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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.

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sophische Vollkraft, aber sie ist ein Erstlingswerk"), und als solches mit dem
Fehler aller Jugendwerke behaftet, die Abhängigkeit von den Meistern. Diese
Abhängigkeit erscheint hier in einer besonderen Gestalt, als Synkretismus,
der namentlich Schopenhauer'schen. Schelling'schen, Hegel'schen Principien
gegenüber versucht wird und im letzten Capitel des von uns besprochenen
Werkes direct ausgesprochen ist. Eine besondere Broschüre unseres Verfassers:
"Schelling's positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer"
sucht diesen Synkretismus ausführlicher zu begründen, desgl. eine Abhand¬
lung desselben: "Ueber die nothwendige Umbildung der Schopenhauer'schen
Philosophie aus ihrem Grundprincip heraus" die in den "Philosophischen Mo¬
natsheften" von Bergmann (2. Bd. 6. Heft) erschienen ist. Wir können uns
auf die Art und Weise dieses Synkretismus hier nicht weiter einlassen, aber
auch der Versuch eines solchen zeugt, wie uns dünkt, von der starken origi¬
nalen Kraft seines Urhebers. Diese in der That überall hervorbrechende
Originalität macht die "Philosophie des Unbewußten" zu einer hervorragen¬
den Erscheinung. Hervorragend ist das Werk des Verfassers auch in rein
literarischer Beziehung; so klar und schön, so leicht und faßlich ist es ge¬
schrieben, wie schwerlich ein anderes philosophisches Werk. Dabei steht der
kräftigen speculativen Ader des Verfassers ein bedeutendes Wissen zur Seite,
namentlich auf naturwissenschaftlichem Gebiete, und da auf diesem Grunde
jede moderne Philosophie bauen muß, so ist sicher zu erwarten, daß der Ver¬
fasser, der mit der Philosophie des Unbewußten unmöglich sein letztes Wort
gesprochen hat. in die philosophische Bewegung der nächsten Zukunft noch er¬
folgreich eingreifen wird.




Die ethnographischen Verhältnisse Oestreichs.

Daß in allen Stadien der Entwickelung Oestreichs, in guten und in
schlechten Lagen, die Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit der Nationalitäten
eine hervorragende Rolle spielte, hat die Geschichte namentlich der neuesten
Zeit häufig bewiesen und zugleich dargethan, daß die gesammte Zukunft des
Kaiserstaats von der Ausgleichung dieser Gegensätze abhängen werde. Theo¬
retisch aber hat man sich aus mehrfachen Gründen um die einzelnen Natio¬
nalitäten und ihr gegenseitiges Verhältniß nicht eingehend genug bekümmert.



") Kurz zuvor allerdings erschien eine Monographie von demselben Verf.: "Ueber die dia-
lectische Methode" gegen Hegel gerichtet.
Grenzboten I. 1870. ^

sophische Vollkraft, aber sie ist ein Erstlingswerk"), und als solches mit dem
Fehler aller Jugendwerke behaftet, die Abhängigkeit von den Meistern. Diese
Abhängigkeit erscheint hier in einer besonderen Gestalt, als Synkretismus,
der namentlich Schopenhauer'schen. Schelling'schen, Hegel'schen Principien
gegenüber versucht wird und im letzten Capitel des von uns besprochenen
Werkes direct ausgesprochen ist. Eine besondere Broschüre unseres Verfassers:
„Schelling's positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer"
sucht diesen Synkretismus ausführlicher zu begründen, desgl. eine Abhand¬
lung desselben: „Ueber die nothwendige Umbildung der Schopenhauer'schen
Philosophie aus ihrem Grundprincip heraus" die in den „Philosophischen Mo¬
natsheften" von Bergmann (2. Bd. 6. Heft) erschienen ist. Wir können uns
auf die Art und Weise dieses Synkretismus hier nicht weiter einlassen, aber
auch der Versuch eines solchen zeugt, wie uns dünkt, von der starken origi¬
nalen Kraft seines Urhebers. Diese in der That überall hervorbrechende
Originalität macht die „Philosophie des Unbewußten" zu einer hervorragen¬
den Erscheinung. Hervorragend ist das Werk des Verfassers auch in rein
literarischer Beziehung; so klar und schön, so leicht und faßlich ist es ge¬
schrieben, wie schwerlich ein anderes philosophisches Werk. Dabei steht der
kräftigen speculativen Ader des Verfassers ein bedeutendes Wissen zur Seite,
namentlich auf naturwissenschaftlichem Gebiete, und da auf diesem Grunde
jede moderne Philosophie bauen muß, so ist sicher zu erwarten, daß der Ver¬
fasser, der mit der Philosophie des Unbewußten unmöglich sein letztes Wort
gesprochen hat. in die philosophische Bewegung der nächsten Zukunft noch er¬
folgreich eingreifen wird.




