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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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mannhaft gemacht. Das musikalische Conservatorium und eine Akademie der
Künste sollten mit der Universität verbunden werden. Ein Observatorium
sollte errichtet, ein besonderer Staollheil für die Wohnungen der Professoren
und Studenten -- eine Art yug-rtitzr latin -- angewiesen werden.*)

Die Kathedrale, welche Jekatarinoslaw zieren sollte, gedachte man in
den allergrößten Dimensionen zu bauen, und zwar nach dem Muster der
Peterskirche zu Rom. Sie sollte eine Länge von 500, eine Breite von 150
Fuß. somit einen Flächeninhalt von 75000 Quadratfuß haben. Potemkin hielt
darauf, daß die Kirche noch um etwa eine Elle länger sein müsse, als die
Peterskirche in Rom. Noch heute werden in der jetzigen unverhältnißmäßig
kleineren Kirche, welche ein halbes Jahrhundert später an jener Stelle gebaut
wurde, die Pläne aufbewahrt, welche damals entworfen wurden. Zwei An¬
sichten des Innern der zu gründenden Kathedrale, noch heute in dem Museum
der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands zu
sehen, zeugen von der Großartigkeit dieser Entwürfe. Von dieser Kathedrale
ist nur ein Theil des Fundaments fertig geworden und derselbe hat 71,102
Rubel 45^/z Kopeken gekostet. Die Summen für den Weiterbau versiegten
sehr bald.

Die Grundsteinlegung dieses projectirten Riesenbaues fand am °/-zö Mai 1787
statt. An diesem Tage kam die Kaiserin Katharina II. in Begleitung des
Kaisers Joseph II. und von einem stattlichen Gefolge umgeben, auf ihrer
^else nach Cherson und der Krim an der Stelle vorüber, wo die künftige
Stadt Jekatarinoslaw mit der herrlichen Kathedrale sich erheben sollte. Die
Reisegesellschaft, etwa 3000 Personen stark, darunter die Gesandten Englands,
Frankreichs und des Kaisers, der Fürst von Ligne, Prinz Nassau-Siegen,
Potemkin, Suworow, Besborodko u. A. landete mit ihrer prachtvoll ausge¬
statteten, aus etwa 50 schwimmenden Palästen bestehenden Galeerenflotte in
der Nähe des Ortes, wo die Grundsteinlegung erfolgen sollte. Die Kaiserin
verfügte sich mit Joseph II. im Wagen zu der aus einem Zelt gebildeten
Feldkirche, wo der Gottesdienst stKttsand. Die meisten der bei der Grund¬
legung anwesenden Personen mochten in Betreff der zukünftigen Stadt sehr
sanguinische Hoffnungen hegen. Ein Zeitgenosse sagt, man habe gemeint,
Jekatarinoslaw werde ein zweites Rom, ein zweites Athen werden, dafür
bürge ja das Genie Potemkins."*) Joseph theilte solche Hoffnungen nicht.
Man berichtet von einer sarkastischen Aeußerung des Kaisers, er habe an
diesem Tage ein großes Werk vollbracht, die Kaiserin habe den ersten Stein
zu einer Stadt gelegt, er -- den letzters) Im Gespräch mit dem Kaiser





") Schriften der Odessaer Gesellschaft II, 743, S32, Rufs. Archiv 1865 S. 8dis. 870.
"
> N^ssou, Nömoirvs sevrsts sur Is Russis I. 105.
Lösur, MrnoirLs ot souvonirs III, 212.

mannhaft gemacht. Das musikalische Conservatorium und eine Akademie der
Künste sollten mit der Universität verbunden werden. Ein Observatorium
sollte errichtet, ein besonderer Staollheil für die Wohnungen der Professoren
und Studenten — eine Art yug-rtitzr latin — angewiesen werden.*)

Die Kathedrale, welche Jekatarinoslaw zieren sollte, gedachte man in
den allergrößten Dimensionen zu bauen, und zwar nach dem Muster der
Peterskirche zu Rom. Sie sollte eine Länge von 500, eine Breite von 150
Fuß. somit einen Flächeninhalt von 75000 Quadratfuß haben. Potemkin hielt
darauf, daß die Kirche noch um etwa eine Elle länger sein müsse, als die
Peterskirche in Rom. Noch heute werden in der jetzigen unverhältnißmäßig
kleineren Kirche, welche ein halbes Jahrhundert später an jener Stelle gebaut
wurde, die Pläne aufbewahrt, welche damals entworfen wurden. Zwei An¬
sichten des Innern der zu gründenden Kathedrale, noch heute in dem Museum
der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands zu
sehen, zeugen von der Großartigkeit dieser Entwürfe. Von dieser Kathedrale
ist nur ein Theil des Fundaments fertig geworden und derselbe hat 71,102
Rubel 45^/z Kopeken gekostet. Die Summen für den Weiterbau versiegten
sehr bald.

