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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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Sandstein wurden angefahren, man erbaute Ziegelbrennereien, verschiedene
Baucommissionen entstanden. Alsbald stand der Palast des Fürsten Potem-
kin fertig da, ein ausgedehnter Luxusbau. mit köstlichem Hausgeräth geschmückt;
die Prunkgemächer strotzten von Reichthümern. In dem Garten, dessen Bäume
durch hohes Alter ausgezeichnet waren, gab es zwei Treibhäuser, eines für
Ananas, andere für Lorbeer-, Pomeranzen-, Apfelsinen-, Granatenbäume,
Dattelpalmen u. tgi. Rings um den Palast baute man kleine Häuser für
die Beamten der verschiedenen Kanzleien, welche alsbald entstanden, für die
Handwerker und Industriellen, die bei den Bauten beschäftigt waren und
die bei den großen zu gründenden Fabriken Beschäftigung finden sollten, end¬
lich auch für die Ansiedler, welche man durch allerlei Vergünstigungen. Ab¬
gabenfreiheit, Geldvorschüsse, geschenkte Bauplätze herbeilocken zu können hoffte.
Zwölf Fabriken wollte man gründen, darunter eine Seidenstrumpfwirkerei,
für deren Anlage 340 000 Rubel assignirt. und aus dieser Summe 240,000
Rubel wirklich vorausgabt wurden und welche nach wenig Jahren wieder
einging. Eine Tuchfabrik bestand längere Zeit.*) -- In den Entwürfen,
welche der Fürst Potemkin der Kaiserin einsandte, ist von einem Gerichtsge¬
bäude die Rede, welches im Styl der alten Basiliken, und von einer Kauf¬
halle, welche nach dem Muster der Propyläen in Athen gebaut werden sollte,
von einer Börse, einem Theater, einem musikalischen Conservatorium, Aus¬
drücklich bemerkt Potemkin, daß sämmtliches Baumaterial für alle diese Werke
bereits vorräthig sei. Indem er von der Universität spricht, macht er darauf
aufmerksam, von welch großem Werthe eine solche große Lehranstalt für die
benachbarten Polen, Griechen, Moldauer, Wallachen, Jllyner und andere Völ¬
ker sein müsse. **)

Damals beabsichtigte die russische Regierung noch andere Universitäten
zu gründen. In den Acten finden wir Pskow. Tschcrnigow und Persa als
glückliche Orte genannt, an denen Universitäten errichtet werden sollten.""")
Die Universität in Jekatannoslaw sollte eine Lehranstalt im größten Styl sein.
Schon im Jahre 1786 war man so weit, daß eine Universitätskanzlei bestand.
Für die Gründung wurden allerlei Einkünfte aus verschiedenen Gegenden
Südrußlands im Betrage von 300,000 Rubel angewiesen. Man berief
sogar Professoren. Als Director der Universität sollte der damals sich großer
Berühmtheit erfreuende Musiker Sarti fungiren, als Historiograph ein fran¬
zösischer Militär Guyenne, zwei Maler wurden berufen, auch für die Lehr¬
stühle der Oekonomie und Landwirthschaft werden in den Acten Personen





") Schriften der Odessaer Gesellschaft V. 426--4ö3.
'
-) Aktenstücke aus der Kanzlei Potemrins, herausgegeben im Russischen Archiv 1866.
S 66. 394.
Vollständige Gesetzsammlung l.K.315.

Sandstein wurden angefahren, man erbaute Ziegelbrennereien, verschiedene
Baucommissionen entstanden. Alsbald stand der Palast des Fürsten Potem-
kin fertig da, ein ausgedehnter Luxusbau. mit köstlichem Hausgeräth geschmückt;
die Prunkgemächer strotzten von Reichthümern. In dem Garten, dessen Bäume
durch hohes Alter ausgezeichnet waren, gab es zwei Treibhäuser, eines für
Ananas, andere für Lorbeer-, Pomeranzen-, Apfelsinen-, Granatenbäume,
Dattelpalmen u. tgi. Rings um den Palast baute man kleine Häuser für
die Beamten der verschiedenen Kanzleien, welche alsbald entstanden, für die
Handwerker und Industriellen, die bei den Bauten beschäftigt waren und
die bei den großen zu gründenden Fabriken Beschäftigung finden sollten, end¬
lich auch für die Ansiedler, welche man durch allerlei Vergünstigungen. Ab¬
gabenfreiheit, Geldvorschüsse, geschenkte Bauplätze herbeilocken zu können hoffte.
Zwölf Fabriken wollte man gründen, darunter eine Seidenstrumpfwirkerei,
für deren Anlage 340 000 Rubel assignirt. und aus dieser Summe 240,000
Rubel wirklich vorausgabt wurden und welche nach wenig Jahren wieder
einging. Eine Tuchfabrik bestand längere Zeit.*) — In den Entwürfen,
welche der Fürst Potemkin der Kaiserin einsandte, ist von einem Gerichtsge¬
bäude die Rede, welches im Styl der alten Basiliken, und von einer Kauf¬
halle, welche nach dem Muster der Propyläen in Athen gebaut werden sollte,
von einer Börse, einem Theater, einem musikalischen Conservatorium, Aus¬
drücklich bemerkt Potemkin, daß sämmtliches Baumaterial für alle diese Werke
bereits vorräthig sei. Indem er von der Universität spricht, macht er darauf
aufmerksam, von welch großem Werthe eine solche große Lehranstalt für die
benachbarten Polen, Griechen, Moldauer, Wallachen, Jllyner und andere Völ¬
ker sein müsse. **)