Die ethnographischen Verhältnisse Oestreichs.

Daß in allen Stadien der Entwickelung Oestreichs, in guten und in
schlechten Lagen, die Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit der Nationalitäten
eine hervorragende Rolle spielte, hat die Geschichte namentlich der neuesten
Zeit häufig bewiesen und zugleich dargethan, daß die gesammte Zukunft des
Kaiserstaats von der Ausgleichung dieser Gegensätze abhängen werde. Theo¬
retisch aber hat man sich aus mehrfachen Gründen um die einzelnen Natio¬
nalitäten und ihr gegenseitiges Verhältniß nicht eingehend genug bekümmert.



") Kurz zuvor allerdings erschien eine Monographie von demselben Verf.: „Ueber die dia-
lectische Methode" gegen Hegel gerichtet.
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[0071] sophische Vollkraft, aber sie ist ein Erstlingswerk"), und als solches mit dem Fehler aller Jugendwerke behaftet, die Abhängigkeit von den Meistern. Diese Abhängigkeit erscheint hier in einer besonderen Gestalt, als Synkretismus, der namentlich Schopenhauer'schen. Schelling'schen, Hegel'schen Principien gegenüber versucht wird und im letzten Capitel des von uns besprochenen Werkes direct ausgesprochen ist. Eine besondere Broschüre unseres Verfassers: „Schelling's positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer" sucht diesen Synkretismus ausführlicher zu begründen, desgl. eine Abhand¬ lung desselben: „Ueber die nothwendige Umbildung der Schopenhauer'schen Philosophie aus ihrem Grundprincip heraus" die in den „Philosophischen Mo¬ natsheften" von Bergmann (2. Bd. 6. Heft) erschienen ist. Wir können uns auf die Art und Weise dieses Synkretismus hier nicht weiter einlassen, aber auch der Versuch eines solchen zeugt, wie uns dünkt, von der starken origi¬ nalen Kraft seines Urhebers. Diese in der That überall hervorbrechende Originalität macht die „Philosophie des Unbewußten" zu einer hervorragen¬ den Erscheinung. Hervorragend ist das Werk des Verfassers auch in rein literarischer Beziehung; so klar und schön, so leicht und faßlich ist es ge¬ schrieben, wie schwerlich ein anderes philosophisches Werk. Dabei steht der kräftigen speculativen Ader des Verfassers ein bedeutendes Wissen zur Seite, namentlich auf naturwissenschaftlichem Gebiete, und da auf diesem Grunde jede moderne Philosophie bauen muß, so ist sicher zu erwarten, daß der Ver¬ fasser, der mit der Philosophie des Unbewußten unmöglich sein letztes Wort gesprochen hat. in die philosophische Bewegung der nächsten Zukunft noch er¬ folgreich eingreifen wird. Die ethnographischen Verhältnisse Oestreichs. Daß in allen Stadien der Entwickelung Oestreichs, in guten und in schlechten Lagen, die Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit der Nationalitäten eine hervorragende Rolle spielte, hat die Geschichte namentlich der neuesten Zeit häufig bewiesen und zugleich dargethan, daß die gesammte Zukunft des Kaiserstaats von der Ausgleichung dieser Gegensätze abhängen werde. Theo¬ retisch aber hat man sich aus mehrfachen Gründen um die einzelnen Natio¬ nalitäten und ihr gegenseitiges Verhältniß nicht eingehend genug bekümmert. ") Kurz zuvor allerdings erschien eine Monographie von demselben Verf.: „Ueber die dia- lectische Methode" gegen Hegel gerichtet. Grenzboten I. 1870. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123087/71>, abgerufen am 26.06.2024.