zu beschließen, ob gesetzlich nicht mehr begründete Steuern und Ab¬
gaben aufzuheben, hauptsächlich aber wie die Einnahmen und deren Ueber¬
schüsse zu verwenden seien, und endlich mitzuwirken zur Verwaltung und
Verwendung der ihrem Bestände nach zu erhaltenden milden und geistlichen
Stiftungen jeglicher Art; o) das Recht, Beschwerden über alle Theile der
Verwaltung zu erheben und deren Abhilfe zu erwarten. Selbstverständlich
bedürften alle vom norddeutschen Bunde zu erlassenden Gesetze solchen Zu¬
stimmungsrechtes nicht. So lange nun nach unserer und unserer Wähler
Ueberzeugung diese wesentlichen Erfordernisse einer Landesvertretung und Lan¬
desverfassung keine Berücksichtigung gefunden haben, glauben wir uns keiner¬
lei Mitwirkung zu dieser durch die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr.
1869 verfügten Versammlung gestatten zu dürfen. Da es uns bekannt ist, daß
mit höchst geringfügigen Ausnahmen die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr.
v. I. den Wünschen der gesammten Bevölkerung des Fürstenthums nicht ent¬
spricht, so gestatten wir uns, ganz gehorsamst zu bitten: unserem Allerdurchlauch-
tigsten Landesherren und Großherzoge und dessen hoher Landesregierung diese
unsere und unserer Wähler Ueberzeugungen und Wünsche zur Allergnädigsten
Berücksichtigung devotest zu empfehlen, und verharren :c." Unterzeichnet,
war dieser Absagebrief von dem Färber Breuel-Schönberg, Uhrmacher Meyer-
Schönberg und den Hauswirthen Bohnhoff- Gr. Stemz, Eckmann-Bluffen,


in seiner Sitzung vom 29. April 1868 durch den Bevollmächtigten der gro߬
herzoglich Mecklenburg-Strelitzschen Regierung hinsichtlich des Fürstenthums
zugesichert worden ist. Mindestens können wir solche Landesvertretung darin
nicht erkennen, daß von den Herren Domanialzeitpächtern drei und von den
Herren Pastoren ebenso viele Theilnehmer an der ständischen Vertretung ge¬
wählt werden sollen. Ebenso können wir die Beschränkung des Wahlrechts
der Hauswirthe nur auf Hauswirthe ihrer Vogtei und der hausangesessenen
Bürger und auf Schönberger hausangesessene Bürger, und hauptsächlich die
Ausschließung über dreiviertel der ganzen Bevölkerung von der Wahlberech¬
tigung nicht für gerechtfertigt anerkennen. — 2) Einer wirklichen Landesver-
tretung würde auch die Wahl ihrer Vorsitzenden und mindestens ihre Mit¬
wirkung bei dem Erlasse ihrer Geschäftsordnung nicht vorzuenthalten sein.—
3) Eine Landesverfassung, wie sie solcher Landesvertretung entspricht, ver¬
mögen wir uns nicht anders zu denken, als wenn sie gleich allen sonstigen
Landesverfassungen in deutschen Ländern nebst den übrigen Erfordernissen
das Zustimmungsrecht enthält: g.) zur Erlassung neuer und zur Abänderung
bestehender, das Fürstenthum betreffender Gesetze und Verordnungen; b) das
Recht. Rechnungslegung zu fordern über öffentliche Einnahmen und Aus¬
gaben, mithin auch das Zustimmungsrecht zur Ausschreibung neuer und Ab¬
änderung bestehender Steuern und Abgaben aller Art, sowie das Recht, dar¬
über zu beschließen, ob gesetzlich nicht mehr begründete Steuern und Ab¬
gaben aufzuheben, hauptsächlich aber wie die Einnahmen und deren Ueber¬
schüsse zu verwenden seien, und endlich mitzuwirken zur Verwaltung und
Verwendung der ihrem Bestände nach zu erhaltenden milden und geistlichen
Stiftungen jeglicher Art; o) das Recht, Beschwerden über alle Theile der
Verwaltung zu erheben und deren Abhilfe zu erwarten. Selbstverständlich
bedürften alle vom norddeutschen Bunde zu erlassenden Gesetze solchen Zu¬
stimmungsrechtes nicht. So lange nun nach unserer und unserer Wähler
Ueberzeugung diese wesentlichen Erfordernisse einer Landesvertretung und Lan¬
desverfassung keine Berücksichtigung gefunden haben, glauben wir uns keiner¬
lei Mitwirkung zu dieser durch die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr.