Damals beabsichtigte die russische Regierung noch andere Universitäten
zu gründen. In den Acten finden wir Pskow. Tschcrnigow und Persa als
glückliche Orte genannt, an denen Universitäten errichtet werden sollten.""")
Die Universität in Jekatannoslaw sollte eine Lehranstalt im größten Styl sein.
Schon im Jahre 1786 war man so weit, daß eine Universitätskanzlei bestand.
Für die Gründung wurden allerlei Einkünfte aus verschiedenen Gegenden
Südrußlands im Betrage von 300,000 Rubel angewiesen. Man berief
sogar Professoren. Als Director der Universität sollte der damals sich großer
Berühmtheit erfreuende Musiker Sarti fungiren, als Historiograph ein fran¬
zösischer Militär Guyenne, zwei Maler wurden berufen, auch für die Lehr¬
stühle der Oekonomie und Landwirthschaft werden in den Acten Personen





") Schriften der Odessaer Gesellschaft V. 426—4ö3.
'
-) Aktenstücke aus der Kanzlei Potemrins, herausgegeben im Russischen Archiv 1866.
S 66. 394.
Vollständige Gesetzsammlung l.K.315.
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[0148] Sandstein wurden angefahren, man erbaute Ziegelbrennereien, verschiedene Baucommissionen entstanden. Alsbald stand der Palast des Fürsten Potem- kin fertig da, ein ausgedehnter Luxusbau. mit köstlichem Hausgeräth geschmückt; die Prunkgemächer strotzten von Reichthümern. In dem Garten, dessen Bäume durch hohes Alter ausgezeichnet waren, gab es zwei Treibhäuser, eines für Ananas, andere für Lorbeer-, Pomeranzen-, Apfelsinen-, Granatenbäume, Dattelpalmen u. tgi. Rings um den Palast baute man kleine Häuser für die Beamten der verschiedenen Kanzleien, welche alsbald entstanden, für die Handwerker und Industriellen, die bei den Bauten beschäftigt waren und die bei den großen zu gründenden Fabriken Beschäftigung finden sollten, end¬ lich auch für die Ansiedler, welche man durch allerlei Vergünstigungen. Ab¬ gabenfreiheit, Geldvorschüsse, geschenkte Bauplätze herbeilocken zu können hoffte. Zwölf Fabriken wollte man gründen, darunter eine Seidenstrumpfwirkerei, für deren Anlage 340 000 Rubel assignirt. und aus dieser Summe 240,000 Rubel wirklich vorausgabt wurden und welche nach wenig Jahren wieder einging. Eine Tuchfabrik bestand längere Zeit.*) — In den Entwürfen, welche der Fürst Potemkin der Kaiserin einsandte, ist von einem Gerichtsge¬ bäude die Rede, welches im Styl der alten Basiliken, und von einer Kauf¬ halle, welche nach dem Muster der Propyläen in Athen gebaut werden sollte, von einer Börse, einem Theater, einem musikalischen Conservatorium, Aus¬ drücklich bemerkt Potemkin, daß sämmtliches Baumaterial für alle diese Werke bereits vorräthig sei. Indem er von der Universität spricht, macht er darauf aufmerksam, von welch großem Werthe eine solche große Lehranstalt für die benachbarten Polen, Griechen, Moldauer, Wallachen, Jllyner und andere Völ¬ ker sein müsse. **) Damals beabsichtigte die russische Regierung noch andere Universitäten zu gründen. In den Acten finden wir Pskow. Tschcrnigow und Persa als glückliche Orte genannt, an denen Universitäten errichtet werden sollten.""") Die Universität in Jekatannoslaw sollte eine Lehranstalt im größten Styl sein. Schon im Jahre 1786 war man so weit, daß eine Universitätskanzlei bestand. Für die Gründung wurden allerlei Einkünfte aus verschiedenen Gegenden Südrußlands im Betrage von 300,000 Rubel angewiesen. Man berief sogar Professoren. Als Director der Universität sollte der damals sich großer Berühmtheit erfreuende Musiker Sarti fungiren, als Historiograph ein fran¬ zösischer Militär Guyenne, zwei Maler wurden berufen, auch für die Lehr¬ stühle der Oekonomie und Landwirthschaft werden in den Acten Personen ") Schriften der Odessaer Gesellschaft V. 426—4ö3. ' -) Aktenstücke aus der Kanzlei Potemrins, herausgegeben im Russischen Archiv 1866. S 66. 394. Vollständige Gesetzsammlung l.K.315.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/148>, abgerufen am 18.12.2024.