Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.als Potemkin und die Kaiserin hofften. Mit Recht werfen Beide dem erste¬ Selten ist der Gegensatz von Absicht und Ausführung, von großen Ent¬ Schon im Jahre 1784 werden Maßregeln getroffen, um eine geeignete Die Stadt sollte gewaltige Dimensionen erhalten. Die Straßen sollten ') Vollständige Gesetzsammlung 15908. 16,910, 16.057. "' ) Samodom, Biographie Potemkins im Rufs. Archiv 18K7 S. 1228. Schriften der
Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands II, 742, in, 128. als Potemkin und die Kaiserin hofften. Mit Recht werfen Beide dem erste¬ Selten ist der Gegensatz von Absicht und Ausführung, von großen Ent¬ Schon im Jahre 1784 werden Maßregeln getroffen, um eine geeignete Die Stadt sollte gewaltige Dimensionen erhalten. Die Straßen sollten ') Vollständige Gesetzsammlung 15908. 16,910, 16.057. "' ) Samodom, Biographie Potemkins im Rufs. Archiv 18K7 S. 1228. Schriften der
Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands II, 742, in, 128. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0147" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123767"/> <p xml:id="ID_437" prev="#ID_436"> als Potemkin und die Kaiserin hofften. Mit Recht werfen Beide dem erste¬<lb/> ren vor, daß es ihm an Beharrlichkeit fehle, daß er alles eifrig angreife,<lb/> um eben so schnell zu andern Unternehmungen überzugehen, daß man in ge¬<lb/> wissenloser Weise Geld- und Menschencapital vergeude, um nur augenblick¬<lb/> liche Scheinerfolge zu erzielen. Die Kaiserin allerdings, welche diese Gegen¬<lb/> den bereiste, äußerte sich mit der größten Zufriedenheit über Alles. Ihr san¬<lb/> guinisches Temperament so wie die für diesen Zweck mit großer Kunst von<lb/> Potemkin getroffenen Anstalten, ließen Alles in dem günstigsten Lichte er¬<lb/> scheinen. Man täuschte sich über die Schwierigkeiten, mit denen man zu<lb/> kämpfen hatte; man war entzückt der Mitwelt zeigen zu können, über welch<lb/> reiche Hilfsmittel Rußland verfügte.</p><lb/> <p xml:id="ID_438"> Selten ist der Gegensatz von Absicht und Ausführung, von großen Ent¬<lb/> würfen und geringen Erfolgen, von Ideal und Wirklichkeit bei solchen Ver¬<lb/> waltungsmaßregeln so auffallend gewesen als bet der Gründung von Jeka-<lb/> terinoslaw. Verweilen wir einen Augenblick bei diesem Ereignisse.</p><lb/> <p xml:id="ID_439"> Schon im Jahre 1784 werden Maßregeln getroffen, um eine geeignete<lb/> Stelle zur Gründung einer Stadt Jekaterinoslaw ausfindig zu machen.*)<lb/> Einige Monate später wird bereits der Befehl erlassen, in der neuzugründen¬<lb/> den Stadt eine Universität zu errichten, wo nicht bloß Russen, sondern auch<lb/> Glaubensgenossen aus den benachbarten Ländern studiren sollten. Bald da¬<lb/> rauf erschienen in großer Zahl Arbeiter an der Stelle, wo am rechten Ufer<lb/> des Dnepr in der Nähe des Dorfes Kaidaki die neue Stadt sich „zum Ruhm-<lb/> Katharinas" erheben sollte. Es kamen Steinhauer, Maurer. Schmiede, Zim¬<lb/> merleute zu vielen Hunderten. Der Oberst Sinelnikow sollte die Bauten be¬<lb/> aufsichtigen. Vorläufig wurden ihm 200.000 Rubel zur Verfügung gestellt.**)<lb/> Vielfache Actenstücke zeugen noch heute von der vielseitigen Thätigkeit dieses<lb/> Beamten, welcher 1788 bei der Belagerung von Otschakow seinen Tod fand.</p><lb/> <p xml:id="ID_440" next="#ID_441"> Die Stadt sollte gewaltige Dimensionen erhalten. Die Straßen sollten<lb/> eine Breite von 200 Fuß haben, 26 Werst (fast 4 Meilen) längs dem Flusse<lb/> sollte sich die Stadt hinziehen, für welche man ein Weichbild von 300 Qua¬<lb/> dratwerst bestimmte. Da die Stadt auf einer Anhöhe liegen sollte, beabsich¬<lb/> tigte man außer sechs Brunnen noch ein großes Wcisserbassin in der Stadt<lb/> zu errichten: man hoffte es mit Pumpwerken aus dem Flusse speisen zu können.