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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Joseph II. und Katharina it.

Joseph H. und Katharina von Rußland. Ihr Briefwechsel, herausgegeben von
Alfred Ritter von Arneth. Wien, 1869. Wilhelm Braumüller. XXXIV u. 393 S.

In dem Werke, welches hier angezeigt wird, hat Herr von Arneth aufs
Neue unzugängliches Material für die Geschichte der Höfe und ihrer Politik
im achtzehnten Jahrhundert mitgetheilt, ebenso werthvoll als seine Biographie
des Prinzen Eugen von Savoyen, die Ausgabe der Briefe Maria Theresia's,
Maria Antoinette's, Joseph's II. und Leopold's II., ja in Vielem noch bedeu¬
tender und sehr unterhaltend. Nur wenige der hier mitgetheilten Briefe
Joseph's II. und Katharina's waren bisher bekannt. Die Briefe der Kaiserin
sind von dem Herausgeber der Privatbibliothek des Kaisers von Oestreich
entlehnt morden. Die russische Regierung hat bereitwillig beglaubigte Ab¬
schriften aller Briefe Joseph's zugestellt, welche in den Archiven von Peters¬
burg und Moskau aufbewahrt werden, in Wien aber fehlen.

Etwa zwanzig Briefe Joseph's, von deren Dasein man weiß, sind weder
in Wien noch in Rußland aufgefunden worden. Ebenso fehlen vier oder
fünf Briefe Katharina's an Joseph. Wir bitten die Leser um Vergebung,
wenn wir diesem Bericht über den merkwürdigen Inhalt der Briefe einige
Notizen über die verlorenen voraussenden.

Der Inhalt eines der Briefe der Kaiserin, welcher in der Sammlung des
Herrn von Arneth fehlt, findet sich im Tagebuch des Secretärs der Kaiserin,
Chrapowitzki, zum 17. October 1789 (herausgegeben im Jahre 1862 von der
Moskaner Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer) "Antwort an den
Kaiser auf die Nachricht von der Einnahme Belgrads mit der Meldung von
Akkerman, und daß, wenn der Feldzug mit Ehren schließe, die Kaiserin im
Lause des Winters Frieden zu machen hoffe." Daß die Kaiserin gerade um
diese Zeit so geschrieben hat, entspricht der Sachlage vollkommen, während
es Hei Herrn v. Arneth in dem ganzen Zeitraume vom 1. Juni bis zum
23. December 1789 gar keine Briefe der Kaiserin gibt. In diese Zeit aber
fällt die Einnahme Belgrads durch die Oestreicher, der Sieg Suwarow's bei
Rymnik, die Einnahme Bender's und Akkerman's durch die Russen. Den
Brief der Kaiserin erwähnt Joseph in seinem Schreiben an Katharina vom


Grenzboten II. 1870. 31
Joseph II. und Katharina it.

Joseph H. und Katharina von Rußland. Ihr Briefwechsel, herausgegeben von
Alfred Ritter von Arneth. Wien, 1869. Wilhelm Braumüller. XXXIV u. 393 S.

In dem Werke, welches hier angezeigt wird, hat Herr von Arneth aufs
Neue unzugängliches Material für die Geschichte der Höfe und ihrer Politik
im achtzehnten Jahrhundert mitgetheilt, ebenso werthvoll als seine Biographie
des Prinzen Eugen von Savoyen, die Ausgabe der Briefe Maria Theresia's,
Maria Antoinette's, Joseph's II. und Leopold's II., ja in Vielem noch bedeu¬
tender und sehr unterhaltend. Nur wenige der hier mitgetheilten Briefe
Joseph's II. und Katharina's waren bisher bekannt. Die Briefe der Kaiserin
sind von dem Herausgeber der Privatbibliothek des Kaisers von Oestreich
entlehnt morden. Die russische Regierung hat bereitwillig beglaubigte Ab¬
schriften aller Briefe Joseph's zugestellt, welche in den Archiven von Peters¬
burg und Moskau aufbewahrt werden, in Wien aber fehlen.

Etwa zwanzig Briefe Joseph's, von deren Dasein man weiß, sind weder
in Wien noch in Rußland aufgefunden worden. Ebenso fehlen vier oder
fünf Briefe Katharina's an Joseph. Wir bitten die Leser um Vergebung,
wenn wir diesem Bericht über den merkwürdigen Inhalt der Briefe einige
Notizen über die verlorenen voraussenden.

Der Inhalt eines der Briefe der Kaiserin, welcher in der Sammlung des
Herrn von Arneth fehlt, findet sich im Tagebuch des Secretärs der Kaiserin,
Chrapowitzki, zum 17. October 1789 (herausgegeben im Jahre 1862 von der
Moskaner Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer) „Antwort an den
Kaiser auf die Nachricht von der Einnahme Belgrads mit der Meldung von
Akkerman, und daß, wenn der Feldzug mit Ehren schließe, die Kaiserin im
Lause des Winters Frieden zu machen hoffe." Daß die Kaiserin gerade um
diese Zeit so geschrieben hat, entspricht der Sachlage vollkommen, während
es Hei Herrn v. Arneth in dem ganzen Zeitraume vom 1. Juni bis zum
23. December 1789 gar keine Briefe der Kaiserin gibt. In diese Zeit aber
fällt die Einnahme Belgrads durch die Oestreicher, der Sieg Suwarow's bei
Rymnik, die Einnahme Bender's und Akkerman's durch die Russen. Den
Brief der Kaiserin erwähnt Joseph in seinem Schreiben an Katharina vom


Grenzboten II. 1870. 31
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[0247] Joseph II. und Katharina it. Joseph H. und Katharina von Rußland. Ihr Briefwechsel, herausgegeben von Alfred Ritter von Arneth. Wien, 1869. Wilhelm Braumüller. XXXIV u. 393 S. In dem Werke, welches hier angezeigt wird, hat Herr von Arneth aufs Neue unzugängliches Material für die Geschichte der Höfe und ihrer Politik im achtzehnten Jahrhundert mitgetheilt, ebenso werthvoll als seine Biographie des Prinzen Eugen von Savoyen, die Ausgabe der Briefe Maria Theresia's, Maria Antoinette's, Joseph's II. und Leopold's II., ja in Vielem noch bedeu¬ tender und sehr unterhaltend. Nur wenige der hier mitgetheilten Briefe Joseph's II. und Katharina's waren bisher bekannt. Die Briefe der Kaiserin sind von dem Herausgeber der Privatbibliothek des Kaisers von Oestreich entlehnt morden. Die russische Regierung hat bereitwillig beglaubigte Ab¬ schriften aller Briefe Joseph's zugestellt, welche in den Archiven von Peters¬ burg und Moskau aufbewahrt werden, in Wien aber fehlen. Etwa zwanzig Briefe Joseph's, von deren Dasein man weiß, sind weder in Wien noch in Rußland aufgefunden worden. Ebenso fehlen vier oder fünf Briefe Katharina's an Joseph. Wir bitten die Leser um Vergebung, wenn wir diesem Bericht über den merkwürdigen Inhalt der Briefe einige Notizen über die verlorenen voraussenden. Der Inhalt eines der Briefe der Kaiserin, welcher in der Sammlung des Herrn von Arneth fehlt, findet sich im Tagebuch des Secretärs der Kaiserin, Chrapowitzki, zum 17. October 1789 (herausgegeben im Jahre 1862 von der Moskaner Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer) „Antwort an den Kaiser auf die Nachricht von der Einnahme Belgrads mit der Meldung von Akkerman, und daß, wenn der Feldzug mit Ehren schließe, die Kaiserin im Lause des Winters Frieden zu machen hoffe." Daß die Kaiserin gerade um diese Zeit so geschrieben hat, entspricht der Sachlage vollkommen, während es Hei Herrn v. Arneth in dem ganzen Zeitraume vom 1. Juni bis zum 23. December 1789 gar keine Briefe der Kaiserin gibt. In diese Zeit aber fällt die Einnahme Belgrads durch die Oestreicher, der Sieg Suwarow's bei Rymnik, die Einnahme Bender's und Akkerman's durch die Russen. Den Brief der Kaiserin erwähnt Joseph in seinem Schreiben an Katharina vom Grenzboten II. 1870. 31

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/247>, abgerufen am 18.12.2024.