Die Grundsteinlegung dieses projectirten Riesenbaues fand am °/-zö Mai 1787
statt. An diesem Tage kam die Kaiserin Katharina II. in Begleitung des
Kaisers Joseph II. und von einem stattlichen Gefolge umgeben, auf ihrer
^else nach Cherson und der Krim an der Stelle vorüber, wo die künftige
Stadt Jekatarinoslaw mit der herrlichen Kathedrale sich erheben sollte. Die
Reisegesellschaft, etwa 3000 Personen stark, darunter die Gesandten Englands,
Frankreichs und des Kaisers, der Fürst von Ligne, Prinz Nassau-Siegen,
Potemkin, Suworow, Besborodko u. A. landete mit ihrer prachtvoll ausge¬
statteten, aus etwa 50 schwimmenden Palästen bestehenden Galeerenflotte in
der Nähe des Ortes, wo die Grundsteinlegung erfolgen sollte. Die Kaiserin
verfügte sich mit Joseph II. im Wagen zu der aus einem Zelt gebildeten
Feldkirche, wo der Gottesdienst stKttsand. Die meisten der bei der Grund¬
legung anwesenden Personen mochten in Betreff der zukünftigen Stadt sehr
sanguinische Hoffnungen hegen. Ein Zeitgenosse sagt, man habe gemeint,
Jekatarinoslaw werde ein zweites Rom, ein zweites Athen werden, dafür
bürge ja das Genie Potemkins."*) Joseph theilte solche Hoffnungen nicht.
Man berichtet von einer sarkastischen Aeußerung des Kaisers, er habe an
diesem Tage ein großes Werk vollbracht, die Kaiserin habe den ersten Stein
zu einer Stadt gelegt, er — den letzters) Im Gespräch mit dem Kaiser





") Schriften der Odessaer Gesellschaft II, 743, S32, Rufs. Archiv 1865 S. 8dis. 870.
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> N^ssou, Nömoirvs sevrsts sur Is Russis I. 105.
Lösur, MrnoirLs ot souvonirs III, 212.
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[0149] mannhaft gemacht. Das musikalische Conservatorium und eine Akademie der Künste sollten mit der Universität verbunden werden. Ein Observatorium sollte errichtet, ein besonderer Staollheil für die Wohnungen der Professoren und Studenten — eine Art yug-rtitzr latin — angewiesen werden.*) Die Kathedrale, welche Jekatarinoslaw zieren sollte, gedachte man in den allergrößten Dimensionen zu bauen, und zwar nach dem Muster der Peterskirche zu Rom. Sie sollte eine Länge von 500, eine Breite von 150 Fuß. somit einen Flächeninhalt von 75000 Quadratfuß haben. Potemkin hielt darauf, daß die Kirche noch um etwa eine Elle länger sein müsse, als die Peterskirche in Rom. Noch heute werden in der jetzigen unverhältnißmäßig kleineren Kirche, welche ein halbes Jahrhundert später an jener Stelle gebaut wurde, die Pläne aufbewahrt, welche damals entworfen wurden. Zwei An¬ sichten des Innern der zu gründenden Kathedrale, noch heute in dem Museum der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands zu sehen, zeugen von der Großartigkeit dieser Entwürfe. Von dieser Kathedrale ist nur ein Theil des Fundaments fertig geworden und derselbe hat 71,102 Rubel 45^/z Kopeken gekostet. Die Summen für den Weiterbau versiegten sehr bald. Die Grundsteinlegung dieses projectirten Riesenbaues fand am °/-zö Mai 1787 statt. An diesem Tage kam die Kaiserin Katharina II. in Begleitung des Kaisers Joseph II. und von einem stattlichen Gefolge umgeben, auf ihrer ^else nach Cherson und der Krim an der Stelle vorüber, wo die künftige Stadt Jekatarinoslaw mit der herrlichen Kathedrale sich erheben sollte. Die Reisegesellschaft, etwa 3000 Personen stark, darunter die Gesandten Englands, Frankreichs und des Kaisers, der Fürst von Ligne, Prinz Nassau-Siegen, Potemkin, Suworow, Besborodko u. A. landete mit ihrer prachtvoll ausge¬ statteten, aus etwa 50 schwimmenden Palästen bestehenden Galeerenflotte in der Nähe des Ortes, wo die Grundsteinlegung erfolgen sollte. Die Kaiserin verfügte sich mit Joseph II. im Wagen zu der aus einem Zelt gebildeten Feldkirche, wo der Gottesdienst stKttsand. Die meisten der bei der Grund¬ legung anwesenden Personen mochten in Betreff der zukünftigen Stadt sehr sanguinische Hoffnungen hegen. Ein Zeitgenosse sagt, man habe gemeint, Jekatarinoslaw werde ein zweites Rom, ein zweites Athen werden, dafür bürge ja das Genie Potemkins."*) Joseph theilte solche Hoffnungen nicht. Man berichtet von einer sarkastischen Aeußerung des Kaisers, er habe an diesem Tage ein großes Werk vollbracht, die Kaiserin habe den ersten Stein zu einer Stadt gelegt, er — den letzters) Im Gespräch mit dem Kaiser ") Schriften der Odessaer Gesellschaft II, 743, S32, Rufs. Archiv 1865 S. 8dis. 870. " > N^ssou, Nömoirvs sevrsts sur Is Russis I. 105. Lösur, MrnoirLs ot souvonirs III, 212.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/149>, abgerufen am 18.12.2024.