1869 verfügten Versammlung gestatten zu dürfen. Da es uns bekannt ist, daß
mit höchst geringfügigen Ausnahmen die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr.
v. I. den Wünschen der gesammten Bevölkerung des Fürstenthums nicht ent¬
spricht, so gestatten wir uns, ganz gehorsamst zu bitten: unserem Allerdurchlauch-
tigsten Landesherren und Großherzoge und dessen hoher Landesregierung diese
unsere und unserer Wähler Ueberzeugungen und Wünsche zur Allergnädigsten
Berücksichtigung devotest zu empfehlen, und verharren :c." Unterzeichnet,
war dieser Absagebrief von dem Färber Breuel-Schönberg, Uhrmacher Meyer-
Schönberg und den Hauswirthen Bohnhoff- Gr. Stemz, Eckmann-Bluffen,


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[0484] in seiner Sitzung vom 29. April 1868 durch den Bevollmächtigten der gro߬ herzoglich Mecklenburg-Strelitzschen Regierung hinsichtlich des Fürstenthums zugesichert worden ist. Mindestens können wir solche Landesvertretung darin nicht erkennen, daß von den Herren Domanialzeitpächtern drei und von den Herren Pastoren ebenso viele Theilnehmer an der ständischen Vertretung ge¬ wählt werden sollen. Ebenso können wir die Beschränkung des Wahlrechts der Hauswirthe nur auf Hauswirthe ihrer Vogtei und der hausangesessenen Bürger und auf Schönberger hausangesessene Bürger, und hauptsächlich die Ausschließung über dreiviertel der ganzen Bevölkerung von der Wahlberech¬ tigung nicht für gerechtfertigt anerkennen. — 2) Einer wirklichen Landesver- tretung würde auch die Wahl ihrer Vorsitzenden und mindestens ihre Mit¬ wirkung bei dem Erlasse ihrer Geschäftsordnung nicht vorzuenthalten sein.— 3) Eine Landesverfassung, wie sie solcher Landesvertretung entspricht, ver¬ mögen wir uns nicht anders zu denken, als wenn sie gleich allen sonstigen Landesverfassungen in deutschen Ländern nebst den übrigen Erfordernissen das Zustimmungsrecht enthält: g.) zur Erlassung neuer und zur Abänderung bestehender, das Fürstenthum betreffender Gesetze und Verordnungen; b) das Recht. Rechnungslegung zu fordern über öffentliche Einnahmen und Aus¬ gaben, mithin auch das Zustimmungsrecht zur Ausschreibung neuer und Ab¬ änderung bestehender Steuern und Abgaben aller Art, sowie das Recht, dar¬ über zu beschließen, ob gesetzlich nicht mehr begründete Steuern und Ab¬ gaben aufzuheben, hauptsächlich aber wie die Einnahmen und deren Ueber¬ schüsse zu verwenden seien, und endlich mitzuwirken zur Verwaltung und Verwendung der ihrem Bestände nach zu erhaltenden milden und geistlichen Stiftungen jeglicher Art; o) das Recht, Beschwerden über alle Theile der Verwaltung zu erheben und deren Abhilfe zu erwarten. Selbstverständlich bedürften alle vom norddeutschen Bunde zu erlassenden Gesetze solchen Zu¬ stimmungsrechtes nicht. So lange nun nach unserer und unserer Wähler Ueberzeugung diese wesentlichen Erfordernisse einer Landesvertretung und Lan¬ desverfassung keine Berücksichtigung gefunden haben, glauben wir uns keiner¬ lei Mitwirkung zu dieser durch die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr. 1869 verfügten Versammlung gestatten zu dürfen. Da es uns bekannt ist, daß mit höchst geringfügigen Ausnahmen die Allerhöchste Verordnung vom 6. Novbr. v. I. den Wünschen der gesammten Bevölkerung des Fürstenthums nicht ent¬ spricht, so gestatten wir uns, ganz gehorsamst zu bitten: unserem Allerdurchlauch- tigsten Landesherren und Großherzoge und dessen hoher Landesregierung diese unsere und unserer Wähler Ueberzeugungen und Wünsche zur Allergnädigsten Berücksichtigung devotest zu empfehlen, und verharren :c." Unterzeichnet, war dieser Absagebrief von dem Färber Breuel-Schönberg, Uhrmacher Meyer- Schönberg und den Hauswirthen Bohnhoff- Gr. Stemz, Eckmann-Bluffen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/484>, abgerufen am 01.09.2024.