<lb/> Sehr ausgedehnte Weideplätze für das Vieh der Stadtbewohner wollte man<lb/> abstecken, eine Fischerei einen botanischen Garten, Plätze für die Belustigung<lb/> der Städter wollte man anlegen. Man errichtete in großer Zahl Werkstätten<lb/> für die Handwerker; ungeheure Mengen von Ziegelsteinen, Gips, Kalk, Granit,</p><lb/> <note xml:id="FID_14" place="foot"> ') Vollständige Gesetzsammlung 15908. 16,910, 16.057.<lb/> "'</note><lb/> <note xml:id="FID_15" place="foot"> ) Samodom, Biographie Potemkins im Rufs. Archiv 18K7 S. 1228. Schriften der<lb/> Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands II, 742, in, 128.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0147]
als Potemkin und die Kaiserin hofften. Mit Recht werfen Beide dem erste¬
ren vor, daß es ihm an Beharrlichkeit fehle, daß er alles eifrig angreife,
um eben so schnell zu andern Unternehmungen überzugehen, daß man in ge¬
wissenloser Weise Geld- und Menschencapital vergeude, um nur augenblick¬
liche Scheinerfolge zu erzielen. Die Kaiserin allerdings, welche diese Gegen¬
den bereiste, äußerte sich mit der größten Zufriedenheit über Alles. Ihr san¬
guinisches Temperament so wie die für diesen Zweck mit großer Kunst von
Potemkin getroffenen Anstalten, ließen Alles in dem günstigsten Lichte er¬
scheinen. Man täuschte sich über die Schwierigkeiten, mit denen man zu
kämpfen hatte; man war entzückt der Mitwelt zeigen zu können, über welch
reiche Hilfsmittel Rußland verfügte.
Selten ist der Gegensatz von Absicht und Ausführung, von großen Ent¬
würfen und geringen Erfolgen, von Ideal und Wirklichkeit bei solchen Ver¬
waltungsmaßregeln so auffallend gewesen als bet der Gründung von Jeka-
terinoslaw. Verweilen wir einen Augenblick bei diesem Ereignisse.
Schon im Jahre 1784 werden Maßregeln getroffen, um eine geeignete
Stelle zur Gründung einer Stadt Jekaterinoslaw ausfindig zu machen.*)
Einige Monate später wird bereits der Befehl erlassen, in der neuzugründen¬
den Stadt eine Universität zu errichten, wo nicht bloß Russen, sondern auch
Glaubensgenossen aus den benachbarten Ländern studiren sollten. Bald da¬
rauf erschienen in großer Zahl Arbeiter an der Stelle, wo am rechten Ufer
des Dnepr in der Nähe des Dorfes Kaidaki die neue Stadt sich „zum Ruhm-
Katharinas" erheben sollte. Es kamen Steinhauer, Maurer. Schmiede, Zim¬
merleute zu vielen Hunderten. Der Oberst Sinelnikow sollte die Bauten be¬
aufsichtigen. Vorläufig wurden ihm 200.000 Rubel zur Verfügung gestellt.**)
Vielfache Actenstücke zeugen noch heute von der vielseitigen Thätigkeit dieses
Beamten, welcher 1788 bei der Belagerung von Otschakow seinen Tod fand.
Die Stadt sollte gewaltige Dimensionen erhalten. Die Straßen sollten
eine Breite von 200 Fuß haben, 26 Werst (fast 4 Meilen) längs dem Flusse
sollte sich die Stadt hinziehen, für welche man ein Weichbild von 300 Qua¬
dratwerst bestimmte. Da die Stadt auf einer Anhöhe liegen sollte, beabsich¬
tigte man außer sechs Brunnen noch ein großes Wcisserbassin in der Stadt
zu errichten: man hoffte es mit Pumpwerken aus dem Flusse speisen zu können.
Sehr ausgedehnte Weideplätze für das Vieh der Stadtbewohner wollte man
abstecken, eine Fischerei einen botanischen Garten, Plätze für die Belustigung
der Städter wollte man anlegen. Man errichtete in großer Zahl Werkstätten
für die Handwerker; ungeheure Mengen von Ziegelsteinen, Gips, Kalk, Granit,
') Vollständige Gesetzsammlung 15908. 16,910, 16.057.
"'
) Samodom, Biographie Potemkins im Rufs. Archiv 18K7 S. 1228. Schriften der
Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer Südrußlands II, 742, in, 128.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |